"Geburt eines Traumwebers" vs. "Nandipo"
Das Buch: Ngugi wa Thiong'o - "Geburt eines Traumwebers"
Das Album: Pierre Akendengue - "Afrika Obota / Nandipo"
Warum passt es?
Puh, ist das jetzt arg plakativ? Ich hätte euch ja für diese Folie so gerne Thiong'os "Herr der Krähen" gezeigt, aber ich habe alle Orte, an denen ich Bücher aufbewahren könnte, durchwühlt und es nicht gefunden. Wahrscheinlich ein Kandidat, den ich verliehen habe, um dann zu vergessen, dass ich ihn verliehen habe. "Der Herr der Krähen" ist eins der ambitioniertesten und besten Bücher der lezten hundert Jahre, die ich gelesen habe. Deswegen nun auch ein einziger Kompromiss, denn "Herr der Krähen" hätte eindeutig zu "The Epic" von Kamasi Washington gepasst. Die beiden anderen Bücher von Thiong'o, die ich gelesen habe, kommen an diese Stimmung nicht heran.
"Geburt eines Traumwebers", ein autobiographisch angehauchtes Stück über literarische Arbeit in kenianischen Krisenzeiten, bringt aber doch nahe, warum der Mann der ostafrikanische Autor ist, den man unbedingt kennen muss. Seine Stimme ist simpel, aber in den richtigen Details messerscharf analyiserend, und seine Hand für Protagonisten ist beeindruckend dicht. Den Text über den Traumweber zeichnen eine Leichtigkeit und abwartende Geduld, die sich im Folk-Album des gabunischen Musikers Pierre Akendengue sehr gut spiegelt. Es hat dieselbe Leichtigkeit, finde ich - und ich weiß an dieser Stelle nicht, ob ich nicht den Fehler mache, Dinge mit einer oberflächlichen "African-ness" in einen Topf zu packen. Mir hat es auf jeden Fall gut zusammen gefallen, und irgendwann finde ich auch den "Herr der Krähen" wieder und aktualisiere eine weitere Folie.
Leseprobe:
Ende Juni 1959, und es kommt mir wie ein Traum vor. Ich steige in Limuru in den Zug. Es ist derselbe Bahnhof, der vor vier Jahren meine Tränen gesehen hat, als die Beamten mich nicht in den Zug zur Allience High School einsteigen lassen wollten, weil ich keine Genehmigung für die Reise in eine andere Region besaß, wie dies damals unter dem Kreigsrecht verlangt wurde, das die Reisen der Afrikaner im Landesinneren regelte. Ein mitfühlender Beamter niederen Rangs musste mich in einen anderen Zug schmuggeln. Jetzt, vier Jahre später, steige ich in einen anderen Zug, der nicht in irgendeine Region innerhalb des Landes unterwegs ist, sondern in das benachbarte Territorium. Und wie in der Vergangenheit auch bleibt meine Mutter mein Anker. Seit sie mich vor zwölf Jahren zum ersten Mal zur Schule geschickt hat, hat sie immer verlangt, dass ich mich hinauswage, um mir anzusehen, was da draußen ist.
Ich verlasse das koloniale Kenia des Terrors und der Unsicherheit, aber zugleich auch das Land meiner persönlichen Träume und Sehnsüchte. Minneh Nyambura gehört ebenfalls zu den vielen, die gekommen sind, um mich zu verabschieden, und ihr lächelnder Blick lässt mein Herz so laut schlagen, dass ich glaube, die Leute um mich herum können das Wummern hören. Vor ungefähr einer Woche haben sie und ich einen geheimen Seelenpakt geschlossen.
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