Platz 8: "Unlimited Love" (1. April 2022)
Pech für Josh Klinghoffer und Danger Mouse: Nach John Frusciantes und Rick Rubins Rückkehr dachte an "The Getaway" (2016) am 1. April 2022 niemand mehr. In den Jahren dazwischen war es zur Entfremdung von Klinghoffer gekommen, die berühmt-berüchtigten künstlerischen Differenzen spielten dabei die Hauptrolle. Mitte Dezember 2019 verkünden die Peppers kurz und knapp Frusciantes dritten Einstieg und danken dem geschassten Klinghoffer für die guten, gemeinsamen Jahre. Noch im März hatte man eine Liveshow vor der Kulisse der Pyramiden von Gizeh in Ägypten weltweit ins Netz gestreamt.
Producer Rubin kolportiert, er habe 2020 bei der ersten Album-Session der Peppers mit Frusciante geweint. Gleichwohl folgte der Release von "Unlimited Love" zweieinhalb Jahre später, dem ersten von zwei Doppelalben im selben Jahr ("Return Of The Dream Canteen" erschien im Oktober), dem bekannten Reiz-Reaktions-Schema: Veröffentlichen die Kalifornier in der Spätphase ihrer Karriere eine neue Platte, hat immer jemand was zu meckern. Die einen vermissen die zügellose Energie der "Blood Sugar Sex Magik"-Zeit, andere trauern dem melodiösen "By The Way" hinterher. Für den nächsten zocken sie eh immer dasselbe Funklick.
Dabei erschließt sich die Potenz eines Peppers-Songs, respektive die instrumentalen Fertigkeiten der Bandmitglieder schon lange nicht mehr im ersten Anlauf. Vielmehr gefällt "Unlimited Love" umso besser, je öfter die Platte rotiert. Nebenbei hält das 12. Studioalbum Überraschungen parat: "She's A Lover" geht als einer ihrer besten Refrains durch, die Melodien und Harmonien bewegen sich nahe am perfekten Pop. Zudem durchziehen nicht wenige Jazz-Verweise die Platte ("Aquatic Mouth Dance"). Referenzen an Country ("Bastards Of Light") oder Hardrock ("These Are The Ways"), Offbeat-Feel ("Let 'Em Cry") und im Backkatalog noch nicht gehörte Sounds ("Not The One") kommen hinzu. Ja, wir erleben eine stilistische Varianz, die auf den knackigen Trademark-Funkrock ("One Way Traffic") trotzdem nicht verzichtet.
"Unlimited Love", nach "Stadium Arcadium" (2006) das zweite Nummer-eins-Album der Band in den USA, ist eine Platte, deren Details man in Alkohol-geschwängerten Stunden diskutieren könnte. Etwa Frusciantes viele, sich ergänzend montierten Gitarrenspuren, die von butterweich harmonisch bis lärmend kreischend reichen, seine Backing-Vocals ergänzen Kiedis nebenbei perfekt. Fazit: In der wohl schlüssigsten Bandkonstellation erweitern die Peppers ihren Soundkosmos. Und nichts anderes ist von einer Band zu erwarten, die tief in Rockgeschichte und Musiktheorie eingetaucht ist.
Noch keine Kommentare