In der neuen Castingshow gaben die BossHoss-Sänger die Underdogs, während Naidoo sich als Gesangsprofessor inszenierte.

Berlin (sla) - "Nach 'The Voice Of Germany" können alle anderen Casting-Formate sich direkt abschaffen", behaupten die BossHoss-Frontmänner Sascha Vollmer und Alec Völkel vollmundig. Xavier Naidoo erwägt sogar, dass die Castingshow sich zum "größten Musikspektakel meines Lebens" entwickeln wird. "Die Ur-Mutter der deutschen Popmusik", Nena, sowie Reamonn-Sänger Rea Garvey komplettieren die prominente Jury des neuen ProSieben-Formats.

Jury sieht die Kandidaten nicht

Gestern Abend erlebte die brandneue Show mit dem ersten Teil der sogenannten Blind Auditions ihren Auftakt. In dieser ersten Runde treten deckungsgleich zu anderen Castingshows mehrere Kandidaten an, um die Jury mit bekannten Coversongs von sich zu überzeugen.

Der einzige und wesentliche Unterschied zu DSDS und Co.: Das Gremium sieht die Kandidaten vorerst nicht. Zudem wirken die Juroren als Coaches, die in den kommenden Runden jeweils einen Teil des Teilnehmerfeldes begleiten und trainieren werden.

Coaches stellen sich ihr Team zusammen

Die Coaches sitzen anfangs mit dem Rücken zur Bühne, um sich voll und ganz auf die stimmliche Leistung der Kandidaten zu konzentrieren und Äußerlichkeiten außen vor zu lassen. Klingt ein Bewerber besonders überzeugend, können die Fachleute jeweils auf ihren roten Buzzer hauen. Damit drehen sie ihren Sessel gen Bühne und erklären sich bereit, den Sänger bzw. die Sängerin in ihr Team aufzunehmen.

Bei besonders überzeugenden Leistungen kämpfen die Juroren also mitunter gegeneinander um die Talente und eröffnen damit einen zweiten Wettbewerb. Bei der Premiere machten die Coaches dabei mehr Theater als jede andere Casting-Jury, versuchten sich mit ironischen Seitenhieben auszuknocken und wirkten dabei leider völlig unauthentisch.

The BossHoss machen auf Underdogs, Naidoo auf Professor

Immerhin scheinen sich die Stars in ihrer jeweiligen Rolle durchaus wohlzufühlen. Die beiden BossHoss-Mitglieder geben sich neben den großen Popstars ganz bescheiden. "Wir sind so ein bisschen Underdog-mäßig. Aber wir haben auch was zu bieten."

Naidoo setzt sich dagegen eitel als Gesangsprofessor in Szene und hebt sich und sein ach so genaues Gehör ganz bewusst vom Rest der Jury ab. Für ausführliches Feedback und Fachwissen scheint im strengen ProSieben-Sendeplan dennoch kein Platz zu sein. So beschränken sich die kurzen Kommentare der Coaches meist auf Sätze wie: "Da können wir was draus machen, du hast eine einmalige Stimme. Komm in mein Team."

Hohle Phrasen und hoher Altersdurchschnitt

Auch die Kandidaten haben wenig Interessantes zu erzählen und setzen ebenfalls auf hohle Phrasen. "Ich bin mit Musik groß geworden. Als ich auf die Welt gekommen bin, hab ich nicht geweint. Ich habe gesungen, von Anfang an", erzählt Nina aus Oberhausen.

Für Verwunderung sorgten der hohe Altersdurchschnitt des Teilnehmerfeldes sowie der musikalische Hintergrund einiger Bewerber. Schließlich verfehlt es den Sinn einer Castingshow komplett, wenn die Jury einen 40-jährigen Dozent der Popakademie Mannheim oder eine Darstellerin des Musicals "Sister Act" gnadenlos abfeiert. Was wollen Nena oder The BossHoss diesen professionellen Sängern noch beibringen?

Als Ausgleich holte die Show Totalausfälle wie Sarah Keller aus Torn ins Boot. Schließlich dürfen in einer echten Talentshow auch Tränen der Enttäuschung nicht fehlen.

Auch "The Voice Of Germany" schielt auf das DSDS-Publikum

Die Hoffnung, dass sich "The Voice Of Germany" von anderen Talentshows abhebt, verfliegt schon nach kurzer Zeit. Schließlich bleibt die Tatsache, dass die Jury ihre Kandidaten nicht direkt zu Gesicht bekommt, auch für die meisten Teilnehmer scheinbar nur ein netter Nebenaspekt.

Die dramatische Aufmachung der Vorfilme geht genau wie die Moderation ganz deutlich in die DSDS-Richtung. Damit ist "The Voice Of Germany" für die selbe Zielgruppe ausgelegt wie alle anderen Castingformate und wirkt schon bei der Erstausstrahlung mehr als überflüssig.

Fotos

Xavier Naidoo, Nena und Co

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33 Kommentare

  • Vor 13 Jahren

    Ich wage mal zu behaupten, dass Deutschland generell zu wenig Interesse an Musik hat, um bei einer Castingshow den Fokus genau darauf zu legen. Sonst könnte man die Jurorencouch auch mit Fressen aus der AR-Abteilung und dem Gesangsstudiengang besetzen, die man vorher noch NIE im TV sah und trotzdem ansehnliche Quoten erzielen.
    Aber ohne Starkult auf der Jurybank läuft so was gar nicht erst an - und ohne persönliche Dramen der Kandidaten bleibts immer schleppend.

  • Vor 13 Jahren

    The Voice of Germany begeistert Millionen Zuschauer. Deshalb könnt ihr jetzt alles LIVE verfolgen unter http://voicegermany.tumblr.com

  • Vor 12 Jahren

    manchmal sollte man solchen shows einfach eine gewisse zeit geben und dann urteilen.
    bis auf die juroren einschätzung (xavier ist ja mal so distanziert und unherzlich) hat sich doch eigentlich alles anders herausgestellt, als es in der ersten show wirkte.
    die gesangsleistungen sind oft absolut hochwertig und genau dieses hohe level macht die castingshow besser als alle anderen.
    außerdem finde ich, dass sich sowohl jury als auch das format an sich als recht charismatisch herausgestellt hat.
    hatte zu beginn nicht vor es zu gucken, hab aber inwzischen auch angefange, weil die qualität der darbietungen im deutschen fernsehen einmalig ist!