Wie konnte sich das ungleiche Duell zum wohl langlebigsten Deutschrap-Disput entwickeln?

Konstanz (dol) - Alles begann mit einem Mixtape von MOK. 2006 bewarb der Berliner sein anstehendes Werk "Bad Boys 2" im Interview mit rap.de. Neben eingespielten Hauptstadt-Rappern wie B-Tight, Tony D oder Massiv kündigte er als weiteren Gast auch einen gewissen Farid Urlaub von German Dream an, über den er sich "sehr freue". Topmotiviert gab er zu Protokoll: "Ich bringe sie alle zusammen, und es geht heiß her! Es ist ganz einfach das Mixtape!" Der noch weitgehend unbekannte Farid Bang nimmt nur eine kleine Rolle ein und doch beginnt die Beziehung der beiden Rapper positiv.

2009 schlägt das Verhältnis ins Gegenteil um. Selfmade Records vermarktet seinen Sampler "Chronik 2" mit der Pre-Single "Westdeutschlands Kings", auf der Kollegah, Favorite und der frisch reüssierende Farid Bang ihre Berliner Kollegen Sido, Kitty Kat und Fler ins Visier nehmen. Von Seiten des langsam ausglühenden Labels Aggro Berlin erfolgt die Antwort "Früher Wart Ihr Fans". Kollegah legt mit "Fanpost" nach, Fler mit "Schrei Nach Liebe". In all diesem Wirrwarr will nun auch der stets betont loyal auftretende MOK mitmischen, den ein Verlagsvertrag an das Hause Aggro bindet.

MOK schießt sich mit "Frohe Ostern" auf den Düsseldorfer ein. Ein weiterer Disstrack mit dem Titel "Hallo Farid" verbleibt nur kurz online, weil die Freigabe durch seinen Kollabopartner MC Basstard fehlte. Farid Bang äußert sich eher irritiert zu den Attacken. Eine Antwort hält er für abwegig: "Wofür soll ich den dissen? Wer ist MOK, Alter? Seit 12 Jahren disst der ganz Deutschrap, und noch nie hat einer geantwortet." Doch schon im Sommer besinnt er sich eines Besseren. Bereits im "Intro" zu "Jung, Brutal, Gutaussehend" fragt er rhetorisch: "MOK, seh' ich gut aus auf dem Cover dieser Juice?".

2010 legt Farid Bang auf "Asphalt Massaka 2" noch einmal nach, doch die Fehde köchelt eher im Hintergrund weiter. Als MOK sein Album "Ghettopicasso" ankündigt, kommentiert der Banger abfällig. "Für diesen Farid da ist Hurensohn das kleinste Wort in meinen Augen", berichtet der sichtlich frustrierte und mittlerweile auch mit Tony D und Sido zerstrittene Berliner gegenüber rap.de. Wenn er mit dem Düsseldorfer im Vertrauen spreche, landen die Gespräche umgehend in den sozialen Netzwerken: "Nur Nuttensöhne zeigen private Gespräche."

Verbalinjurien satt

Die Reibereien nehmen wieder zu. Auf "Asphalt Massaka 3" und "Blut" überzieht Farid Bang seinen Widersacher mit Verbalinjurien. Seine Bemühungen kulminieren im Sommer 2016 in der professionell aufgezogenen Mockumentary "Musik Oder Knast", in der sich vermeintliche Weggefährten und Familienmitglieder über MOK auslassen. Ein Jahr später kündigt der Düsseldorfer "Jung Brutal Gutaussehend 3" mit Kollegah an. Das Album liege "in den letzten Zügen wie MOK." Auf eine derartige Promo-Einladung muss der adressierte Rapper natürlich reagieren.

In "Medley" verteilt er im Oktober zunächst nur einen kleinen Seitenhieb in Richtung Kollegah und Farid Bang. Letztgenannter ruft seine Anhänger zum Disliken auf. Mit "Freitag Der 13." lässt MOK nur Tage später eine gepfefferte Tirade folgen: "Ich ficke dich und deine Familie, du Hurensohn". Um den Hattrick abzuschließen, inszeniert er sich in "Abu Farid" als früheres Vorbild des Bangers: "Du Mongo, Alter, was für ein Fan du mal warst. Auf 'Bad Boys 2' verkaufst du deinen German Dream für 'nen Part." Die Antwort folgt auf der goldveredelten Schimpfkanonade "Jung Brutal Gutaussehend 3".

Der Streit nutzt sich ab. MOK teast 2018 noch einen weiteren Disstrack aus seinem angekündigten Album an, das nie erscheinen soll. Fast schon pflichtschuldig lässt Farid Bang seine Anhängerschaft auf Konzerten Schmähgesänge in Richtung des Berliners erklingen. Schließlich beendet der Chef von Banger Musik das Possenspiel. In einem Video mit Al-Gear erklären beide, sie haben sich "vorgenommen, nie wieder MOK zu dissen. Du bist befreit, MOK! Ab sofort giltst du nicht mehr als Feind. Der Beef sei "verjährt", ergänzt Farid Bang lapidar.

Und wie verhält sich der frühere Sekte-Rapper dazu? Tatsächlich stehen alle Zeichen auf Frieden. In einer Instagram-Story schreibt er auf bislang unbekannt versöhnliche Weise: "Dieser Streit ist endgültig vorbei. Jedes Wort gegen deine Familie war ein Wort zu viel". Damit sollten nun wirklich alle Parteien das Thema ad acta legen können. Es ist vorbei. Das letzte Kapitel ist geschrieben, der Vorhang ist gefallen, der Abspann kommt zum Stehen. Im Grunde fehlt nun nur noch das Kollaboalbum der einstigen Streithähne, um das Happy End abzurunden.

Noch mal von vorne

Doch was ist das? Hat MOK etwa gerade Kollegah und Farid Bang auf Instagram als "Mashara Brothers" verspottet? "Eigentlich hatten wir uns geeinigt, uns gegenseitig in Ruhe zu lassen", reagiert der Geschmähte zwischen ungläubig und erheitert, "dein Post macht allerdings den Eindruck, du vermisst die Beleidigungen gegen dich und deine Mutter." So kehren die Kontrahenten in den verstaubten Ring zurück. Und der Himmel verdunkelt sich über dem sonst sorgenfreien zweiten Pandemie-Jahr 2021.

Ein ebenso indiskreter wie urkomischer Chatverlauf zwischen MOK und Farid Bang gibt Auskunft über die erneuten Zündeleien. Die noch immer online auffindbare Reportage "Musik Oder Knast" stößt ihm sauer auf. Auf seine aggressive Lösch-Forderung reagiert der Düsseldorfer standesgemäß: "Such weiter Gründe. Ich mache jetzt den zweiten Teil von der Doku. [...] Dieses Battle hat vor 12 Jahren begonnen, in der Zeit habe ich so viele Erfolge gehabt und bei dir machen die Leute nur Witze, als wenn du ein Obdachloser wärst".

"Ich bin nicht Fler"

"Du kannst nicht Rappen", ergänzt er offtopic, "Wallah bei Gott, du bist einer der schlechtesten Rapper in Deutschland". Den streitlustigen MOK ficht das kurioserweise wenig an. Kleinmütig kontert er: "Du hast angefangen, zu beleidigen. Ich gebe niemals auf. Ich bin nicht Fler". Wie alles im Schaffen des Bangers dient auch dies nur als Witz-Vorlage: "Man hört definitiv an deiner Musik, dass du nicht Fler bist". Nach einer Reihe weiterer Attacken blockiert Farid Bang aus Mitleid MOK und verspricht ihm: "Ich mache dich zu 'nem großen Teil meiner Album-Promo".

So geschieht es. Über Instagram fordert Farid Bang seine Fans auf, mit Zeilen gegen MOK zu kommentieren. "MOK ist wie Nachrichten, weil man ihn auf Zeitungen sieht", gewinnt den kleinen Wettbewerb und landet im Song "Make Fulus" auf "Asozialer Marokkaner". Dort findet sich auch der durchaus berechtigte Kommentar: "Jeder kennt MOK, doch keiner seine Musik". Nach nahezu zehn Jahren ohne Albumveröffentlichung steht es tatsächlich schlecht um den Bekanntheitsgrad des Rappers, der seinerseits nur mit halbherzigen Social Media-Antworten reagiert.

Gnadenlos zieht der Düsseldorfer seinen Feldzug weiter durch. Ende 2021 veröffentlicht er das Album "X". Ganze sieben Mal greift er darauf seinen Widersacher an, manchmal amüsant wie in "Berghainclub", der gleich noch Luke Mockridge abräumt: "Bevor du Erfolg hast mit dein' Wannabe-Drake-Hits, ist MOK rich wie der Comedy-Rapist". Abseits netter Wortspiele füllt der Name MOK aber zumeist nur Leerstellen. Farid Bang wirkt nie so, als nähme er die eigenen Angriffe ernst. Solange sie aber noch ein zahlendes Publikum anlocken, dürfte er sie bis zum Jüngsten Tag fortsetzen.

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