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Torch - "Blauer Samt"

"Ich messe dieses Album nicht an irgendwelchen Standards wie Sound, Technik oder Trends", verkündete Torch, als er irgendwann doch noch mit seinem Album aus dem Quark kam. Besser ist das: Durchaus denkbar, dass "Blauer Samt" im direkten Vergleich gar nicht so gut abgeschnitten hätte. Im Grunde war Torch mit der Veröffentlichung schon viel zu spät dran, seine Platte wirkte schon bei ihrem Erscheinen leise anachronistisch.

"Blauer Samt" erzählt von einer Zeit, in der Hip Hop als Nischen-, nicht als Massenphänomen noch von einem ganz anderen Geist beseelt war. Als zum Rap selbstverständlich auch Graffiti und Breakdance gehörten. Als man seine Samples im Plattenladen, auf dem Flohmarkt oder in Muttis Plattenschrank noch mühsam zusammensuchen musste, der beste Break lag damals weiter als nur einen Klick entfernt. Als man mit Auto oder Zug von Jam zu Jam gurkte, um immer wieder die gleiche Handvoll Eingeweihter zu treffen. Als man seinen Namen mit einem Stein in die Scheiben von Bushaltestellen gekratzt hat. Wer nicht dabei gewesen ist, mag sich gähnend abwenden. Alle anderen nehmen ein Vollbad in Nostalgie.

Die Diskussion darüber, wie gut oder schlecht "Blauer Samt" gealtert ist: Führt sie ruhig. Die lyrische Qualität des Albums lässt sich nicht leugnen, genau so wie niemand Torch seine selbstdarstellerischen Fähigkeiten absprechen kann: Sich mit einem einzigen Album in der Diskografie noch immer als Deutschraps ewiger Übervater in Szene zu setzen, das hat schon viel von Kollegahs Doubletimepassagen: "So schnell macht das keiner nach." Mindestens damit hat "Blauer Samt" seinen Platz in der Geschichte verdient.

Torch - Blauer Samt*

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