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Platz 1: Achtung Baby (1991)

1989 spielen U2 am Ende ihrer "Lovetown"-Tournee drei Konzerte in Dublin. Am letzten Abend sagt Bono: "Dies ist das Ende einer Etappe für U2. Deshalb spielen wir diese Konzerte, wir feiern mit euch gemeinsam eine Party. Keine große Sache, aber wir müssen eine Weile weggehen und uns alles neu erträumen." Was sie damit meinen, erfährt die Welt 1991: U2 haben den Kanal voll vom Weltretten. Befeuert vom Rhythmus der Madchester-Welle und mit den Nine Inch Nails und Einstürzenden Neubauten als Einflüsse arbeiten sie in den legendären Berliner Hansa Studios an einem neuen Sound. Weil Adam und Larry zunächst nicht von ihren Classic Rock-Hörgewohnheiten abrücken wollen, ist Konfliktpotenzial vorprogrammiert.

Das sägende Eröffnungsriff von "Zoo Station" kommt massiv verzerrt wie von einem anderen Stern und Bono gibt die Richtung vor: "I'm ready for what's next". Die Metapher des Zugs passt hervorragend. U2 wollen raus aus ihrer Komfortzone, sich ein neues Abenteuer erträumen: "Time is a train / makes the future the past / leaves you standing in the station / your face pressed up against the glass." Denn wer nichts wagt, bleibt auf dem Bahnsteig stehen, während die Zukunft davonrast. U2 aber wollen rein in diesen future train, in den vom Bahnhof Zoo aus schon Bowie und Iggy eingestiegen sind.

Die Mittel: Bonos unverkennbare Messias-Stimme zugedeckt von Effekten, in der Vorabsingle "The Fly" bestreitet er den Refrain zur Hälfte mit Falsettgesang, während die Industrial-Riffloops von Edge den Josuabaum kurz und klein hacken. Erstmals steht bei U2 nicht mehr Bonos Stimme im Fokus, sondern der Groove der gesamten Band, bei der der Sänger so viel zählt wie der Bassist. Beide Songs verkörpern am besten die Zielsetzung der Band, dass die Fans beim ersten Hören denken sollen, es handele sich um eine Fehlpressung. Achtung Baby! Zeit für einen Game changer.

"Love is a temple, love the higher law": "One" erinnert an die elementare Botschaft der Band, doch wer nicht genau hinhört, übersieht die Message. Ein Song über bevorstehende Trennungen, die nur mit viel Willen und eben Liebe verhindert werden können. Romantik, Verrat und Enttäuschung stecken in dieser dunklen Soul-Ballade, die schon 1991 einen Schlüsseltrack darstellt. "We're one, but we're not the same / We get to carry each other": U2 singen von sich selbst, davon, es noch einmal als Band geschafft zu haben. Aus der Mitte des wiedervereinigten Deutschlands entstanden, wirkt "One" wie eine musikalische Wundheilung und wird vielleicht deshalb immer noch ausgerechnet auf Hochzeiten gespielt.

Das auf relaxten Congas ruhende "Mysterious Ways", das in einen polyrhythmischen Funk mündet, zählt ebenso zu den Highlights wie "Until The End Of The World", in dem Bono in die Geschichte des Verräters Judas eintaucht. Ein klassisches U2-Topos, das auch mit sanften Dance-Beats funktioniert, veredelt von einem gigantischen Edge-Solo. "Who's Gonna Ride Your Wild Horses" zeigt am ehesten auf das Vorgängeralbum zurück, "Ultraviolet (Light My Way)" verbreitet gegen Ende überraschend positive Vibes, bevor "Acrobat" und das waidwunde "Love Is Blindness" den Schlusspunkt setzen. Dennoch greifen viele vor allem wegen "One" auf dieses Album zurück, coverten Johnny Cash, Mary J. Blige oder Michael Stipe den Song und selbst Axl Rose bekannte: "Es ist einer der größten Songs, die je geschrieben wurden. Als ich ihn das erste Mal hörte, habe ich angefangen zu weinen."

Anspieltipps:

"Zoo Station", "Even Better Than The Real Thing", "The Fly", "Mysterious Ways", "Love Is Blindness"

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