"Mark Hollis" (1998)
Ruhe. Nichts weiter wollte er schon auf "Laughing Stock" vertonen. 1998 sah Hollis nach sieben Jahren im Abseits plötzlich noch einen letzten Rest bislang unbetretenes Terrain: Den Sound noch weiter zu reduzieren, und die auf "Laughing Stock" gelebte Improvisation mit vorab ausgearbeiteten Strukturen austauschen. Dafür holte er sich immerhin noch mal 14 Musiker, darunter wieder Robbie McIntosh sowie Sting-Gitarrist Dominic Miller, ins Studio, die nach seiner Geige selbige spielten, oder auch Klarinette, Flöte, Harmonium, Trompete, Schellenkranz und Fagott. Instrumente, die seine Sehnsucht nach zeitlosem Klang abbildeten, den er in den Synth-Pop-Songs seiner eigenen Vergangenheit nicht mehr sah.
Angeblich erschien "Mark Hollis" (4/5) bei Polydor, da er ihnen noch ein Album schuldete. Dass es nicht unter dem Signet Talk Talk erschien, war längst egal, Hollis' Kontakt zu Webb, Harris und Friese-Greene war ohnehin abgebrochen. Nicht aus den üblicherweise als kreative Differenzen bezeichneten Gründen übrigens: Hollis und Friese-Greene seien sich schon 1991 einig darüber gewesen, dass "Laughing Stock" das finale Statement ihrer gemeinsamen Reise darstellte.
"Mark Hollis" ist Kammermusik mit flussähnlichen Biegungen, schlängelt sich hier und da eher notdürftig zu einer Melodie auf ("Watershed") und belässt es bei rudimentären Gesangslinien abseits jeglicher Songstrukturen. Aber wenn die Stimme erklingt, ist es eben diese sehr besondere Stimme von Mark Hollis, die die Außenwelt ausknipst, weshalb es auch für nostalgische Talk Talk-Fans in den Nullerjahren eine sportliche Herausforderung war, die nicht mehr erhältliche CD auf Flohmärkten oder Plattenbörsen teuer zu erstehen. Fühlt euch gesegnet, Kinder des Streaming-Zeitalters.
1 Kommentar
Wenn ich mir vorstelle, dass diese Platte gestreamt wird - mal ehrlich...
Wir haben uns da um die Anlage meines Freundes versammelt und andächtig gelauscht. Das über die quäkigen iPhone-Lautsprecher? Undenkbar!