laut.de-Kritik

Norddeutscher Indierock made in Finnland.

Review von

Hailuoto ist eine kleine finnische Insel, auf der rund 1000 Einheimische gemütlich ihr abgeschiedenes Dasein fristen. Wer hier im Frühjahr seine Zelte aufschlägt, den erwarten eine zugefrorene Meerenge und frostige Winde aus allen Himmelsrichtungen. Genau der richtige Fleck für Kaltblut-Musikanten mit Hang zu schweren und düsteren Klängen, die abseits des Zivilisationstrubels in sich gehen wollen - sollte man zumindest glauben.

Dass man sich unweit vom Polarkreis aber nicht zwangsläufig in moll-lastigen Soundlandschaften verlieren muss, beweisen die vier norddeutschen Indierocker von Tusq auf ihrem neuen Album. Getauft auf den Namen des Entstehungsortes, präsentiert sich das zweite Schaffen des Quintetts zwar hier und da im Pudelmützen-Look, doch von einem unterkühlten oder gar eisigen Gesamtbild kann nicht die Rede sein.

Der Song "Perfect Game" gibt als Opener sogleich die Richtung vor. Opulenter Indierock gepaart mit poppigen Einschüben: der erste Eindruck lässt sich gut an. Mit wohldosiertem Hang zur klanglichen Theatralik und waberndem Breitwand-Background erinnert der Einstieg an Zeiten, in denen Bands wie The Cure, U2 oder auch New Order noch die Hitlisten anführten. Auch das melancholisch treibende Timbre von Sänger Uli Breitbach, das ordentlich in Hall gebettet, unaufgeregt aber dennoch eindringlich im Vordergrund steht, hätte seinerzeit nicht lange gebraucht, um sich einen Weg in die teuren Studios zwischen London und L.A. zu bahnen.

Man täte der Band allerdings Unrecht, würde man sie lediglich auf die altbackene, wenn auch durchaus gehaltvolle Fassade reduzieren. Denn im Laufe des Albums reichen sich Alt und Neu immer offensichtlicher die Hand und lassen so etwas Zeitloses entstehen.

Mit ausgeklügelten Arrangements ("Blocks & Bricks", "Drive"), homogenen Strukturen ("Drive", "Ring Me Up When You're Dead") und dem Mut, mitunter auch mal auf Wegen abseits der gängigen Route zu wandeln ("Trial By Fire", "Remains") heben sich Tusq vom heimischen Branchen-Einheitsbrei ab.

Auch wenn das Gespür für richtig große Momente noch in den Kinderschuhen steckt, so überzeugt "Haliuoto" dennoch in seiner Gesamtheit. Dafür geht der Dank nach Hamburg und Berlin, wo sich die Band den Großteil des Jahres aufhält, und natürlich auch in den finnischen Norden, dorthin, wo alles seinen Anfang nahm. Inmitten von kreativer Isolation schnürten Tusq ein facettenreiches Indie-Paket mit zahlreichen Dreampop-Einschüben, das der Band in den kommenden Monaten durchaus die eine oder andere internationale Tür öffnen könnte.

Trackliste

  1. 1. Perfect Game
  2. 2. Blocks & Bricks
  3. 3. Shortcut Through A Bottleneck
  4. 4. Drive
  5. 5. Trial By Fire
  6. 6. Cascade
  7. 7. Ring Me Up When You're Dead
  8. 8. 1000 Points Of Light
  9. 9. House Of Cards
  10. 10. Remains

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LAUT.DE-PORTRÄT Tusq

"Ich bin jetzt 30 - wann proben wir?": So ungefähr klang der Startschuss der zu Dreivierteln aus Hamburg und einem Viertel aus Berlin stammenden Indierock-Band.

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