Porträt

laut.de-Biographie

Mr. Vegas

Es ist nicht nett, einen Menschen, der beim Kicken seltsam aussieht, zu verspotten. Den Freunden von Clifford Smith ist das egal. Weil er sich während seiner Dribblings nicht nur galant um die eigene Achse dreht, sondern auch noch rosafarbene Shorts trägt, verleihen sie ihm den Namen Mr. Vegas. Er erinnert sie eben an die Gogo-Tänzerinnen im Kingstoner Club Las Vegas.

Mr. Vegas - The Hits
Mr. Vegas The Hits
Dieser 90s-Dancehall planiert zuverlässig wie eh und je.
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So sind Freunde. Anstatt peinlich berührt zu sein, trägt Smith den Namen fortan stolz spazieren und begründet darauf eine Karriere im testosterongetränkten Dancehall-Business.

Als eines von elf Kindern wächst Mr. Vegas in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston auf. Schon im Alter von elf Jahren, beginnt er, sich für Musik zu interessieren. Seine Markenzeichen sind Vocals, die sich an der Grenze zwischen Rap, jamaikanischem Toasting und Gesang bewegen: Singjaying.

1996 gewinnt er die Aufmerksamkeit des Produzenten Don Yute. Der hört Mr. Vegas "Killing Me Softly" singen und bittet ihn umgehend zu einer Zusammenarbeit. Wenig später handelt sich Mr. Vegas einen Kieferbruch ein. Ein aufgebrachter Musiker möchte ein Tape zurück, das ihm zwar nicht gehört. Allerdings besitzt er in Form einer dicken Eisenstange das deutlich schlagkräftigere Argument. Sechs Wochen muss Mr. Vegas mit einem schicken Drahtgestell umherlaufen.

Kurz darauf kommt ihm jedoch Beenie Mans "Who Am I" auf dem mächtigen Playground-Riddim zu Ohren. Um Mr. Vegas ist es geschehen. Gegen den Rat des Arztes lässt er sich die Drähte, die seinen Kiefer zusammen halten sollen, entfernen und läuft ins Studio, um dem Riddim seinen eigenen Text zu verpassen.

Das Ergebnis "Nike Air" bedeutet den Durchbruch. Zum Folge-Hit "Heads High" tanzt Jamaika, die ganze Karibik und der Rest der Welt. Auch in den britischen Reggae-Charts geht der Song weit nach oben. Der Tune schafft den Sprung in den Mainstream und läuft auf Heavy Rotation auf MTV. Sein ebenfalls "Heads High" betiteltes Debüt verkauft sich wie geschnitten Brot.

Der Zweitling "Damn Right", auf dem unter anderem Shaggy zu Gast ist, bewegt sich immer noch in Dancehall-Gefilden, wartet aber mit deutlich spürbaren Anleihen aus Hip Hop und R'n'B auf.

Mit Single und dem auf dem gerade angesagten Coolie Dance-Riddim basierenden Titeltrack vom 2004 erscheinenden Album "Pull Up" katapultiert sich Mr. Vegas wieder einmal in die Billboard Charts. Internationale Aufmerksamkeit ist ihm inzwischen sicher.

Zwischen den im Jahresrhythmus auf den Markt purzelnden Longplayern tritt Mr. Vegas bei nahezu allen relevanten Reggae-Festivals auf. In der Karibik, den USA, Europa und Japan schätzt man seine energiegeladenen Auftritte.

2008 verkündet Mr. Vegas seinen Rückzug aus dem Dancehall-Geschäft. Während es zunächst noch heißt, er wolle sich zur Ruhe setzen und Zeit mit Gott und seinen Kindern verbringen, mildert Mr. Vegas die Aussage später ab: Musik - ja. Nur Dancehall komme für ihn künftig nicht mehr in Frage.

Kalter Entzug scheint jedoch Mr. Vegas' Sache nicht zu sein: 2009 begibt er sich unter dem bezeichnenden Titel "The Last Dancehall Tour" auf ausgedehnte Konzertreise.

Ein im Hause Greensleeves zusammengestellter Sampler liefert einen Überblick über "The Hits" und den unwiderlegbaren Beweis: Auch zehn Jahre nach seiner Veröffentlichung planiert "Nike Air" jeden Playground.

Größter Hit bleibt, auch nach vielen üppigen Alben quer durch die 2010er, das alte "Heads High" aus den Nineties. Über eine halbe Million verkaufter Singles und ein Platz 16 in den UK-Pop-Charts bringen dem Jamaikaner Ende 2020 eine Ehrung in Großbritannien ein.

Vegas versucht, seinen verschiedenen Standbeinen treu zu bleiben. Mal fokussiert er sich auf die Tanzfläche, kooperiert mit Soca- oder Afrobeats-Acts. Dann begibt er sich wieder auf einen spirituellen Trip, wie mit dem Album "Ism" oder gewinnt gar den Preis 'Gospel Artist Of The Year'. Zwischendurch besinnt er sich auf Roots und Soul.

Klar ist dem Indie-Selfmade-Artist aber auch: Dafür, dass ihm das Publikum frenetisch in die Luft springt, wie beim großen Glastonbury Festival 2016 oder beim deutschen Reggaeville Easter Special 2017, dafür sorgt er vor allem mit hartem, peitschendem Dancehall. 2024 erscheint nach einer langen Latte Singles, aber auch einer langen Longplay-Pause die EP "Bouyon All Da Way" mit Bouyon-Soca, einem von der Insel Barbados geprägten Tanzstil.

Alben

Mr. Vegas - The Hits: Album-Cover
  • Leserwertung: Punkt
  • Redaktionswertung: 3 Punkte

2008 The Hits

Kritik von Dani Fromm

Dieser 90s-Dancehall planiert zuverlässig wie eh und je. (0 Kommentare)

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