laut.de-Kritik
Bushidos Signing darf schon mal den Dicksten haben.
Review von Alexander EngelenLinz ist eine beschauliche Stadt in Oberösterreich: 188.000 Einwohner, somit die drittgrößte Stadt des Alpennachbars und gerade vom Naturschutzbund zur naturfreundlichsten Gemeinde Österreichs gewählt. Laut Bürgerbefragung missfällt den Einwohnern in erster Linie der Parkplatzmangel. Vielleicht nicht das größte, aber zumindest das medienträchtigste Verbrechen der Stadtgeschichte war eine Schlägerei, bei der drei Täter einen 19-jährigen Einheimischen mit mehreren Fußschlägen traktierten.
Wieso ich das alles erzähle? Weil der Berliner Rapper Bushido einer der Schläger war, und der Linzer Rapper Chakuza als erster Künstler auf Bushidos Label Ersguterjunge ein Album veröffentlicht.
Zwischen Linz und Berlin liegen Welten. Möchte man zumindest meinen. Immerhin ist Linz nicht nur die Geburtsstadt von Chakuza, sondern auch von Christina Stürmer. Doch "Suchen & Zerstören", das Quasi-Debüt Chakuzas, zeichnet vom beschaulichen Örtchen ein etwas anderes Bild. Der 25-jährige Rapper unternimmt zwar keine Glorifizierung eines Ghettos, das es nicht gibt, trotzdem hagelt es trockene Ansagen, die zwischen Battleraps und Verzweiflungsschreien düster nach vorne preschen.
Unbestreitbar ist die thematische wie auch musikalische Nähe zu Bushido. Wobei es voreilig wäre, das allein auf den Berliner Rapper zu schieben. Immerhin hat er die Jungs genau wegen diesen ähnlichen Vorstellungen von Musik und Rap in sein Team aufgenommen.
Trotzdem: Bushido taucht auf "Suchen & Zerstören" nur wenige Male auf, was beweist, dass die Linzer eine eigene Identität besitzen. Auf "Chakuza (Remix)", einer düster pumpenden Selbstdarstellung, bei der Bushido in der Hook thematisch dorthin abdriftet, wo es Kollege Gässlein schon nicht gefallen hat. Zitat: "Das hier ist irgendwie so ähnlich wie ein Schwanz, der dich, deine Mutter, diese Schlampe und auch all die anderen fickt!"
Außerdem bei "Endlich Wieder", auf dem Chakuza und Bushido mit Unterstützung von Saad keine Erziehungsberechtigten penetrieren, sondern sich auf das Zermahlen von gegnerischen MCs konzentrieren. Eine Zusammenkunft, die in fast identischer Form bereits bei "Der Sandmann" auf "Staatsfeind Nr.1" geklappt hat.
Beim Rest des Mixtapes bleibt Chakuza mit seinem Partner DJ Stickle alleine, und das dank prägnanter Stimme und überdurchschnittlichem Flow durchaus überzeugend. Die Beats wirbeln allesamt Staub auf, jedoch bleibt bei der härteren Gangart auch das eine oder andere Mal Platz für kleine Spielereien: "Bruder" etwa kommt mit Ricky Martin-Sample auf Geigenteppich verwunderlich unpeinlich daher, und "Ugly Girl" sampelt einen älteren Jewel-Song, der in diesem Zusammenhang erschreckende Battlequalitäten der Folk-Sängerinnen offenbart ("She's an ugly girl. It makes you wanna kill her. She's an ugly girl. You want to kick in her face!").
"Suchen & Zerstören" beweist vor allem eines: Auch in einem Städtchen wie Linz ist es möglich, Rap zu machen, der eine harte Sau wie Bushido überzeugt. Und wer nicht andauernd von Ghetto, Abstechen oder Koks verkaufen faselt, der darf ruhig auch mal erklären, dass er den Dicksten in der Hose hat.
2 Kommentare
Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.
2006 während der fußball wm extrem gehört
beim sommermärchen denk ich u.a auch an das teil