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4. Slint - "Spiderland"

Jahr: 1991

Seiner Zeit voraus sein, das ist inzwischen so eine absolute Phrase geworden, man denkt sich schon gar nichts mehr dabei. Aber Herrgott, waren Slint mit "Spiderland" ihrer Zeit voraus. Dieses düstere Album aus Kentucky sah Zeit seines Erscheinens aus, als gäbe es nur eine mickrige Fußnote in der Alt-Rock-Geschichte her. Aber ein paar Jahre später, als das Quartett im See schon längst wieder getrennte Wege ging, kam plötzlich die ganz große Re-Evaluation. Dieses Album ist die absolute Keimzelle von allem Post Rock, aber auch von so viel modernem Indie und Goth. Man kann gar nicht genug übertreiben, um den Einfluss dieses Albums zu belohnen.

Wie auch nicht, wenn diese Platte mit fünf eklektischen Songs einfach zu vielseitig vorbildhaft ist? Natürlich ist sie eine der großen Vorreiter für den Post Rock, aber so viele Genres, die ab dem Ende der Neunziger Popularität aufnahmen, haben den ein oder anderen Grund dafür, sich auf "Spiderland" zu beziehen. Der darauf vorherrschende Niemandsland-Nihilismus, gekoppelt an diese Kurzgeschichten-haften Texte, irgendwie ist er so zynisch und morbide, wie er unschuldig und nostalgisch ist. Eine diffuse Wärme zieht sich durch die graukörnige Farblosigkeit, und doch ist das Album von dieser ungreifbaren Mystik durchsetzt, wenn der Sänger Geschichten von kurzweiligen Romanzen mit Hellsehern auf Jahrmärkten nacherzählt, die man als Metaphern für alles mögliche lesen kann. Aber viele der Texte und Ideen auf "Spiderland" geben für mich persönlich am meisten her, wenn ich sie wörtlich verstehe. Die Bilder sind zu stark, die Stimmung zu dicht, es ist ein Wurmloch in ein unheimliches Polaroid, das man so bald nicht mehr verlassen möchte.

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