Twerk-Alarm und ruppige Punkgigs: Das Festival auf der Eiswiese ist Kulturgut. Fotos/Review.
Rothenburg (dp) - Alle Jahre wieder trifft sich die süddeutsche Festivalgemeinde am zweiten Augustwochende im beschaulichen Rothenburg ob der Tauber. Während sich in der pittoresken Stadt die internationalen Touristen gegenseitig auf die Füße treten, wird im Tal gemoshed. Ausverkauft meldete das Traditionsfestival bereits vor dem offiziellen Start.
Sonnig mit Aussicht auf Alkohol
Schließlich verspricht das Line-up 2024 - im wahrsten Sinne des Wortes - Krawall und Remmidemmi: Alligatoah, Beatsteaks, Deichkind - die Fans sollten sich eigentlich warm anziehen! Angesichts sommerlicher Temperaturen von über 25 Grad wäre dies allerdings ein weiterer Schritt in Richtung Dehydrierung, was man unbedingt vermeiden sollte.
Teilen der Besucher:innen allerdings ist offenbar nicht bekannt, dass Alkohol eher entwässert statt hilft. Und so liegen bereits beim Auftritt von Swiss Und die Anderen die ersten Alkoholleichen im Tal. Die Punkrocker lassen sich davon natürlich nicht abschrecken, sie heizen dem Publikum mit gewitzten Coverversionen mächtig ein: Schon zur Mitte des Sets begeben sich Besucher:innen mit größeren und kleineren Blessuren zu den Sanis, die im Verlauf des Tages noch Einiges zu tun bekommen.
Frauen? Gekommen, um zu bleiben!
Die kleinere Sounds for Nature-Stage beheimatet heute vor allem Künstlerinnen. Während auf der Hauptbühne keine einzige Frau performed, liefern die britischen Nova Twins hier den Gig des Tages ab. Energetisch und laut zeigen sie dem Publikum, wo der Hammer hängt. Mit dem 2022er-Album "Supernova" haben die zwei jungen Wilden den Durchbruch geschafft und tourten nicht nur mit Yungblud, sondern auch den Foo Fighters. Songs wie “Cleopatra” kommen live dennoch am Besten und beweisen, dass die Damen nicht nur ihre Instrumente beherrschen, sie singen dazu noch verdammt gut. Absoluter Anspieltipp!
Auch Esther Graf reißt das Publikum im Anschluss mit. Die Österreicherin, der breiten Masse seit ihrem Alligatoah-Duett "Mit Dir Schlafen" bekannt, hat sich in den vergangenenn Jahren eine stabile Fanbase aufgebaut, die das Potenzial der Musikerin frenetisch feiert. Esther Graf ist gekommen, um zu bleiben und die Musikszene zu bereichern.
Beatsteaks reißen ab. Eine Besucherin verletzt
Auf der Pimmelbühne spielen derweil Giant Rooks einen gewohnt makellosen Auftritt - bis anschließend die Beatsteaks den Laden übernehmen. Die Berliner, die kürzlich ihr neues Album "Please" veröffentlichten, strotzen nur so vor Spielfreude und begeistern das Publikum mit Hits wie "Let Me In", dem Redaktionsliebling "Automatic" oder "Hey Du". Die Überschwänglichkeit der Moshpits rächt sich auf den Fuß: Kurz nach Beginn des Sets muss eine Besucherin mit einer stark blutenden Platzwunde am Kopf versorgt werden. Die Blutlache vor dem Bühnengraben mahnt zur Vorsicht.
Alligatoah liefert ein kleines Wacken
Bei Alligatoah und seiner Band spitzt sich die Lage noch weiter zu: Sanitäter:innen müssen etliche Verletzte und kollabierte Besucher:innen versorgen. An der Qualität des Gigs liegt es definitiv nicht, denn die Gruppe um Mastermind Lukas Strobel verwandelt das Taubertal in ein kleines Wacken. Mit seinem Stilwechsel (die Platte "Off") von Rap zu Metalcore trifft der Musiker ganz offensichtlich den Nerv der Fans.
Obwohl alte Stücke wie "Fick Ihn Doch" oder das obligatorische "Willst Du" noch immer Einzug ins Set halten, liegt der Fokus klar auf neuen Songs wie "So Raus", “ICH ICH ICH" oder - im Original im Duett mit Tarek von K.I.Z - "Partner In Crime". Alligatoah macht dem Taubertal-Publikum Spaß, es ist proppenvoll. Eine kleine Rudereinlage, wie man sie zuletzt in Wacken und der Berliner Wuhlheide gesehen hat, fehlt in Franken ebenfalls nicht.
Das Publikum liebt Bosse
Während der Vibe auf dem Gelände am Freitag eher überhitzt war, regieren am Samstag Liebe und gute Laune. Aki Bosse weiß, wie man ein Publikum becirct und strahlt so viel positive Energie aus, dass er dem Taubertal eine rosarote Brille verpasst. Aki und Band lächeln sich durch das abwechslungsreiche Set, der Frontmann erzählt Anekdoten aus seinem Leben und leitet die tiefgründigen Songs gut ein: Für jemanden vom Land, der zum ersten Mal in die Großstadt kommt, ist "Berlin wie New York" ("Schönste Zeit"). Und trotzdem ist es schwer, hier die große Liebe zu finden ("3 Millionen"). Danke Aki, für diesen tollen Auftakt.
Die Skapunks von Sondaschule bringen ebenfalls einen Sack voller Positivität mit und fahren das Energielevel kräftig nach oben. Das Publikum hat sichtlich Spaß, und trotz Moshpits und Pogo scheint es dieses Mal auch weniger Verletzte zu geben als noch am Vortag.
Umfeiert: Nina Chuba
Queen Nina Chuba verzaubert zur Prime Time die Festivalbesucher:innen. Die sympathische Rapperin zeigt mit ihrer fast komplett weiblichen Band, dass Frauen mindestens genauso gut abreißen wie die männlichen Zeitgenossen. Ihre erfrischende Art und die abwechslungsreiche Show machen Chubas Auftritt zum unangefochtenen Tageshighlight. Selbstbewusst und gewitzt führt sie durch ihr Programm, haut Hits wie "Wildberry Lille" oder "Hass Dich" raus und bringt das Taubertal zum Tanzen und Twerken. Was für ein Energielevel! Der ehemaligen "Pfefferkörner"-Darstellerin steht eine glänzende Zukunft bevor.
Kontrastprogramm gibt es beim Headliner: den legendären Punkrockern von Rise Against. Trotz der harten Klänge bleibt es im Publikum friedlich, wenngleich die ersten Reihen um jeden Zentimeter kämpfen müssen. Besonders dann, als Sänger Tim Mcllrath während der ersten Songs auf die Barrier springt und sich dem Publikum stellt. Was für eine tolle Band! Sound und Licht sind ebenfalls hervorragend und garantieren, dass auch die hinteren Reihen Spaß an Hits wie "Make It Stop (September's Children)", "Give It All" oder "Savior" haben.
Abbrunzattissima vor vollem Haus
Das Highlight für jeden Italien-Fan sind natürlich Roy Bianco und die Abbrunzati Boys. Die Halbgötter des Italoschlagers liefern am frühen Abend den Auftritt des Tages und füllen den Platz vor der Hauptbühne bei strahlendem Sonnenschein, wie es an den vorherigen Tagen nur die Headliner schafften. Mit ihrem Nummer eins-Album "Kult" schrieben die Wahlitaliener nach 42 Jahren Bandbestehen noch einmal Geschichte und kredenzen unter dem tosenden Jubel der Tifosi neue Hymnen wie "Velocità" oder "Sophia Loren".
Besagte Tifosi sind, wie üblich, fein gekleidet und sehr textsicher. Zum obligatorischen Schlagerstrudel gesellt sich abermals eine Ruderfraktion, die bei "Bella Napoli" auch ordentlich Meter macht. Beim Grande Finale "Quanto Costa" explodieren Konfettikanonen, während sich Keyboarder Ralph Rubin über die Menge tragen lässt. Eine Band, die so viel Amore zu geben hat und ein volles Haus in eine Oase der Liebe und Rücksichtsnahme verwandelt, sollte verpflichtend für jedes Festival sein. Im Schlagerstrudel geht es um das gemeinsame Feiern und nicht darum, wer am schnellsten die Ellenbogen rausfährt - eine schöne und inklusive Erfahrung. Grazie, Ragazzi!
Mächtig Spaß mit Feine Sahne Fischfilet
Im Anschluss verwandelt sich der Strudel bei Feine Sahne Fischfilet zum Pogo. Die Rostocker Skapunker wirbeln das Infield ganz schön auf. Fast augenblicklich werden Rauchbomben gezündet, es wird hart gepogt, und Frontmann Monchi spritzt Bier in die Menge. Was für ein Spaß! Unzählige Becher fliegen, landen im Bühnengraben und Crowdsurfer gleich hinterher. Ein respektvolles, aber ruppiges Punkkonzert, wie es sein soll. Was sich einige Eltern allerdings dabei gedacht haben, ihre Kinder im Vorteenageralter hier in die erste Reihe mitzunehmen, bleibt unbegreiflich. Der normale Menschenverstand verbietet derlei, und auch der Veranstalter müsste eingreifen.
Deichkind machen den Sack zu
Deichkind machen um 21:30 den Sack dann endgültig zu: Die Hamburger beeindrucken mit einer ausgeklügelten Show, die neben dem Ritt auf einer überdimensionalen Chanel-Tasche, einen meterlangen Selfie-Stick, versteckte Botschaften ('Fuck AfD') auf Bürostühlen bei "Bück Dich Hoch" oder Publikumskontakt bei "Roll Das Fass Rein" beinhaltet. Das Publikum feiert ausgelassen alte Hits wie "Limit", "Bon Voyage" und "Arbeit Nervt" und bejubelt jeden neuen Kniff im Programm frenetisch. Zum großen Finale "Remmidemmi" kommt sogar noch ein Schlauchboot/Trampolin zum Einsatz. Ausgepowert und bester Laune verlassen die Besucher:innen das Festivalgelände.
Das war das Taubertal Festival 2024
Trotz einiger weniger Kritikpunkte hat das Taubertal Festival 2024 wieder sauber geliefert! Die Auswahl der Bands passte, das Publikum verhielt sich weitestgehend friedlich und wohlwollend. Die Getränke- und Essenspreise sind hier wirklich fair - im Vergleich zu anderen Festivals sogar noch günstig. Über die wundervolle Location muss man eh kein Wort mehr verlieren: Eine schönere Kulisse kann es nicht geben. Auch das Rahmenprogramm auf dem Zeltplatz hoch auf dem angrenzenden Berg wird immer spannender: Neben Karaoke gibt es sogar ein Bobbycar-Rennen. Das Taubertal Festival ist und bleibt Kulturgut. Bis 2025, liebes Zaubertal!
Fotos/Text: Désirée Pezzetta.
1 Kommentar mit 7 Antworten
Tolles Festival. Linksextreme Staatsfeinde unter sich, denen die große Bühne für ihre Propaganda bereitet wird. Nicht mit mir!
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Er hat gesagt, dass du dich benehmen sollst, molti. Er hatte dich noch höflich darum gebeten!
Der alte molten also…
Finde auch, Aki Bosse muss langsam mit dieser Frankfurt(Oder)-Propaganda aufhören.
Na, hoffentlich nicht mit dir, so kann man wenigstens drei Tage verbringen, ohne Nazifressen sehen zu müssen.
Als ich mich 2007 bei Laut.de registriert habe, gab es solche Pfeifen wie Bergmann noch nicht. Mit der Bildung geht es in manchen Teilen des Landes bergab.
richtig bruder ich denke auch das almanz werde immer dümmer mit jeden tag
aber gute ist jetzt kommen wieder viele brüder in land und machen inteligenter in durch schnitt