laut.de-Kritik

Vertonte Instagram-Captions für die Generation Z.

Review von

Lina sein klingt anstrengend. Ein Album pro Jahr, die "Bibi & Tina"-Filme, Synchronsprecherin bei Disneys "Moana", Touren und dann auch noch Abitur ... Ich fühlte mich schon mit meinem Abi mehr als ausgelastet. Gut, Lina hat das auch nicht im Alleingang gestemmt. Für die Musik zeichnet das im deutschsprachigen Raum renommierte Songwriterduo Ludi Boberg verantwortlich, für die Termine gibt es ein Management. Trotzdem musste sie Texte und Schulstoff lernen und schreibt auch an ihren eigenen Texten mit. Das hat tatsächlich Respekt verdient.

Damit ist Lina auch eine recht gute Inkarnation der ominösen Generation Z. Klar, die Geschichte mit den Generationeneinordnungen ist immer mit Vorsicht zu genießen. Aber als Mitglied der Generation Z nehme ich mir jetzt einfach das Recht heraus, sie zu beschreiben: In meiner Erfahrung sind meine Altersgenossen eigentlich durch die Bank weg zielorientiert und arbeitsam. Eben so, wie Lina das handhaben muss, um den ganzen Trubel zu bewältigen.

Sie macht entsprechend Musik, perfekt zugeschnitten auf diese Generation Z, deren Welt sich ohne tiefschürfende Gedanken um den eigenen Alltag dreht. Es geht um ihr "Bescheuertes Herz". Das nämlich "schlägt leider nie, wofür ich will". Die Konsequenz, dass sie als 20-Jährige deswegen die Wohnung nicht neu streichen kann, mag nicht jedem ihrer Fans vertraut vorkommen, dafür umso mehr die Feststellung: "Ich könnte so, so viele schöne Dinge tun / Doch ich will sie nur mit dir."

Am besten trifft Lina das Lebensgefühl ihrer Zuhörer in "Limit". Ausgestattet mit dem Wissen, dass sie "First World Problems" hat, widmet sie diesen einen ganzen Text. Dabei ist der "Kaffee zu heiß / Mülleimer voll / Akku schon leer / Kühlschrank zu weit / Pakete beim Zoll / Tasche echt schwer".

So richtig identifizieren kann ich mich persönlich mit "Dynamit". "Wenn der Edeka vor deiner Nase schließt", bewegt sich das ganz nah dran an meiner abendlichen Lebensrealität. Die einzige Zeile, die das toppen könnte, fehlt leider im Song. "Wenn du um ein Uhr schon wieder aus der Kneipe fliegst." Die Lösung? "Gib mir, gib mir Dynamit."

Musikalisch untermalt diese Songs eine durchaus abwechslungsreiche Popmischung, die nur selten ruhige Töne anschlägt. Alles ist leicht, locker und upbeat. Immer passiert irgendwo etwas, alles ist hektisch, ein Potpourri der Instrumente und Backgroundchöre. Das tut manchen Songs, wie eben "Dynamit", gut, beim nostalgischen Rückspiegelblick "Wir Waren Hier" wäre eine reduzierte Fassung eine bessere Idee gewesen.

Wegen der Chöre im Refrain und der pumpenden Basedrum fühlt man sich sofort an diese unerträglichen neuen deutschen "Poppoeten" erinnert. Deren Pseudobefindlichkeitspop dient ansonsten glücklicherweise nicht als Referenzquelle für die "R3bellin". Sie verzichtet auf deren Glückskeksweisheitenvertonung.

Die kennt ihre Zielgruppe ja eh nicht mehr. Wir coolen Kids aus der Gen Z lesen Instagram-Captions, und Lina vertont diese geschickt. Nichts ist maßlos, alles durchdacht, und Reibeflächen gibt es keine. Eben das, was einen erfolgreichen Instagram-Account ausmacht (Lina hat übrigens 550.000 Follower). Dass ihre Covergestaltung mit viel Pink an das Logo der Social-Media-Plattform erinnert, ist bestimmt auch nicht rein zufällig passiert.

Die hohe Schlagzahl ihrer Veröffentlichungen passt ebenso in dieses Schema. Wer auf Instagram relevant bleiben möchte, muss regelmäßig posten. Wer im schnelllebigen Popzirkus nicht in Vergessenheit geraten will, muss konstant performen.

Es wäre dennoch zu leicht, Lina als austauschbares Popsternchen abzustempeln. Denn trotz großem Produzententeam hat sie an mehr als der Hälfte der Songs selbst mitgearbeitet. Deshalb kann sie in "Hype" auch selbstbewusst verkünden: "Ich bin hier und ich bleib', bleib', bleib', bleib'."

Wie das mit dem Bleiben aussieht, bleibt aber zunächst unklar. Nach dem knochenbrechenden Veröffentlichungsrhythmus der letzten Jahre will sich Lina in Zukunft mehr Zeit zwischen den Alben nehmen. Wer weiß? Vielleicht emanzipiert sie sich in dieser Zeit auch von ihrer Generation Z-Musik und wandelt sich zu einer wirklich ernstzunehmenden Künstlerin. Vorbilder wie Miley Cyrus oder Harry Styles (Lina war übrigens auch riesiger One Direction-Fan, typisch Generation Z eben) gibt es ja glücklicherweise.

Trackliste

  1. 1. Rebellen
  2. 2. Ohne Dich
  3. 3. Limit
  4. 4. Bescheuertes Herz
  5. 5. Everest
  6. 6. Dynamit
  7. 7. Skit
  8. 8. Hype
  9. 9. Alles Rosa
  10. 10. Wir Waren Hier
  11. 11. Glüh Birne
  12. 12. Game Over
  13. 13. Hypnotisch
  14. 14. Süß (Ich Kann Nichts Dafür)
  15. 15. Küss Mich +

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