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ARA

Schon im Frühling fand in Berlin die Premiere von Attila Csihars Kunstfilm-Projekt "ARA" statt. Der Mayhem- und Sunn O)))-Sänger arbeitete daran gemeinsam mit Kuratorin Elena Sinanina. Am 6. August präsentierte Csihar den Film im Berliner Silent Green erstmals zusammen mit einer anschließenden Live-Performance.

Im Kuppelsaal des einstigen Krematoriums schauten wir also zunächst Csihar eine knappe Dreiviertelstunde auf der Leinwand dabei zu, wie er mit einem Weihrauchfässchen und Priestergewand durchs winterliche Berlin stapft und dabei symbolisch den auf der Museumsinsel stehenden Pergamon-Altar umrundet. Sinanina orientiert sich bei der Konzeption seins Marschs grob an der sogenannten Lustratio, einem antiken Reinigungsritual. Csihar murmelt und krächzt aus dem Off dauerhaft Beschwörungsformeln, vor dem Bode Museum hält er kurz an, um einen Opferdolch zu drapieren. Wenn sichtlich uneingeweihte Passanten, unter anderem zwei verwirrte Jogger und eine Mutter mit Kinderwagen dem vermummten Sonderling dabei in die Quere kommen, hat das durchaus etwas leicht Humoristisches. Ebenso skurril wirkt es, wenn Csihar weihräuchernd an E-Scootern vorbeistiefelt und Schauspielerin Maria Buzhor mit dämonischen Verrenkungen an der Spree entlang flaniert. Im zweiten Teil des Films hetzt Csihars Sohn Arion als Geisterheiler Grigorij Rasputin durch die Berliner Volksbühne, während Papas Geräusche immer unmenschlicher werden.

Nachdem der Film einen etwas verwirrt zurückgelassen hat und man sich noch fragt, ob damit wohl eine bewusste Konfrontation zwischen sakraler Ritualistik und schnödem Alltag gezeigt werden soll, wirds stockfinster – Csihar zirpt jetzt mit gruselig hoher Stimme live von einer Balustrade nahe der Kuppeldecke. Wenige Sekunden später antwortet er sich dank an verschiedenen Stellen im Raum platzierter Lautsprecher und mehrerer abwechselnd benutzter Mikros selbst von Gegenüber. So bewegt er sich nach und nach durch alle möglichen Register seiner Stimme.

Interessant ist die Performance vor allem wegen der zwischenzeitlichen Stillepassagen – und dem angespannt schweigenden Zuschauerraum, wo jedes noch so kleine Geräusch hörbar wäre. Als großes Finale schleicht Csihar schließlich im Priestergewand zu einem provisorischen Altar und entfesselt mithilfe einer Loop-Station noch eine abschließende Kakophonie, um sein Soundritual zu Ende zu bringen. Mit einem fast schüchternen "Dankeschön" verschwindet er hinter den Vorhängen.

"ARA" hinterlässt ein großes Fragezeichen. Ob Film und Performance nun wirklich bereichert haben oder eher nur als Kuriosum im Gedächtnis haften bleibe,n spielt im Endeffekt kaum eine Rolle – einzigartig war das eben Erlebte definitiv.

"ARA" entstand als Produktion der Berliner Volksbühne mit Unterstützung des Collegium Hungaricum. Den Trailer zum Film seht ihr hier:

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