Seite 8 von 15

Margarine

Okay, kommen wir zum Star der Show. Über K-Pop um 2020 zu sprechen heißt, über BTS zu sprechen, anders würde man den Elefant im Raum ignorieren. Die neue Single ist seit zwei Wochen draußen, sie heißt "Butter" und hat inzwischen schon 300 Millionen Klicks angehäuft. Sparen wir uns einmal mehr die Werkschau der diesmal gebrochenen Rekorde (ein Spotify-Rekord und ein amerikanischer Radio-Rekord sind aber dennoch imposante Zeugnisse ihrer weiter wachsenden globalen Dominanz) und wenden uns direkt der Frage zu: Kann die Nummer etwas?

Die direkte Assoziaton vieler Hörer war es, dass wir hier definitiv ein zweites "Dynamite" vor uns haben. Die englischen Lyrics, das Anlehnen an die tagesaktuellen globalen Trends, das Video, das nicht ganz so überkandidelt wirkt wie sonstige koreanische Videos. Stattdessen sehr viel Raum, sich auf die Performer einzulassen, sehr viele sehr griffige Motive und Hooks, ein paar sehr süße Videoshots. Keine Frage: "Butter" funktioniert. Wie geschmiert. Der Groove braucht nicht lange, um anzustecken, im Gegensatz zu "Dynamite" kriegen wir auch die sehr potente Rapline der Gruppe zu hören, vor allem die Übergänge zwischen den Songs sind wunderbar gelöst.

Eventuellige Kritik fällt dagegen kürzer aus, ein paar Vocals fühlen sich etwas blechern an, der Outro will etwas mehr Spektakel zünden als der recht simple Song es notwendig machen würde, hier und da klingt eine Line ein bisschen clumsy. "Ice on my wrist, I'm the nice guy / Got the right body and the right mind", "fresh boy pull up and we lay low / All the playas get movin' when the bass low", o-kay. Hier merkt man am meisten, wie sehr das alles ein Bruno Mars-Song hätte sein können. Wirklich von der Aufmachung bis zur Präsentation bis zum Text.

Diese Beobachtung führt zu meinem generellen Problem mit BTS dieser Tage. Egal, ob man im Fandom oder außerhalb schaut, es geht an diesem Punkt gefühlt nur noch um das Gewinnen. Keine Diskussion wird ausgetragen, ohne dass an irgendeinem Punkt die fraglos zahllosen Errungenschaften aufgebracht werden, der Neid oder die Missgunst thematisiert oder mit irgendwelchen Zahlen angegeben wird. Armys sind großartig darin, sich zu organisieren, Profile der Member zu schreiben, Theorien drumherum zu entwickeln, nur über eines wird kaum noch geredet: über die Musik.

Deswegen war ich gar nicht so überrascht, dass die Hauptzielgruppe der Band gar nicht mehr darüber sprach, ob sie den Song mochten oder nicht, als er erschien, sondern vor allem darüber, wie gut der sich wohl bei der amerikanischen Öffentlichkeit machen könnte. Diese Frage erscheint nur solange absurd, wie man darüber nachdenkt, dass der amerikanische Markt gerade der ist, der wirklich noch Errungenschaften für die Gruppe bereithält.

Das Ziel der Mission - vor allem unter Fans - war dieses Mal eindeutig, das amerikanische Radio auf Anhieb zu entern, noch ein Nummer-eins-Debüt ist das Minimum der Erwartung. Aber mögen sie denn den Song? Vermutlich, er ist ja kein schlechter. Sieht man sich all das aber in Kontext an, fühlt sich "Butter" immer mehr wie ein Mittel zum Zweck an. Es ist ein völlig strategisch designtes Produkt, gezielt darauf, die Zahlen zu maximieren. Die Fans werden nicht verarscht oder so, die Fans sind diejenigen, die diesen Blödsinn überhaupt erst anregen. Es sind Bayern München-Fans der K-Pop-Industrie, schlimmer als alle anderen. Geht es ums Spiel oder die dazugehörige Leidenschaft oder geht es nur noch um den nächsten Rekord, den nächsten Sieg?

Ich weiß nicht, vielleicht ist das mein Closet-Boomer-Mindset, aber wenn ich etwas an Stan-Kultur nicht mag, dann die Tatsache, dass Fans sich inzwischen kaum noch als Fans verstehen, sondern als verlängter Arm des Managements. Fans tragen die Bringschuld des Erfolgs. Dass daraufhin großes Geheul entstand, als "Good 4 U" von Olivia Rodrigo "Butter" auf Spotify von der Eins schmiss, überrascht kaum. Den Song einfach nur zu mögen, wäre an diesem Punkt nämlich kaum noch genug. Mag ich den Song? Ja, schon ein bisschen. Er ist ein grundsolider Popsong, und BTS sind in jeder Hinsicht zu kompetent, um einen schlechten Song zu machen. Aber fügt er der Poplandschaft irgendetwas Relevantes hinzu, wie BTS es mit ihren besten Songs früher einmal getan haben? Nein, nicht wirklich.

Wertung: 3/5

Seite 8 von 15

Weiterlesen

7 Kommentare mit 48 Antworten

  • Vor 2 Jahren

    "Sieht man sich all das aber in Kontext an, fühlt sich "Butter" immer mehr wie ein Mittel zum Zweck an. Es ist ein völlig strategisch designtes Produkt, gezielt darauf, die Zahlen zu maximieren."

    Meinste wirklich?

    Song natürlich ultralahm.

    • Vor 2 Jahren

      Butter ist schon fein strategisch designt. Morgens aufs Brot, abends in den Kaffee.

    • Vor 2 Jahren

      Un nachts inne unnerbux oder?

    • Vor 2 Jahren

      Nur an meinem Geburtstag.

    • Vor 2 Jahren

      Wenn ich nicht lache. Der Song ist überhaupt nicht Ultralahm. Das sagen wieder nur die Leute die sie nicht kennen, geschweige ihre Musik kennen ♥

    • Vor 2 Jahren

      "Der Song ist überhaupt nicht Ultralahm."

      Ob Gleep Glorp hierzu ein Gegenargument einfällt. Ich wage es zu bezweifeln.

    • Vor 2 Jahren

      "Wenn ich nicht lache."

      Das heißt "dass ich nicht lache".

      "Das sagen wieder nur die Leute die sie nicht kennen, geschweige ihre Musik kennen ♥"

      Warum? Meinst du nicht dass im Bereich des Möglichen liegt, dass jemand die Band bzw. den Song kennt und es trotzdem scheiße findet?

    • Vor 2 Jahren

      Lena Sophie, ich grüße dich! Wenn dir der Song gefällt, dann sei dir das natürlich von Herzen gegönnt. Ich finde aber, der Artikel drückt das alles schon ganz gut aus. Man hat hier einfach noch einmal Dynamite-esque versucht, den westlichen Markt zu knacken. Nur dass es jetzt beim zweiten Mal halt wirklich nur noch ein lauer, inspirationsloser, durchkalkulierter Aufguss und Abziehbild vom Abziehbild ist. Dazu muss man aber natürlich auch fairerweise sagen, dass ich BTS eigentlich durchgehend ziemlich langweilig und ungut finde.
      Aber Urteile über Musik sind ja zum Glück subjektiv, auch wenn einem hier so manche Leute Anderes erzählen möchten.

    • Vor 2 Jahren

      "Aber Urteile über Musik sind ja zum Glück subjektiv"

      BÄÄÄÄM, Lena Sophie. Nimm DAS! Sailor Moon Strahl!!!

    • Vor 2 Jahren

      Ja, klar ist das alles designt, mein Take ist halt eher, dass viel anderer K-Pop mehr charakteristischen Sound hat, das hier aber wirklich gar nich von westlichem Pop zu differenzieren ist

    • Vor 2 Jahren

      Und das überrascht dich dahingehend, dass der einzige Zweck dieser "Musik" ist, Einnahmen zu generieren? Da biedern die sich doch glatt an den westlichen Markt an...!

  • Vor 2 Jahren

    "...ein völlig strategisch designtes Produkt, gezielt darauf, die Zahlen zu maximieren."

    K-Pop doch nicht.

  • Vor 2 Jahren

    Ich mag BTS sehr. Allerdings bin ich eine derjenigen die sich nicht unbedingt über die Englischsprachigen Songs freut. Nanu? Wo ist das K? Im K-Pop geblieben ? Da , sich sowohl Sprache als auch Sound langsam sehr westlich anfühlen bzw sind bin ich eher skeptisch. RM sagt zwar sie sind ihr eigenes Gerne aber ich bin tatsächlich nicht glücklich drüber. Ich mag Butter zwar , verfluchter Ohrwurm ???? aber hoffe auf dem kommenden Album nicht ganz so viel Englisch zu hören . Und dann gibt es die die sagen BTS müssen sich anpassen um gerade im Amerika was zu erreichen . Ist das wirklich so? Hmm... BTS waren für mich eben nicht immer die gezüchteten ,gerade weil sie nicht vom einem schon vor Kohle stinkenden Label vermarktet wurden zu Beginn. Ich bin für einen Gang zurück auch wenn das wahrscheinlich nicht mehr möglich ist .

    • Vor 2 Jahren

      Hallo Elena,

      danke für deinen Beitrag.
      In der Tat ist es häufig so, dass es im Leben kein Zurück mehr gibt. Es bleibt oftmals dann nur noch die Frage, wie geht man mit dem "Hier und Jetzt" um.

      Das Leben bedeutet ständigen Fortschritt - damit müssen wir alle leben. Ich finde aber, dass du sehr gefestigt wirkst und souverän damit umgehst. Ich denke, auch deine Fragen werden irgendwann beantwortet werden - du musst nur Geduld haben.

      Ich wünsche dir noch viel Glück, du bist auf einem guten Weg, ja ich würde sogar fast sagen: du hast das Leben verstanden.

      Viele Grüße aus soulburns Hütte,
      dein Psychowiesel

    • Vor 2 Jahren

      Danke für diese besinnlichen, nachdenklich machenden Worte, Wiesel. Ich denke, ich spreche da für die ganze Gruppe.

    • Vor 2 Jahren

      Klar ist es nicht so toll das es nur englisch ist ,so vorallem da fehlt halt k-pop ,aber davon mal abgesehen ist der Song Hammer. Hab auch ein Ohrwurm.

  • Vor 2 Jahren

    Der Song wurde nur gemacht um ein festeres Standbein in USA zu bekommen Mr.BangPD will dort abgrasen und muss dafür einen USA Mainstream gefälligen Song haben, da der 08/15 Ami zu unterkomplex für koreanische Songs ist. ( Es musste "naega" ( ich bin) gepiepst werden, weil man meinte es wäre das N-Wort)
    Dennoch finde ich Butter ganz nett, besser gefällt mir das von BTS veröffentlichte Butter Remix.

  • Vor 2 Jahren

    Ich finde es seltsam, dass sich Menschen darüber beschweren, dass eine englische Single doch gar kein K-Pop mehr sei - diese Frage bei den japanischen BTS-Songs allerdings nie Thema war.

    Ich stimme dir vollkommen zu, dass sich die BTS-ARMY zu sehr auf Rekorde versteift, aber mir persönlich sind ihre Rekorde auch wichtig, weil BTS mit guter Musik allein keine Chance auf internationale Anerkennung hat.
    Würde BTS - zum Beispiel bei den Grammys - fairer behandelt werden, wären mir Rekorde völlig egal.

    Dynamite und Butter gehören beide nicht zu meinen liebsten BTS Liedern, aber ich finde es trotzdem toll, wenn sie in den deutschen Radios laufen, damit mehr Menschen auch auf ihre wirklich qualitativen Lieder aufmerksam werden. Black Swan ist leider einfach kein Radio-Hit.

    Doch mal fern ab von Erfolg, Gerechtigkeit und Rekorden: "Not Today" gehört zu meinen absoluten Lieblingsliedern, weil es mein persönliches Anti-Suizid-Lied ist und mich täglich dazu motiviert, weiter zu kämpfen. Und "Magic Shop" höre ich immer, wenn meine chronischen Schmerzen mal wieder stärker sind als das Morphium und das medizinische THC, das ich nehme. Die MUSIK von BTS gibt mir sehr viel Kraft und Trost und das ist in meinen Augen niemals außer Acht zu lassen.

    ????

  • Vor 2 Jahren

    Ich bin eine "Army-Mum", also meine Tochter ist Army. Dank Corona und viel gemeinsamer Zeit bin ich aber voll im Bilde - ob Lajimolala, Poison Apple oder JKs Tattoos. Die Musik ist nicht mein Fall (Metallica forever und so), aber was die 7 Jungs tatsächlich "für die Welt" tun, ist schon der Hammer. Sie verändern den Blick auf Sexualität (keiner weiß wirklich, wer da gay, bi oder straight ist), sie verkaufen keine nackte Haut, es gibt keine Skandale, sie sind freundlich, höflich und witzig - und das Ganze in einer Sprache, die kaum einer versteht. Wenn es für diese neue Art Stars einen englischen Song braucht - dann macht! Die Werte, die vermittelt werden, sind das wert.

    Übrigens: mir gefallen Pied Paper, Ddaeng und Idol auch besser als Butter oder Dynamite. Nur schaffen es koreanische Songs leider nicht ins Radio. Erstaunlich - spanische und französische schaffen es auch, obwohl die auch kaum jemand versteht...

    • Vor 2 Jahren

      Erstmal: Mein Beileid.

      Ambige Sexualität gab's ja im Pop-Bereich nie. Etwa bei David Bowie oder Prince. Nee, ist alles neu bei denen.

      Sie mögen keine Skandale verkaufen, aber sie bzw ihr Management degradieren ihre Fans zu verlängerten Arm besagten Managements. Oder meinst du dass es gesund oder korrekt ist, dass Kinder sich als quasi-militante Interessengruppe sehen, die im social Media shitstorms anzettelt, wenn ein böser Rezensent/Erwachsener K-Pop kritisiert? Wenn ich diesen Schwachsinn schon höre, "Army". :rolleyes: Pennälerquatsch

    • Vor 2 Jahren

      "Sie verändern den Blick auf Sexualität (keiner weiß wirklich, wer da gay, bi oder straight ist), sie verkaufen keine nackte Haut, es gibt keine Skandale, sie sind freundlich, höflich und witzig - und das Ganze in einer Sprache, die kaum einer versteht. Wenn es für diese neue Art Stars einen englischen Song braucht - dann macht! Die Werte, die vermittelt werden, sind das wert."

      :lol: Also ich wähle im September die Grünen, denn die sind: gut für die Umwelt!

    • Vor 2 Jahren

      "Sie verändern den Blick auf Sexualität (keiner weiß wirklich, wer da gay, bi oder straight ist), sie verkaufen keine nckte Haut, es gibt keine Skandale"

      Die Frage ist halt, inwieweit das wirklich gewollter Fortschritt/künstlerisches Konzept ist und inwiefern einfach nur ein Machen des Machbaren innerhalb sehr strikter Restriktionen.
      Das im Kpop auf der Bühne und vor allem im Bereich Mode stark mit Genderkonzeptionen gespielt wird, ist natürlich richtig. Nur habe ich meine Zweifel, dass in der z.T. noch stockkonservativen Gesellschaft ein Label ein offizielles Coming Out eines Mainstreamacts oder eine etwas gewagtere Präsentation (wobei es hier natürlich wieder heftige Geschlechterdoppelstandards gibt) einfach so absegnen würde.

      Siehe auch hier:

      https://edition.cnn.com/2020/01/25/asia/k-…

      Natürlich muss man dazu auch sagen, dass sich da in den letzten Jahren viel zum Besseren hin tut. Trotzdem halte ich stand jetzt das typische Kpop-Saubermannimage und die sexuelle Ambiguität, eher für Ausdrücke von Repression und Zwang als irgendetwas besonders toll fortschrittliches oder feiernswertes.

    • Vor 2 Jahren

      "Trotzdem halte ich stand jetzt das typische Kpop-Saubermannimage und die sexuelle Ambiguität, eher für Ausdrücke von Repression und Zwang als irgendetwas besonders toll fortschrittliches oder feiernswertes."

      Da radelt der grundgute Gleep am Feiertag durch die schwäbische Idylle und wird erst am Abend merken, dass Ragism sein Account gehackt hat :D.

    • Vor 2 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 2 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 2 Jahren

      Nur so viel: Byung Chul-Han hat sein Mutterland auch schon oft als die spätkapitalistische Gesellschaft beschrieben, auf die sich "westliche" Gefilde hinentwickeln. Die sei nur auf Steroiden und stets ein paar Jährchen dem Westen voraus, weil der Kapitalismus dort viel rigoroser eindoktriniert wurde.

      U.A. deshalb bin ich bei vielen popkulturellen Kulturphänomenen pessimistischer. Nicht bei allen.

      Den Punkt von Gleep sehe ich also mal wieder ziemlich ähnlich. Gut gescherzt, Wiesel ;)