laut.de-Kritik

Da stürzt vor Ehrfurcht glatt das Ableton ab.

Review von

Alex Paterson und Thomas Fehlmann sind als Solo-Produzenten schon klasse, aber als The Orb setzen sie seit jeher Meilensteine zwischen Ambient, Electronica und Techno. Ihr neues Album "Cow / Chip Out World" erscheint bei den Ebenfalls-Spezialisten von Kompakt Schallplatten. Seit 1988 besteht die Formation und mit schöner Konsequenz präsentieren uns Paterson und der Palais Schaumburger Fehlmann Musik, die den Spirit des Punk mit analogen Synthesizern versprühen und verkrustete Strukturen aufbrechen.

"First, Consider The Lillys" öffnet die Tür zum leicht verschobenen Paralleluniversum von The Orb. Geblubber, Loops und sogar Hawaii-Gitarren spielen harmonisch zusammen und kreieren einen Effekt, der den Hörer nicht nur an Klanggestaltung, sondern auch an bildende Kunst denken lässt. Man müsse sich die Musik von The Orb erarbeiten, hat Fehlmann mal gesagt (er sprach damals vom '95er Album "Orbus Terrarum"). Sicher, ganz gefällig sind Stücke wie "7 Oaks" nicht unbedingt, sie entfalten aber einen besonderen Charme gerade ob ihrer Eigenständigkeit. Anti-Hits zwischen Sample-Wahn und Piano-Bar-Jazz. "Just Because I Really Really Luv Ya" ist ein weiteres Juwel, voller Töne, die wie einer Jam-Session entsprungen scheinen, getragen von einer spacigen Disco-Bassline. Das lässt einem schon vor Ehrfurcht das Ableton abstürzen.

Die Verehrung von zeitgenössischen Künstlern wie Beuys und Schnitzler, Umtriebigkeit in Kunst, Musik und Kultur, sowie Erfahrung als Musikschaffende bieten sicherlich nicht die schlechteste Ausgangslage für eigenes kreatives Schaffen. Die Harmonie im Orb-Studio scheint auch immer noch wortlos vonstatten zu gehen. Deepe, meditative Epen vom Ausmaß eines "The 10 Sultans Of Rudyard" sind dafür ein nachhaltiger Beweis. Selbst das andernorts recht ausgelutschte Vogelgezwitscher wird hier gar nicht erst in Frage gestellt, es passt einfach verdammt gut rein. Was auch sehr gut gefällt ist die Tatsache, dass es sich hier zwar um Unterhaltungsmusik handelt, diese aber auch sehr gut im Konzertsaal vorstellbar wäre.

"9 Elms Over River Eno" lässt einen gar ganz vergessen, dass man hier elektronische Musik hört, es könnte sich genauso um modernes Klanggut aus dem Hause Steve Reich handeln. Wie gesagt, Genregrenzen sind sowieso undenkbar bei The Orb, jedes der 10 Lieder ist auf seine eigene Weise intrikat und besonders.

Trackliste

  1. 1. First, Consider The Lillys
  2. 2. Wireless Mk2
  3. 3. Siren 33 (Orphee Mirror)
  4. 4. 4am Exhale (Chill Out, World!)
  5. 5. 5th Dimensions
  6. 6. Sex (Panoramic Sex Heal)
  7. 7. 7 Oaks
  8. 8. Just Because I Really Really Luv Ya
  9. 9. 9 Elms Over River Eno (Channel 9)
  10. 10. The 10 Sultans Of Rudyard (Moo Moo Mix)

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