laut.de-Kritik

Für Indiekids mit Popliteratur im Billy-Regal.

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Die 99. Veröffentlichung des Labrador-Labels dreht sich um "The Secret Of The Loveninjas". Dabei bleibt es den vier Schweden selbst überlassen, für die Enthüllung zu sorgen. Nach mehreren EPs reicht des Material der Band nun für ein ganzes Album. Aber gibt es überhaupt ein Geheimnis zu lüften?

Gerade wenn Tor Helmstein gleich zu Beginn mit dem Geständnis "I Wanna Be Like Johnny C" ins Gehör schleicht, liegen alle Karten auf dem Tisch. Wer auch immer Tor Helmstein sein mag, der Hauptsongschreiber möchte offenbar lieber in die Haut eines anderen schlüpfen. Keine halbe Stunde später in "The End Of A Dream" zeigt sich das lyrische Ich als Mitglied einer anderen Konstellation einsichtig: "I left behind that perfect lie and found another band where I belong, so get rid of that perfect style. You wanna be - where nothing can go wrong." Diese Erkenntnis setzte die Band bis vor kurzem vorbildlich um. Tor, Dennis und Anders betraten in Ninja-Kostümen, Keyboarder Olle in einem überdimensionalen Herz die Bühne.

Musikalisch wandeln die Loveninjas auf Pfaden, die deutliche Spuren von New Order, Joy Division, The Cure und The Smiths aufweisen. Allerdings besitzt der Vierer genug Kontur, um sich von den Vorbildern abzusetzen. "Do Me" handelt von einem herbei gesehnten ersten Date. Wo sich die Beatles noch mit Händchenhalten zufrieden gaben, geht Sänger Tor in die Vollen und möchte mit der Herzdame ausgehen. Die Band bereitet diesem Vorhaben ein melancholisches Klangbett.

Nun folgt der eher unappetitliche Teil der Platte: "She Broke His Penis In Two" handelt von einer sich resolut wehrenden Frau, die einem herzlosen Macho Höllenqualen bereitet. Diese Geschichte verpacken die Musiker in einen dermaßen flotten und poppigen Zweiminüter, dass selbst die unfreiwillig Amputierten ohne Scham den Refrain mitsingen könnten. Allerdings darf bezweifelt werden, dass diese Sorte Mann die Musik der Schweden überhaupt goutiert. Realistisch gesehen spielen die Loveninjas eher, wenn auch nicht ausschließlich, für Indie-Kids mit Trainingsjacken, die auch gerne mal Popliteratur im Billy-Regal zur Schau stellen.

Ein vorbildlicher Abschluss gelingt mit "My Lust Is Dead". Knappe zwei Minuten bauen die Schweden hier eine Spannung auf, die sich satte dreieinhalb Minuten lang entlädt. Und während der Gitarrenregen auf das Trommelfell einprasselt, fällt auf, dass das Geheimnis offenbar noch immer ein Geheimnis bleibt. Dass man von dieser Band noch einiges erwarten darf, war aber schon vorher bekannt.

Trackliste

  1. 1. I Wann Be Like Johnny C
  2. 2. Care
  3. 3. Do Me
  4. 4. It's Ok
  5. 5. She Broke His Penis In Two
  6. 6. Little Black Friends
  7. 7. It's Been A Long Time
  8. 8. Earl Grey With Honey
  9. 9. The End Of A Dream
  10. 10. My Lust Is Dead

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8 Kommentare, davon 7 auf Unterseiten

  • Vor 17 Jahren

    Endlich eine Kritik zu diesem Album. Ist zwar etwas kurz ausgefallen, passt aber, wie ich finde, sehr gut.
    Ich hab die Band zufällig bei einer Party in Stockholm gesehen und muss sagen, dass das ein absoluter Glückstreffer gewesen sein muss, da wir überhaupt nicht wussten, dass eine Band spielen sollte. Nach dem Auftritt war mein erster Gang in Richtung Backstagetür um mir irgendeinen Tonträger von den Jungs zu besorgen. Der Drummer schien irgendwie überrascht, dass tatsächlich mehrere Leute vor der Tür standen und ihre CD’s kaufen wollten. Das Album selber ist spitzenmäßig und lässt sich von vorne bis hinten ohne Tiefpunkt durchhören, aber die ersten drei Songs sind meine Favoriten. Also auf jeden Fall die CD besorgen. Die Truppe wir in Zukunft sicher noch von sich hören lassen