laut.de-Kritik

Experimenteller Blues in ungeschliffener Vollendung.

Review von

Der Blues ist mächtig in Chris Rea, da gibt's nichts zu rütteln. Dieses Mal liefert er eine geballte Ladung an melancholischen, tiefgehenden und unbändigen Zwölftaktkonzepten ab. Entstanden ist "Stony Road" in einer für Chris Rea persönlich schweren Zeit nach mehreren kniffligen und erfolgreichen Operationen – der Brite war an der Bauchspeicheldrüse erkrankt. Es sei die CD eines Mannes, "dem gesagt wurde, dass er sterben wird", wie er der CD textlich beifügt.

Und so steht er nun da, geht weiter auf der steinigen Straße seines Lebens, auf der er eigentlich so gerne tanzen möchte. Formen sich die schmalen Augen auf dem Cover noch zu einem Seitenblick, sieht der 51-jährige auf der Silberscheibe direkt zum Betrachter. Der Mund fast mit dem Lineal gezogen, ein verschmitztes Lächeln nicht verbergend, die schräge Knollennase den ungepflegten Bart überragend, Augenbrauen zusammengekniffen, ungewaschene Haare auf Sturm - gezeichnet sieht er aus. Doch seine Augen wirken gereift, fast erhaben, sehr bedachtsam, als wollten sie sagen: "Ich habe dir etwas mitzuteilen und ich meine es verdammt ernst damit. Also schmeiß' die CD rein und hör' mir zu."

"Es ist besser, wenn du deine Augen offen hältst", ist Reas erste Botschaft, verpackt im Country-Shuffle "Changing Times". Und schon mit "Easy Rider" wird deutlich, dass hier ein äußerst ungewöhnliches Album zu bestaunen ist. Auf "Stony Road" befindet sich nicht ein Takt an gradliniger Chartmusik, sondern experimenteller Blues in ungeschliffener Vollendung, der seine unkonventionelle Hymne in "Dancing the blues away" findet. Ob meditativ ("Burning Feet"), verunsichert ("Heading For The City"), klagend ("So Lonely"), gar sakral ("Someday My Peace Will Come") oder einfach nur dahin rieselnd: Der geniale Songwriter findet unaufhörlich die prägnanten Akkorde, welche die Bühne für seine düsteren Lebenserfahrungen bieten.

Dazu kreischen und drücken unverkennbar die sechs Saiten seiner Stratocaster. Den Bottleneck nie vom Finger lassend malt der überragende Gitarrist wie gewohnt Melodien von beängstigender Schönheit. Und es ist egal, ob er spontan hinein prescht oder sich sanft einblendet – eine bibbernde Gänsehaut erschüttert immer wieder das ruhende Gemüt.

Drehten sich seine Worte auf früheren Alben häufiger um Begebenheiten anderer Menschen, blickt er hier ausschließlich auf sich selbst und sein Leben. Tiefe Weisheiten sammeln sich in einem düsteren Gemisch aus Hoffnung und Ernüchterung. Letzteres ragt beinahe zu oft hervor und erst in letzter Minute findet das musikalische Multitalent den Weg heraus aus bitterer Melancholie. Chris Rea ist eine einmalige Sammlung gelungen, die in einer limitierten Auflage mit Bonustracks auch als Doppel-CD erhältlich ist.

Trackliste

  1. 1. Changing Times
  2. 2. Easy Rider
  3. 3. Stony Road
  4. 4. Dancing The Blues Away
  5. 5. Burning Feet
  6. 6. Mississippi 2
  7. 7. Slow Dance
  8. 8. When The Good Lord Talked To Jesus
  9. 9. Heading For The City
  10. 10. So Lonely
  11. 11. Someday My Peace Will Come
  12. 12. The Hustler
  13. 13. Give That Girl A Diamond

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