Platz 14: Jay Electronica - "A Written Testimony"
Ein Debütalbum mit 43 Jahren? Da kann nicht einmal Leonard Cohen, der wohl berühmteste musikalisch Spätberufene, mithalten. Jay Electronica liefert mit "A Written Testimony" ganze 13 Jahre nach seinem "Eternal Sunshine"-Mixtape ein Album, mit dem nun wahrlich nicht mehr unbedingt zu rechnen war. Und wie er liefert!
Über einen nuancenreichen Sample-Fundus (von Brian Eno über Khruangbin bis Rihanna) und kongenial unterstützt von Mentor Jay-Z, der auf fast jedem Stück mitwirkt, verhandelt Jay Electronica seinen Glauben, persönliche Verluste und die Rolle der Schwarzen in Amerika.
Nicht verschweigen lässt sich, dass in einigen der Zeilen und den Zitaten politisch-religiöser Prediger durchaus antisemitische Töne mitklingen - zumal das Album direkt mit einer solchen Äußerung einsteigt und sich Jay Electronica selbst wenig Mühe gegeben hat, derartige Lesarten mit seinem sein öffentlichen Auftreten zu entkräften.
Jay Electronica - "A Written Testimony"*
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1 Kommentar
Allein schon durch Jays Verbindungen zu Farrakhan und dessen Preisung in Form des Intros eigentlich einen Boykott wert. Wenn man mal dem Text dort zuhört und realisiert, dass besagter Farrakhan erstmal droppt, dass Afroamerikaner das "wahre Volk Israels" sind, sollte man vielleicht diese Platzierung hier überdenken. Das sind nicht nur "durchaus antisemitische Töne", es ist purer Antisemitismus.
Dazu ist das Album nicht mehr als eine Islam-Variante von Jesus Is King: Zu kurz (wenn man die Intros abzieht), zu musikalisch uninspiriert, viel spirituelles Geschwurbel, wenig Substanz und zu allem Übel auch nicht mal wirklich gut gemixt an vielen Stellen. Gehört für mich eher auf die Liste der schlechtesten Alben in diesem Jahr. Und ich zählte mich sogar als Fan von ihm und habe, trotz meiner Aversion gegen Religionen im Allgemeinen, sein nächstes Release heiß erwartet. Solange die Musik stimmt und ein Gefühl gut vermittelt wird, kann ich auch mit Jesus- oder Mohammed-Phrasen leben. Jay will hier aber einfach nur intellektuell klingen, ist aber durch und durch Moralist und Ideologe.
Im Übrigen: "Kongenial" ist das falsche Wort. Es ist eher ein Armutszeugnis, dass ein sonst sehr begabter Texter wie Electronica sich von Jay-Z so stark an die Hand nehmen lässt.