laut.de-Kritik

Es brodelt im Ghetto. Nostalgielevel: hoch.

Review von

Ersguterjunge geht durchaus als ein Label durch, das auch im Jahr 2017 noch einen gewissen Impact auf die Szene hat. Nicht unbedingt, weil Bushido mit seinem zwölften Soloalbum "Black Friday" übermäßig ins Gewicht fiel. Eher schon, weil Sonny Black gerade im Begriff ist, eine neue schlagkräftige Truppe für einen möglichen Gegenangriff auf zwei Düsseldorfer Frechdachse zu formieren.

Der triftigste Grund aber ist, dass einige ehemalige Vertreter des Labels sich wohl wieder an die glorreichen Zeiten Mitte der 2000er erinnert fühlten und diese seit Beginn des Jahres irgendwie auf Platte pressen. Für Bass Sultan Hengzt hieß es in diesem Jahr wieder einmal "Zahltag", diesmal mit dem Zusatz "Riot". Chakuza und Bizzy Montana lieferten den zweiten "Blackout" vom feinsten. Auch Baba Saad reiht sich in diesen Veröffentlichungs-Zyklus ein und dealt mit seinem "Yayo Tape II" erneut bereitwillig am Block.

Tatsächlich funktioniert die Reminiszenz an die Vita des Labels auf kompositorischer Ebene hervorragend. Ein bequemer Pianoloop sowie Vocalcuts auf "Straßengesetz", Chorsound in "Erzähl Ma..." und Schussgeräusche bei "2 Schüsse In Die Luft": Schlichte Instrumentals ohne viel Schnickschnack versetzen atmosphärisch in jenes drückend-dichte Gangster-Movie-Epos, das Saad und Sonny Black auf Carlo Cokxxx Nutten II 2005 lieferten.

Allerdings: Baba Saad war halt "Nie Ein Rapper", der technisch versiert ist. Daraus, dass es bei ihm meist nicht zu mehr als einer einfachen Zweck-Reim-Kette aus zwei bis vier gleichen Endungen hintereinander reicht, macht er auch auf dem zweiten Teil des Tapes keinen Hehl: "Folgst du nicht den Regeln / nimm' ich dir dein Leben / Ich seh' immer noch keinen Regen / Denn mein Block ist schmutzig / Sieben Kilo bei und die Cops sind stutzig / Geb' kein Fick, weil im Kopf der Frust sitzt."

Da stellt man sich schon die berechtigte Frage: "Was willst du erwarten außer blutigen Taten auf unseren Straßen?" Immerhin Folgendes: "Wenn der Baba hier ein Machtwort spricht, machen alle Hunde Platz und Sitz." Baba Saad bellt zumindest in seinem Revier am lautesten, und alle stehen Gewehr bei Fuß: "Der Halunke ist aus Bremen, das ist Ghettoprominenz / Es ist Baba Saad, der Pate, und sie zollen mir Respekt."

Solch charakteristische Zeilen lassen trotz weiterer technischer Schwächen, wie einem nahezu eintönigen Flow, dennoch das Ghettoklima brodeln und sorgen allemal für Charme im Gesamtbild. Auch der Ehrgeiz, mit dem Saad die Instrumentals teilweise terrorisiert, spricht für den Bremer.

Baba Saad muss seinen "Guntalk" nicht alleine verrichten. In Form von Chakuza trifft er auf einen ehemaligen EGJ-Weggefährten. Das Motto der beiden lautet: "Endlich wieder asozial, endlich wieder harter Rap / Man, dieser Track ist mehr noch für die Straße als ein Sack voll Crack / Endlich wieder Bordstein fressen, endlich wieder harter Rap / Baba Saad und Chak und dein Kopf wird in den Arsch gesteckt." Das klingt zwar nicht wahnsinnig innovativ, hält aber zumindest das Nostalgie-Level hoch. Und davon lebt das "Yayo Tape II" fast ausschließlich.

Trackliste

  1. 1. Hände Hoch
  2. 2. Immernoch #1
  3. 3. Endlich Wieder Asozial feat. Chakuza
  4. 4. 2 Schüsse In Die Luft
  5. 5. Straßengesetz feat. Herzog & PTK
  6. 6. Erzähl Ma...
  7. 7. Moneygram
  8. 8. Bela feat. Zako
  9. 9. Tatort feat. Manuellsen
  10. 10. Guntalk

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