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Stay Real

Dagegen fühlt sich dieses bevorstehende Ufo-Album eher wie der Gnadenstoß für deutsche Trap-Musik an. So gut wie alle relevanten Namen hierzulande haben angesichts der Tatsache, dass dieses Subgenre bei uns niemals das gleiche Niveau erreichen wird wie in seiner Heimat, ihren Sound in den letzten Jahren etwas justiert. Der Berliner hingegen besteht weiter darauf, sich seine US-Kredibilität mit teuer bezahlten Features einzukaufen. Die wiederum haben wahrscheinlich schon wieder vergessen, dass er überhaupt existiert, noch bevor sie ihren hingerotzten Verse zu Ende gerappt haben.

"Zurich", die letzte Vorabsingle von "Love My Life", kommt zwar ohne Gastbeitrag aus, hechelt aber, genauso wie alles andere, das der Mann anfasst, amerikanischen Standards hinterher. Ein sentimentales Outro über einen spacigen Gitarren-Beat mit Soul-Sample: Die Idee hatte vor ihm sicherlich noch keiner.

Das Ding ist: Grundsätzlich klingt das nicht mal schlecht, doch das einzige, das an diesem Song nicht funktioniert, bricht ihm direkt das Genick: Es bleibt der Mann hinter dem Mikrofon. Da hat Ufo einen wirklich schönen, melancholischen Beat, passt sich stimmlich mit einem Flüster-Flow der Stimmung an, nur um solche lyrische Juwelen zu droppen: "Bin als ein Winner gebor'n, love my life / Sie sagt: 'Dein Car ist ein Foreign' (Ja-ja) / Ja, ich geh' ran, wenn sie callt, Stay High, mh." Habt ihr auch schon Gänsehaut?

Ufo hat es über die Jahre wirklich gemeistert wie kein zweiter, die Ästhetik und den Sound seiner Vorbilder nachzubauen, aber wenn man dem Mann zuhört, wie und vor allem WAS er da rappt, dann fragt man sich, ob er überhaupt der englischen Sprache mächtig ist. Bei all den Trap, den er wohl konsumiert, scheint ihm nie aufgefallen zu sein, dass Künstler wie Future, Travis Scott oder Chief Keef in ihrer Musik auch zu tatsächlichen Emotionen fähig sind, die puren Materialismus übersteigen.

Ein "Codeine Crazy", ein "Perkys Calling", ein "Nobody", ein "90210": All diese Songs gehen gerade auch wegen ihrer Inhalte unter die Haut. Bei Ufo hat man hingegen das Gefühl, dass seine emotionale Spannbreite bei 'Ich war mal broke' beginnt und bei 'Jetzt bin ichs nicht mehr' aufhört. Seine Musik ist so sehr darauf bedacht, ein Fake-Image abzukupfern, dass keine Zwischenräume für Menschlichkeit oder Charisma mehr bleiben. Das verdammte Album heißt "Love My Life", und das Intimste, das wir voraussichtlich darauf erfahren, sind Ufos liebste Klamotten-Marken.

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