Laurens Dillmann - "Kunst & Kopfkrieg"
Worum gehts?
"Kunst & Kopfkrieg" lautete der Titel einer Reihe von Interviews, die seit 2018 bei verschiedenen Plattformen erschienen,
etliche Ausgaben auch auf laut.de. Laurens Dillmann sprach dafür mit verschiedenen Musiker*innen über stets sehr persönliche Themen. Die Gespräche mit Joy Denalane, Amewu, Basstard und Curse über Madeline Juno und Rainald Grebe bis hin zu BAP-Urgestein Wolfgang Niedecken drehen sich um mentale Gesundheit. Vor allem geht es darum, einen Umgang damit zu finden, wenn das innere Gleichgewicht aus den Fugen und die Seele in Schieflage gerät.
Bedeutet: Dieses Buch ist harte Kost. Es bringt Druck, Abhängigkeit, körperliche und psychische Krankheiten, Traumata und Depressionen bis hin zu Suizidgedanken auf den Tisch. Das anstrengende Ringen um Normalität, was auch immer das im täglichen Wahnsinn, der uns umgibt, auch sein soll, ist allgegenwärtig.
Seiner düsteren Thematik zum Trotz, erweist sich "Kunst & Kopfkrieg" paradoxerweise als geradezu erhellende Lektüre: Ohne so zu tun, als existiere irgendein allgemeingültiges Patentrezept, stellt es der Flut von Problemen zum einen Methoden gegenüber, mit denen sich den Schwierigkeiten begegnen lässt. Zudem nährt die zugewandte, offene, tatsächlich auf Einander-Zuhören basierende Gesprächsführung die Hoffnung, dass echter Austausch auch in Zeiten des aufgeregten Geschreis noch möglich ist. Das erscheint so wohltuend, dafür verzeihen wir gerne die leise befremdliche Covergestaltung.
Wer hats geschrieben?
Laurens Dillmann erzählt von sich selbst, er habe etliche Studiengänge "erfolgreich abgebrochen", ehe es ihn in den Musikjournalismus verschlagen hat. Sein Lebensweg führte ihn von Frankfurt über Berlin und Freiburg nach Österreich: Seit diesem Frühjahr lebt er im südlichen Burgenland und absolviert inzwischen eine Ausbildung in körperpsychologischer Prozessbegleitung. Immer wieder schreibt Dillmann über Themen, die Körper und Geist und die Verbindung zuwischen beidem betreffen.
Sein weitgehender Verzicht auf journalistische Distanz kommt ihm bei "Kunst & Kopfkrieg" zugute: Da er hemmungslos sich selbst, persönliche Erfahrungen und seine eigenen Leiden und Schrulligkeiten einbringt, sich verletzlich zeigt und angreifbar macht, behält auch kaum eins seiner Gegenüber die Deckung oben. So führt dieser leicht wunderliche Kauz Gespräche, die in aller Regel weit über das übliche oberflächliche Promo-Blabla hinausgehen.
Wer solls lesen?
Hier kann eigentlich jeder etwas für sich mitnehmen. Fans der interviewten Künstlerinnen erhaschen fast immer einen Blick hinter die Maske. Wer in der einen oder anderen Form mit psychischen Herausforderungen zu kämpfen hat, könnte sich in den ausgebreiteten Geschichten wiederfinden, ergo weniger allein fühlen - was wahrscheinlich sogar mehr hilft als die angerissenen Ideen für unterschiedliche Bewältigungsstrategien. Obendrein birgt das Buch eine Liste mit Songs, Videos und Artikeln zum Weiterlesen und -hören.
Das beste Zitat:
"Auch wenn das Glas sogar mehr als halb leer ist. Immerhin ist etwas drin."
(Wolfgang Niedecken)
Wertung: 4,5/5
Text von Dani Fromm
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