laut.de-Kritik

Karaoke-Abend mit Tori Amos, Seal, Rick Astley, Iggy Pop u.a.

Review von

Die 1970er lagen noch in ihren den letzten Zügen, da läutete Trevor Horn mit The Buggles bereits das nächste Jahrzehnt ein. Das von ihm mitgeschriebene, drei Monate zuvor bereits von Bruce Wolley veröffentlichte "Video Killed The Radio Star" sagte die kommende Dekade geradezu prophetisch voraus. Nur logisch, dass MTV beim Start des Senders am 1. August 1981 dieses Stück auswählte. Danach entwickelte sich aus dem Sänger und Bassisten einer der wichtigsten Produzenten der 1980er. Ohne seiner Arbeit an Frankie Goes To Hollywoods "Welcome To The Pleasuredome", ABCs "The Lexicon Of Love", seiner Band The Art Of Noise und seinem Label ZTT Records hätte das Jahrzehnt anders geklungen.

Mittlerweile 74 Lenze zählend zieht es Horn in diese Vergangenheit. Dorthin, wo auch sein Publikum zum Gruppenkuscheln auf ihn wartet. Wie bereits auf dem vor fast fünf Jahren erschienenen "Reimagines the Eighties" covert er sich auf "Echoes: Ancient & Modern" weitestgehend durch das Schulterpolsterjahrzehnt. Zusammen mit einem handzahmen Streichelzoo an Gastsänger:innen greift er dafür auf die naheliegendsten Lieder zurück, die er beim ersten Durchgang noch nicht nutzte. Daraus entsteht ein netter Karaokeabend. Nur eben mit einem immer noch guten Produzenten und mit Menschen, die auch mal einen Ton treffen oder gar halten können.

Der Einstieg gelingt. Dass zusammen mit Nirvanas "Smells Like Teen Spirit" aus dem restlichen Konzept heraus springende "Swimming Pools (Drank)" (Kendrick Lamar) in der Version von Tori Amos funktioniert - wie so oft bei den Coverversionen der Sängerin - ganz wunderbar. Sie hält die Seele des Stücks am Leben, gibt ihm aber eine ganz eigene Richtung, formt einen Lamar-Amos-Hybrid. Kurz keimt Hoffnung auf, aus "Echoes: Ancient & Modern" könnte etwas werden.

Gleich darauf beginnen Horn und seine Gesellschaft jedoch, die Grenzen der Seichtigkeit auszutesten. Dass er zusammen mit Seal Joe Jacksons "Steppin Out'" in belanglosen Edeka-Pop verwandelt, verwundert bei der Entwicklung des Sängers mit der außergewöhnlichen Stimme keine Sekunde lang. Viel mehr jedoch, dass er Rick Astleys charakteristisches Organ in dem zur Ibiza-Nichtigkeit (Ibiza ist scheiße!) geschrumpften "Owener Of A Lonley Heart" (Yes) dermaßen schal abmischt, dass man den Sänger kaum erkennt.

"Love Is A Battlefield" erhält passend zum Interpreten Marc Almond einen munter hopsenden Oktavbass, verliert jeden Hauch von aufkommender Atmosphäre jedoch mit den nach dem ersten Refrain einsetzenden Beats. Das Punk-Rock-Maskottchen Iggy Pop liefert in "Personal Jesus" (Depeche Mode) eben das, was man von ihm seit jeher in seiner Rolle als Punk-Rock-Maskottchen erwartet. Zeitgleich verdeutlicht Horn, warum er nicht als Rock, sondern als Pop-Produzent bekannt wurde.

"Smells Like Teen Spirit" hält sich im Wesentlichen an das großartige Tori Amos-Cover von 1992, erreicht aber durch Jack Lukemans übertriebene Interpretation und den Orchesterkitsch in der zweiten Hälfte nicht einmal ansatzweise dessen Tiefe. Dagegen hauchen Toyah Willcox und ihr Ehegatte Robert Fripp der New Wave-Version von Frankie Goes To Hollywoods "Relax" durchaus einen interessanten Twist und eine neue Atmosphäre ein.

Wie schon auf "Reimagines the Eighties" hat Trevor Horn auch auf "Echoes: Ancient & Modern" erkannt, dass Coverversionen nur Sinn ergeben, wenn man den Originalen eine neue Wendung gibt. Leider fällt ihm und seinen Eingeladenen meist nichts anderes ein, als das Tempo heraus zu nehmen und das neue Arrangement mal mehr, mal weniger kitschig aufzuhübschen.

Trackliste

  1. 1. Swimming Pools (Drank)
  2. 2. Steppin' Out
  3. 3. Owner Of A Lonely Heart
  4. 4. Slave To The Rhythm
  5. 5. Love Is A Battlefield
  6. 6. Personal Jesus
  7. 7. Drive
  8. 8. Relax
  9. 9. White Wedding
  10. 10. Smells Like Teen Spirit
  11. 11. Avalon

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