Thomas Gurrath wollte Lehrer werden, seine Death Metal-Band wurde ihm zum Verhängnis.
Stuttgart (adm) - Blutverschmierte Oberkörper, mit nackten Frauen gespickte Plattencover und Videos, die die Grenze zu Pornographie locker überschreiten: die Stuttgarter Death-Metaller Debauchery und ihr Kopf Thomas Gurrath treten nicht gerade zimperlich auf. Blood & Gore ist ihr Medium, in dem sie Texte über Horror, Mord und angebliche Vergewaltigungen vertonen.
Seine Karriere als Death-Metaller wurde Gurrath nun zum Verhängnis. Der 29-Jährige studiert momentan Politik, Geschichte und Ethik für das Lehramt. Teil der Ausbildung ist das Referendariat, das Gurrath im Januar am Hegelgymnasium Stuttgart-Vaihingen begann.
Als die Schulleitung auf seinen Hintergrund mit Debauchery stieß, stellte sie ihn vor eine Entscheidung: Entweder ist Schluss mit Debauchery, oder es droht die Kündigung. Gurrath wählt die Kündigung.
"Psychisch krank" und "zum Kotzen"
Seine Tätigkeit als Musiker hatte Gurrath der Seminarleitung ordnungsgemäß gemeldet, schreibt der renommierte Journalist Dirk Peitz, der das Thema zu einer Reportage für Welt und Morgenpost verarbeitet hat. Als seine Ausbilder aber im Internet auf die blutigen Coverbilder und pornographischen Musikvideos stoßen, wird Gurrath bei der Schulleitung gemeldet.
Die Direktorin des Hegelgymnasiums, Barbara Graf, bittet zu einem persönlichen Gespräch, bei dem Gurrath von ihr als "psychisch krank" bezeichnet wird. Seine Einstellung zu Gewaltdarstellungen sei "zum Kotzen".
Gurrath verteidigt sich damit, dass die Provokation mit Gewalt doch ein übliches Mittel der Kunst und Unterhaltung sei, das mit Realität überhaupt nichts zu tun habe. Doch Graf zeigte keine Einsicht: "Sie kündigte eine Attestpflicht für mich an und sagte, sie werde die Lehrerschaft über mich informieren, damit sie wissen mit wem sie es zu tun hätten. Zusätzlich wurden alle Fachleiter informiert", erklärt Gurrath gegenüber Metal Hammer.
Ominöses Gutachten
In seiner ersten Unterrichtsstunde als Referendar im Fach Ethik diskutiert er mit seinen Schüler der neunten Klasse über Gewaltdarstellungen in Computerspielen. Die Diskussion ist lebhaft, verschiedene Standpunkte werden von Gurrath erläutert, ohne davon einen spezifisch zu betonen. Genau so, wie es auch das Lehrbuch vorgibt.
Dennoch nutzt die Fachbereichsleiterin diese Stunde, um ein Gutachten über Gurrath zu verfassen - was sie zu dem Zeitpunkt eigentlich nicht musste. In diesem Gutachten schreibt sie, dass "Herr Gurrath vor Kindern und Jugendlichen nicht glaubhaft machen kann, dass er für Gewaltfreiheit als Lehrer einsteht". Daher hielt sie "es für bedenklich, wenn Herr Gurrath sein Referendariat weiter fortsetzt".
Zur Kündigung genötigt
Das Gutachten erreichte schnell das für Schule und Bildung zuständige Regierungspräsidium in Stuttgart. Sie forderten Gurrath zur Stellungnahme auf, er verteidigte seine Haltung, worauf ihm ein "Lösungsvorschlag" präsentiert wurde: Entweder er gibt für drei Jahre seine Musik mit Debauchery auf, oder er muss kündigen. Gurrath reicht seine Kündigung ein, das Anstellungsverhältnis ist für ihn bereits zu gestört.
Obwohl das Regierungspräsidium betont, dass die Kündigung in gegenseitiger Einvernehmen erfolgte, kommt diese doch einem Berufsverbot gleich. Gurrath wurde dazu gezwungen, sich zwischen Musik und Lehrerberuf zu entscheiden. Entschieden hat er sich für die Musik, nicht zuletzt wegen des von der Schulbehörde auf ihn ausgeübten Drucks.
56 Kommentare
Tzz... Natürlich ist sein Image mehr als Bedenklich... Aber die kündigung wäre trozdem nicht nötig gewesen. Ich erinnere mich an meine schulzeit und momentan sehe es an meinem kleinen Bruder der geht auf die Realschule und unter seinen Lehrern finden sich Alkoholiker, Saddisten und andere Vollidioten deren Fachliche Inkompetenz man auf 50 Metern entfernung riechen kann. Ausnahmen gibt es aber die sind mehr als rar. Und wenn dieser Gurrath immerhin ordentlichen Unterricht bringt (das ist keine selbstverständlichkeit mehr) warum sollte man solch einen Lehrer von der Schule schmeißen. Wie ich solche Ignoranten Pisser mit ihren Vorurteilen hasse -.-
spastische Schulleitung.
Hey, so reagiert also die Direktorin eines Gymnasiums auf intelligenten und zeitgerechten Unterricht!
Finds unfair, dass er mit seiner Musik nicht provozieren darf aber die Direktorin mit ihrer Einstellung Amokläufe provoziert...
@Sputtel (« @shlupf
Das mag sein. Aber sicherlich gibt es schüler, die das nicht verstehen.
Wenn die schüler ihn auf seine musik ansprechen, muss er sich ja irgendwie rechtfertigen. Und das kann er offensichtlich nicht. Sein einziges argmuent ist nämlich, dass das ganze provokation sein soll. Was auch käse ist. Es gibt genug Künstler die Provokation bewusst einsetzen, serdar Somuncu besipielsweise. Aber bei debauchery ist das meiner meinung nach nicht der fall »):
Da bin ich ja froh dass deine Meinung nicht zählt.
Jetzt mal im Ernst Leute: es ist nunmal Tatsache dass sich Metal-Texte schon immer mit Tot, Hass, Gewalt und Zerstörung beschäftigt haben. Und bis auf wenige Ausnahmen gab es nie ein Bandmitglied welches die besungenen Inhalte in die Tat umsetzen wollte. Also wenn man eine Death Metal Band gründet dann knüpft man ja an diese Tradition an mit textlichen Inhalten zu schockieren und provozieren.
ja, das ist ja gut möglich sancho, dass es schon immer so war...
Danke sehr, spießiges Bildungsbürgertum. Du zeigst uns immer wieder, wie beschränkt und intolerant doch diese Gesellschaft ist.