laut.de-Kritik

Der Löwe lallt wieder.

Review von

Was tun, wenn man in der eigenen Nische schon alles abgeräumt hat, was es abzuräumen gibt, Drake auf Albumlänge zum Featuregast degradiert und der eigene Sound die Schlafzimmer genau so wie die Crackküchen dominiert? Zumal wenn die Nische Trap mittlerweile sich selbst entwachsen ist und weltweit die Hitlisten anführt?

Weitermachen, beziehungsweise fortsetzen. Mit "BEASTMODE 2" knüpt Future an den Vorgänger von 2016 an. Producer Zaytoven rollt sein wohltemperiertes Klavier ins Studio und zeichnet abermals verantwortlich für die Beats des Tapes. Future rappt, singsangt, murmelt und lallt sich durch neun Tracks, die die gesamte Bandbreite seiner Kunstfigur widerspiegeln.

Zwar lotet er keine Extreme aus, weder in "I Serve The Base" noch in "HNDRXX"-Richtung, dafür ist das Tape stringent und wirkt wie aus einem Guss. Dazu trägt die knackige Kürze der Veranstaltung bei, wobei hervorzuheben ist, dass Future und Zaytoven laut eigenen Angaben um die 100 Tracks für das Projekt produzierten und sich schlussendlich auf die neun Vorliegenden beschränkten.

Vom gefühlskalten Dope Boy bis zum romantischen Gangster mit gebrochenem Herzen ist bei Future alles dabei. Müßig, die Lyrik des Königs der Nuschler einer Analyse zu unterziehen, will er mit seinen Worten doch seit jeher Stimmungen und Vibes transportieren, anstatt mit verschachtelten Metaphern den Kendrick-Lamar-affinen Amerikanistikstudenten zu überzeugen.

Wie ein zugedröhnter Frank Sinatra flowt er über die Instrumentals, an Zays Klavier gelehnt, Doublecup in der einen, Blunt in der anderen Hand. Auf solchen Beats könnte allerdings auch ein Geringerer nicht viel falsch machen. Man hört ihnen in jeder Sekunde an, dass das Tape kein improvisierter Schnellschuss ist. Von den druckvollen, flächigen Tiefen bis zu den verspielten Klaviermotiven in den Höhen klingt jedes Element detailliert ausproduziert.

So elegant und organisch wie etwa in "Racks Blue" verbindet kein anderer Producer im Game ein klassisches Instrumentarium mit Trapdrums. Atlantas Franz Schubert, und wenn ihm danach ist auch Elton John, wie das Intro von "Some Here" beweist. Höhepunkte des Tapes und stellvertretend für die entgegengesetzten Pole von Futures Persona: Erstens "Doh Doh" mit Young Scooter, der sich zu Gucci Mane verhält wie Action Bronson zu Ghostface Killah. Meint auf gut Deutsch, dass sein nichtsdestotrotz starker Part ziemlich genau so klingt wie der East Atlanta Santa. Passend dazu konstatiert Future auf edlem James-Bond-Sample: "Money brings power, ask your hoe, hoe, hoe." Nach diesem Track heißt die heilige Narco-Dreifaltigkeit Pablo, Chapo, Pluto.

Zweitens "Hate The Real Me". Das Herz schmerzt im Stripclub, egal wie sehr Future es zu betäuben versucht. Ein emotionaler, hochdramatischer Track. Dazu ein intensiver Beat, der immer klingt, als würde er sich gleich nochmals steigern. Doch wir warten mit einem klagenden Future auf einen Drop, der nie kommt. Future und Zaytoven demonstrieren mit "BEASTMODE 2" den Unterschied zwischen ihnen und den ganzen One-Hit-Yungs und Lils, die da in der Szene kreuchen und fleuchen. Bitte damit fortfahren.

Trackliste

  1. 1. Wifi Lit
  2. 2. Cuddle My Wrist
  3. 3. Racks Blue
  4. 4. 31 Days
  5. 5. Red Light
  6. 6. Doh Dohh (feat. Young Scooter)
  7. 7. When I Think About It
  8. 8. Some More
  9. 9. Hate The Real Me

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