laut.de-Kritik
Göttliche Eingebungen, höllischer Flow.
Review von Dani Fromm"Try your best to stay in the light while enjoying my darkness. Don't let it suck you in." Gerechtfertigte Ratschläge, die Tech N9ne in seinen Danksagungen erteilt: "K.O.D." präsentiert sich finster as fuck.
Über die Stationen Zorn und Wahnsinn führt der Weg tief hinab ins Loch: "Low" gestattet intimere Einblicke in die Kluft zwischen Fassade und dem, das verborgen dahinter liegt, als ich sie seit Jahren gehört habe.
"I should be high 'cause my life is so rock'n'roll!" Das darf getrost so stehen bleiben. Keine Sau hat Tech N9ne wirklich auf dem Schirm, dabei musste er sich im letzten Jahr, was Ticketverkäufe in den USA betrifft, gerade einmal den Kollegen Jay-Z und Kanye West geschlagen geben.
Unermüdlich tourend erweiterte Tech N9ne seinen und den Einzugsbereich seines Labels nach dem Dominoprinzip. Wer einen Menschen erreicht, erreicht auch mehrere, eine Stadt, ein Land, die ganze Welt. "The Warning" erscheint durchaus berechtigt.
"He will change everything with one voice" - einer Stimme, die den ewigen Dualismus zwischen Gut und Böse zum Stilmittel erhebt: göttliche Eingebungen, höllischer Flow, kondensiert in wahrhaft "strange music".
Tech N9ne rappt mit selten vielschichtiger Präsenz. "The beast is evolving" - und das seit Jahren, Stillstand oder gar Rückschritt nicht in Sicht.
In "Show Me A God" hadert er mit persönlichen wie öffentlichen Missständen, mit der Krankheit seiner Mutter, den Zuständen in New Orleans nach Hurrikan Katrina. Statt sich lähmen zu lassen, entlädt sich der geballte Unmut - "Anger" - in einer gebrüllten Hookline.
"There's a demon inside of me. Can I kill it? Hell, NO!" Zum Glück nicht! Besessenheit ist Grundvoraussetzung, um derart mitreißend zu agieren. Technische Brillanz schadet dabei außerdem nicht. Ob Gesang, Geschrei oder Rap, vorwärts, rückwärts oder doubletime: Tech N9ne bleibt unberechenbar, unfassbar, nicht zu fassen.
Seine und die Stimmen seiner Mitstreiter entspringen wie die Schachtelteufel der "Strange Music Box", hinterlassen in einem Moment tiefe Scharten im Trommelfell ("B. Boy"), um wenig später in "Pinnochiho" zu flehen: "I just wanna be a normal boy."
Die Beteuerung "I'm a nice guy!" aus "Horns" wischen Tech N9ne, Prozak und King Gordy mit einem "Nice try!" gleich selbst vom Tisch. Tech N9ne kultiviert kranke Phantasien - "Madness" - mit sichtlichem Spaß an der Sache. Es klingt, als sei Stephen Kings Pennywise losgelassen.
Die Konsequenzen bleiben nicht aus: "What if these evil forces come to get you for all the bad shit you did?" Derlei Überlegungen führen - "The Hole" - in die dunkelsten Gefilde der allgegenwärtigen Finsternis.
In "Shadows On The Road" verleiht Tech N9ne seiner Stimme dann sogar eine bluesige Note. Michael 'Seven' Summers schiebt die Nummer mit einem groovenden Rhythmus vorwärts.
Die Beats hätten hier und da ein wenig mehr Wucht vertragen. Die Grundstimmung der aus Tech N9ne nur so sprudelnden Zeilen treffen sie vom heftigen Auftakt über diverse Skits bis hin zum letzten Shot, "The Martini", genauso perfekt wie das rundum großartige Artwork.
Die herrschende Düsternis zog allerdings offenbar noch nicht einmal am "king of darkness" spurlos vorüber: "I don't ever wanna do another totally dark album ever again if I can help it", so sein Fazit im Booklet. "Thanx for listening." Nicht doch! Ich hab' zu danken.
19 Kommentare
Endlich kam die Platte auch ma bei Dani an, bei mir spielt sie schon seit Monaten im Radio
4 gehen vollkommen o.k.
Endlich kommt mal eins seiner Alben nach Deutschland. Tech N9ne ist ein klasse Rapper mit einer unglaublichen Energie. Übrigens einer seiner Mitstreiter auf dem Album heist Prozak und nicht Prozac ^^
@bloodvslife (« Endlich kommt mal eins seiner Alben nach Deutschland »):
ironischerweise, wo, wenn ich mich nicht täusche, eines seiner ersten werke von deutschen produziert wurde...
guter junge
empfehlung: the calm before the storm (Looned and chopped by Dj Loon)
Danke für die Review!
Endlich ist Tech N9ne auch bei Laut de angekommen:)
Sympathischer Typ, kommt gut rüber im Mixery-Interview. Macht keinen auf dicke Hose, sondern antwortet ehrlich und wenig spektakulär. Bei den Fragen würden andere einem eine krude Story nach der anderen rein drücken.