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Auf dem Rückzug

Den Anfang macht heute eine Schlagzeile, die angesichts der sonstigen Meldungen von gebrochenen und wieder gebrochenen Rekorden, Streamingzahlen from outer space und Dauerpräsenz in den Charts einigermaßen merkwürdig erscheint. "Deutschrap auf dem Rückzug", titelt ein Beitrag beim Redaktionsnetzwerk Deutschland. Hä? Les' ich nicht gefühlt dreimal die Woche das Gegenteil, sobald Capital Bra irgendwo einen fahren lässt, Apache einen weiteren seiner Songklone in die Welt schickt oder irgendein 187er seine unsympathische Fresse in irgendeine Kamera gehalten hat?

Der Eindruck scheint zu täuschen. Zumindest erklärt Matthias Schwarzer vom RND, der Deutschrap-Anteil der in den deutschen Singlecharts sei rückläufig, und macht sich auf die Suche nach den Ursachen. Kann das mit der jüngsten Regeländerung bei der Erhebung der Charts zusammenhängen, nach der neben Verkäufen und Streams nun auch Radio-Airplay in die Berechnung einfließt? Der, wie es aussieht, nicht sehr rap-affine Kollege kommt zu uneindeutigen Ergebnissen, seine Zusammenfassung der wieder und wieder geänderten Regelungen bei der Erhebung fand ich aber trotzdem interessant:

Schön aber, dass Schwarzer gleich zu Beginn feststellt, dass die Charts eigentlich niemanden mehr groß jucken. Trotzdem: Was für eine beknackte Regelung ist bitte das mit dem Airplay? Etwas, worauf die Hörer*innenschaft nur begrenzt bis gar keinen Einfluss nehmen kann, entscheidet (zumindest anteilig) über die Platzierung in irgendwelchen Hitlisten? Diktieren jetzt irgendwelche zopfigen Radio-DJs auch noch die Charts, nicht nur, was die Massen hören müssen? Sind es überhaupt noch Massen, die Radio hören? Und wenn der Geschmack einer jüngeren Zielgruppe die Hitparade formte, wäre das nicht irgendwie angemessen - wo doch genau diese jüngere Zielgruppe seit jeher weit mehr Musik konsumiert als die "älteren Leute, die fest im Berufsleben stehen und gerne Sarah Connor hören"?

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