laut.de-Kritik

Hier ein bisserl High Energy, dort ein wenig Techno ...

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Die Flut der Veröffentlichungen, die ganz konsequent den mittlerweile allenthalben hoffähigen Electro mit anderen Genres, darunter gerne auch Pop, verbinden, schwappt nicht erst Anno 2009 über. Da sind die Weirdos vom Schlage MGMT oder Ratatat, die Elektro(pop) im Geiste des Krautrock betreiben und die Hippiedisko neu aufbauen. Die Pop-Profis, die uns ihre elektronischen Soundcollagen ganz locker flockig in den Charts unterjubeln (Madonna, Kylie, Britney), und eben die Schar der Elektroniker, die ganz allgemein ihre Liebe zur klassischen Songstruktur vermehrt zelebrieren.

In genau dieser songorientierten "Techno"-Ecke fuhrwerkt die Simian Mobile Disco nun schon seit einer ganzen Weile herum und hat sich dort auch eine ganz ansehnliche Reputation zusammengespielt. Der Opener "Cream Dream" klingt allerdings allzu sehr wie sein Titel - creamy, cheesy, würg. Kein sehr leckerer Start. Die folgende Singleauskoppelung "Audacity Of Huge" hingegen ist eine grundsolide 4 To The Floor-Nummer, die den großen Zeh schön ins Schunkeln bringt.

Mit "10000 Horses Can't Be Wrong" kommt dann einer von zwei vokalfreien Tracks (okayer Electrostomper), es folgt "Cruel Intentions" featuring Haute Couture-Darling Beth Ditto. Und damit der Beweis, dass das Konzept "Wir schnappen uns eine(n) externe(n) Sänger(in) und schreiben um diese Stimme herum mit elektronischen Klangerzeugern ein kleines Liedlein" ganz wunderbar funktionieren kann. Das ist wirklich tolle Popmusik, natürlich auch mit einer wirklich tollen Stimme. Und eigentlich gibt's auf "Temporary Pleasure" tatsächlich einige tolle Stimmen für ein tolles Album.

So gibt sich beispielsweise das weiße Technosoulwunderkind Jamie Lidell die Ehre, ebenso Alexis Taylor von Hot Chip und eben Yeasayer Chris Keating. Jedoch funktionieren die meisten Kolabos nicht ganz so blendend wie die mit Beth Ditto. Die Tracks sind zwar durch die Bank ganz ordentliche Soundleinwände, denen die Herren und Damen Sänger, ihre Stimmen gleichsam als Stimmpinsel gebrauchend, die Farbe auftragen. Doch am Ende steht meist hochwertige Gebrauchsgrafik, selten so richtig packende Kunst.

Die Manie, möglichst viele Vokalisten aufs Album zu packen, ist ja aus anderen Genres - vor allem Hip Hop - wohlbekannt. Hat man einen sehr homogenen Style am Leib, kann dies ja auch genau die Abwechslung sein, die ein Album braucht. Auf "Temporary Pleasure" verstärken die unterschiedlichen Stimmen jedoch eher den Eindruck eines etwas wahllosen Sammelsuriums an Styles und Stimmungen.

Hier ein bisserl High Energy, dort ein wenig Techno und zwischendrin eine Prise 80er mitreingerührt. So gesellen sich dann durchaus amtliche Beats neben geschmacklich eher zweifelhafte Zutaten wie das Gejaule und Plastikflächen in "Synthesise". So steht am Ende eine routiniert rausgeschraubte Platte, der die ganz großen Feger fehlen, die aber bis auf den schmierigen Anfangstrack auch keine echten Ausfälle zu verzeichnen hat.

Trackliste

  1. 1. Cream Dream (feat. Gruff Rhys)
  2. 2. Audacity of Huge (feat. Chris Keating)
  3. 3. 10000 Horses Can't Be Wrong
  4. 4. Cruel Intentions (feat. Beth Ditto)
  5. 5. Off The Map (feat. Jamie Lidell)
  6. 6. Synthesise
  7. 7. Bad Blood (feat. Alexis Taylor)
  8. 8. Turn Up The Dial (feat. Young Fathers)
  9. 9. Ambulance
  10. 10. Pinball (feat.Telepathe)

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