Seite 12 von 29

Ein leichtes Opfer


(Ersatzfoto. Weder Bushido noch diverse Abou-Chaker-Brüder im Bild)

Vier Verhandlungstage - unverdrossene Beobachter*innen des juristischen Endlos-Hickhacks zwischen Bushido und Arafat Abou Chaker können das nur süß finden. Dieser Prozess hat die absurde Marke von hundert Prozesstagen inzwischen locker überschritten, scheint nun aber - man möchte es kaum glauben - einem Ende entgegenzutaumeln:

Am 112. Prozesstag hat sich Abou Chaker (er spekuliert wohl ebenfalls auf strafmildernde Umstände) in diesem Schmierentheater doch ein Geständnis abgerungen. Ja, er habe wiederholt heimlich Gespräche aufgezeichnet. Mehr gab er nicht zu. Wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes könnte er also tatsächlich verurteilt werden, bei allen anderen Anklagepunkten ... weiß man das noch nicht so genau. Nach dreieinhalb Jahren Beschäftigung der Justiz: eine doch überschaubare Ausbeute.

Inzwischen wurde in dieser Schmonzette das erste Plädoyer gehalten. Dreieinhalb Stunden verwendete die Staatsanwaltschaft darauf, noch einmal zusammenzufassen, wie Abou Chaker und seine Brüder Bushido nicht ziehen lassen wollten, sondern ihn bedroht, mit einer Plastikflasche geschlagen und einen Stuhl nach ihm geworfen haben sollen. Bushido, der Arme, sei in Wirklichkeit gar nicht der große Macker, als der er sich als Rapper gebärde (ach, was!), sondern lediglich ein "redegewandter Durchschittsbürger" mit psychischen Problemen, ein leichtes Opfer für die Abou Chakers, gegen die aufzustehen Bushido überhaupt erst auf Betreiben seiner Frau hin gewagt habe.

Die Staatsanwaltschaft fordert vier Jahre und vier Monate Haft für Arafat Abou Chaker, geringer bemessene Strafen für seine drei Brüder. Strafmildernder als oben genanntes Geständnis dürfte sich auswirken, dass der Prozess wirklich seeehr lange gedauert habe. Zu Ende ist er noch nicht: Die Verteidigung plädiert morgen.

Die Diskrepanz zwischen seiner Rapper-Person und dem Menschen dahinter sprach Bushido unlängst erst übrigens selbst an - in einem Interview mit der Berliner Zeitung, als es um das Thema AfD ging:

"Menschen, die bereit sind, die AfD zu wählen, möchte ich nicht in meinem Umfeld haben. Das respektiere ich nicht. Ich muss es akzeptieren, es ist Teil der Demokratie, du kannst wählen, was du möchtest. Damit muss man auch in Deutschland klarkommen. Man sollte auch nicht versuchen, eine Partei verbieten zu lassen, nur weil sie einem selbst nicht in den Kram passt. Man sollte eher dafür sorgen, dass man mit seiner eigenen Politik so attraktiv wird, dass solche Parteien erst gar keine Zustimmung finden. Die AfD ist für mich absolute Hinterwäldler-Mentalität, mit menschenfeindlichen Gesinnungen. Das hat in meiner Welt nichts zu suchen. Auf der Musikebene bin ich vielleicht auch ein bisschen rüpelhaft. Damit lebe ich. Aber ich als Mensch bin absolut offen, tolerant, freundlich. So was wie die AfD gehört nicht in die heutige Zeit."

Ja, da möchte ich ihm zur Abwechslung doch einmal beipflichten.

Seite 12 von 29

Weiterlesen

Noch keine Kommentare