laut.de-Kritik

Ich soll leiser machen? Erinner' mich in drei Tagen.

Review von

"I Need A Fresh Cappucino With A Mocha Twist!" Tatsache! Am besten eine ganze Thermoskanne voll – auf Ex. Mein lieber Herr Gesangsverein, wie zur Hölle konnte ich The Knux nur so komplett verpennen? Da kollidiert Outkast'sche ATLieness mit dem XL Neo-Boom Bap der Cool Kids. Und das wiederum mit dem Ultimate-Funk der Artifacts – und was mach' ich? Ich dreh' statt den Lautstärkeregler auf Anschlag sonstwo Däumchen.

Alter Schalter, das hier hebt nicht mal eben die Tür aus den Angeln, sondern ganze Wohnblocks aus der Infrastruktur. Und bei wem jetzt wegen "Block" schon wieder die Ghettoalarmglocken anspringen: Halt. The Knux sind explizit nicht Gangster. Zwar entstammen sie dem sozial schwachen Teil von New Orleans, in dem ihnen Katrina und die Wellen dann auch noch die Hood weggespült haben - aber soviel ungebändigten Spaß am regulären Leben hat in letzter Zeit niemand auf eine Platte gepresst.

Zu diesem Zweck kippen die beiden Brüder den Klassifizierungs-Sortierkasten über die Tanzfläche im Garage House Club, kehren mit dem Breakbeat-Besen alles weg, wo nicht Hip Hop, Soul oder zumindest R'n'B draufsteht, stöpseln anschließend eine Fifty-Fifty-Weiche zwischen E-Gitarre und Synthiesizer und unterlegen das schlussendlich partiell mit Bassläufen, die das Öl noch aus 50 Kilometer Tiefe geysirartig hochpumpen.

Rah Almillio und Krispy Kream klingen dabei trotz Debüt in jeglichen verbalen Aggregatszuständen wie alte und perfekt abgestimmte Hasen: Ob sie nun im oldschoolig verschleppten "F!re" zurückgelehnt die Beats einstauben, mit dem Kalorienverbrenner "The Train" im Stil der Dungeon Family zur Akkord-Tanzarbeit auffordern oder mit "Hush" auf dem Weg zum Orgasmus nicht nur das Cabriodach sondern gleich auch noch den wolkenverhangenen Himmel mit aufreißen: So märchenhaft, wie hier Silben und Beats Hand in Hand gehen, haben das einst nur Hänsel und Gretel hinbekommen.

Den Grundstein dessen, was als Stadion-Rap in die Geschichte eingehen wird, kann man wiederum als Diss um Drei Ecken verstehen: So mitreißend wie "Roxxanne" Stings oller Bordsteinschwalbe mit hallender Stromklampfe und tektonisch bedenklichem Bassdesign das Doppel-X-Chromosom um die Ohren haut, das lässt die Polizei schon mächtig doof da stehen.

All das führt erst einmal zu Verortungsproblemen bei den kataloggeilen Genre-Buchhaltern: 'Garage Hop' nennen sie es deswegen. Fünf Punkte mit Stern-Debüt nenne ich das. Vor allem, wenn man sich vor Augen hält, dass die Produzenten und MCs in Personalunion diese mal genick-, mal hüftverschleißenden und im nächsten Moment wieder sphärisch walzenden 64 Minuten in den eigenen vier Wänden zusammengeschraubt haben. Weil dort auch die eigene Kreativität zu Hause ist, wie sie sagen. Insofern ist der Garagen-Vergleich so falsch wieder nicht, denn hier waren bis aufs Blut talentierte D.I.Y.-Handwerker zugange.

"Remind Me In 3 Days ...", das sind 16 Tracks und ein Interlude, bei denen einem die Liebe zum Detail vom 10-Meter-Brett mit dem Arsch ins Gesicht springt. In Zeiten, in denen andere unter millionenschwerem Promohype zwölf uninspirierte Nummern inklusive vier lahmer Skits als Premium-Package plus Sticker verscherbeln, wundert es dann auch nicht, dass man manches Mal die Perlen vor lauter Säuen nicht sieht.

Trackliste

  1. 1. The List
  2. 2. F!re (Put It In The Air)
  3. 3. Bang! Bang!
  4. 4. Cappuccino
  5. 5. Roxxanne
  6. 6. Daddy's Little Girl
  7. 7. The Train
  8. 8. Shine Again
  9. 9. Life In A Cage (Electric)
  10. 10. Pea Knuckle Skit
  11. 11. Powder Room
  12. 12. Parking Lot
  13. 13. Hush
  14. 14. Wake The Fuck Up
  15. 15. Playboys
  16. 16. The True
  17. 17. Lights Camera Action

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