Rammstein: Russischer Oppositioneller bittet erneut um Hilfe

2021 wurde Andrej Borowikow wegen Verbreitung des Clips zu "Pussy" zu einer Haftstrafe verurteilt. Nun fordert er die Band zur Stellungnahme auf.

Konstanz (jah) - Nachdem er 2014 das Video zum Rammstein-Song "Pussy" via Social Media teilte, wurde der russische Oppositionelle und ehemalige Mitarbeiter von Alexej Nawalny, Andrej Borowikow, vergangenes Jahr zu einer Haftstrafe verurteilt. Angeblich wegen Verbreitung von Pornografie. Amnesty International sieht in der Strafverfolgung aber ein politisches Motiv, wir berichteten. Borowikow habe die Band kontaktiert und um Hilfe gebeten, jedoch keine Reaktion erhalten, auch Nawalny persönlich sei mit einer Anfrage bei Rammsteins Management erfolglos geblieben.

Nun hat sich Borowikow in einem offenen Brief via Twitter erneut an die Gruppe gewendet: "Dies ist das zweite Jahr, in dem ich in einem russischen Gefängnis sitze, weil ich das 'Pussy'-Video gepostet habe. Eure künstlerische Tätigkeit kann in Russland jeden Tag dazu führen, unschuldige Menschen wegen ihrer politischen Überzeugungen zu inhaftieren. Es ist Zeit, sich zu äußern! Ich bitte euch, eure Haltung zu meiner unrechtmäßigen Strafverfolgung laut und deutlich zu machen."

Письмо для @RSprachrohr #Rammstein pic.twitter.com/mXJ6cuzWiv

— Андрей Боровиков (@borovikov_andre) July 8, 2022

Keine Positionierung seitens Lindemann oder der Band

Bisher hatte sich nur Gitarrist Richard Kruspe positioniert und sich unmittelbar nach dem Urteil über dessen Härte "geschockt" gezeigt: "Rammstein hat immer für die Kunstfreiheit als Grundrecht aller Menschen eingestanden." Frontmann Till Lindemann soll auf eine Anfrage der "Nowaja Gaseta" laut Spiegel nur geantwortet haben: "Ich möchte das Thema nicht diskutieren."

Rammsteins Russland-Nähe Vergangenheit?

Das Thema Russland im Kontext von Rammstein bleibt ein kontroverses. Die Band ist dort sehr beliebt, 2021 gab Lindemann sogar einen Song auf Russisch zum Besten, den er beim Militärmusikfestival auf dem Roten Platz performte. 2017 hatte er sich bereits bei einer Filmvorführung mit offen Putin-unterstützenden Stars blicken lassen.

Auf der anderen Seite sagte er aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zwei für Dezember dieses Jahres geplante Konzerte in Russland ab. Die Band veröffentlichte Anfang 2022 zudem ein Statement, in dem sie ihre Solidarität mit dem ukrainischen Volk bekundeten und setzte auch beim einen oder anderen Auftritt Zeichen:

Just a German rock band staying on the correct side of history@RSprachrohr pic.twitter.com/klknwddAeE

— Illia Ponomarenko???? (@IAPonomarenko) July 17, 2022

"Ich hätte wirklich gern eine Antwort im Namen des gesamten Rammstein-Kollektivs", wünscht sich laut Spiegel derweil Andrej Borowikow. "Im Herbst wird es eine Berufungsverhandlung in der nächsten Instanz geben. Während der Verhandlung könnte ich eine formelle Antwort der Gruppe aussprechen. Es könnte mir die lang ersehnte Freiheit schenken." Ob es dazu kommen wird, bleibt abzuwarten. Bisher haben Rammstein nach wie vor nicht reagiert.