laut.de-Kritik
Textlich hui, musikalisch pfui!
Review von Hannes Wesselkämper"'Herein' steht an der Falltür und 'Willkommen', sagt der Hai / es ist 'ne sonderbare Welt". Wahrhaftig durch die Falltür bugsiert uns Nils Koppruch in seine sonderbaren Songwriter-Welten. Da trifft sich der legendäre Tenor Enrico Caruso mit Schauspieler Spencer Tracy und wird vom Teufel mit der Gabel gejagt.
Der ehemalige Kopf von Fink bewegt sich dabei stets in der Schnittmenge von Melancholie und Humor mit einer Prise bürgerlichem Surrealismus. Folk Noir nannte man das ganze Mitte/Ende der Neunziger als die Hamburger Band die deutsche Popmusik retten sollte. Heute übernehmen das zwar andere Menschen, Koppruch macht aber weiterhin Musik. "Niemand hat's gewollt und doch kam's so wie es kam / und wenn ich nicht alleine wär', dann wär’s nicht so einsam."
Als Storyteller macht Nils Koppruch seine Arbeit sehr gut. Lose zusammenhängende Metaphern, die mit persönlichem Schicksal und großer Phantasie aufgeladen sind, bieten Momentbeschreibungen, denen man gern zuhört. Wie Bob Dylan singt Koppruch Geschehnissen aus Welten weit hinter den sieben Bergen. Aber welcher Songwriter kann sich schon ganz von Dylan abnabeln?
Die Dialektik von Schein und Sein ("Die Aussicht"), eine versagte Liebe ("Wort Im Wasser"), eine Stadt, die einen nicht loslässt ("Hamburger Berg"); alles das sind keine neuen Themen, doch Koppruch verpackt sie auf charmante Weise in Wörter, die sich selbst den nötigen Freiraum lassen.
Diesen Freiraum gibt er sich jedoch in musikalischer Hinsicht nicht. Immer wieder der gleiche Schunkelrhythmus und auch das Zupfen der Gitarre variiert kaum. Spannende Ergänzungen, die das vorgegebene Gefüge mit Banjo, Bläsern oder Streichern auflockern, gibt es selten.
Die Modi "traurig" oder "neutral" verbleiben sprichwörtlich in Stein gemeißelt. Gegen Ende des Albums relativiert sich dies etwas und doch stechen musikalisch nur wenige Lieder heraus, etwa das Instrumentalstück "Wien 91_5" oder ein zirkusartig anmutendes "Verrückt vor Liebe".
Uninspirierter folkiger Alternative-Country sieht sich gewitzten Texten gegenüber. Mehr Banjo, mehr Pomp, mehr Experimente – dann klappts auch mit dem Nachbarn.
2 Kommentare
Der Beste, den wir haben (neben Tom Liwa).
"Niemand hat's gewollt und doch kam's so wie es kam / und wenn ich nicht alleine wär', dann wär?s nicht so einsam."
das finde ich nach rein lyrischem gesichtspunkt ja eher zum abgewöhnen.
aber der mann hat es schon drauf, keine frage.
die kompositionen finde ich auch eher langweilig.
hatte mehr erhofft.