laut.de-Kritik

Die Erbärmlichkeit von Politik und Wirtschaft.

Review von

Die Kinderstimme zu Beginn gibt die Richtung vor: "We make a lot of noise ..." plappert sie und behält bis zum Ende Recht. Auch der neueste Streich der Kanadier ist viel Lärm. Guter Lärm wohlgemerkt, voller Melodien, Soundwänden, fetten Gitarren, Chorgesang, Geräuschen, vertrackten Rhythmen und gerade mal sechs Songs in 50 Minuten.

In den vergangenen Jahren änderte sich mal wieder die Besetzung des Orchesters wieder: Übrig geblieben sind ein klassisches Rock-Trio und zwei Geigen. Das merkt man: Die Songs auf "Fuck Off Get Free We Pour Light On Everything" sind wesentlich rockiger als auf den Vorgängeralben. Knochig und kernig rasseln die Gitarren über dem groovenden E-Bass und den stampfenden Drums.

Gleich im Opener gehts zur Sache. Im 3/4-Takt wütet die Band los, lässt die verzerrten Gitarren durch die Gehörgänge wabern, während die Drums einfach nicht bei einem Thema bleiben können und immer wieder Beat und Rhythmus wechseln. Dann ein Break, schwermütig stampfen Bass und Schlagzeug. Fast schon im Doom angekommen schleppt sich der Song dem Ende entgegen. Wären da nicht die Geigen, die dem Ganzen etwas Erhabenes verleihen, die Band vorantreiben und anheizen.

"Austerity Blues" beginnt ruhiger, sphärischer, steigert sich sehr langsam, wird erst tight rockig und ufert dann immer wieder in Feedbackgezerre aus. Dazwischen prangert Efrim Menuck Gier, Ungerechtigkeit und die Erbärmlichkeit in Politik und Wirtschaft an: "Thieves and liars rule everything we know / And thieves and liars rule everything that grows".

Letztendlich hat er nur noch einen Wunsch, den er mit seiner Band gemeinsam herausschreit: "Lord, let my son live long enough to see that mountain torn down". Dieser Satz wird so oft gebrüllt, gejammert, gesungen und geflüstert, dass im Booklet nur noch "etc." steht.

Ähnlich werden die restlichen Songs aufgebaut, zerlegt, neu geordnet, völlig verworfen und wieder neu gedacht. Dass das nicht langweilig oder vorhersehbar wird, liegt nicht zuletzt daran, dass Thee Silver Mt. auf gängige Postrock-Themen und Laut-Leise-Schemata fast gänzlich verzichten.

Vielmehr jonglieren sie mit den verschiedenen Spielarten des Rock, lassen tolle, manchmal auch sehr scheppse, Melodien entstehen, die sie dann wieder auseinander- und sich dann jeden Ton einzeln vornehmen. Das klappt besonders großartig im treibenden "Take Away These Early Graves", dass über sechs Minuten aufs Gaspedal drückt und die Violinen nach vorne drängt.

Und dann kommt ein Song wie "Little Ones Run" daher. Mit Kontrabass, Klavier und Frauengesang ist er der Ruhepol nach diesem Noise-Gewitter. Die ruhige Stimmung setzt sich erst mal in "What We Loved Was Not Enough" fort. Efrim Menuck jammert und schluchzt. Trotz seiner elf Minuten lässt dieser Song noch am ehesten so banale Sachen wie Struktur erkennen: Es gibt Vers, Refrain und Solo. Letzteres ist völlig verzerrt und fusselig, baut sich aber schön auf, und verarbeitet eine fast schon eingängige Melodie.

Sphärisch, mit einzelnen Klaviernoten, sanften Tom-Schlägen und einer groovenden Bassline verabschiedet sich die Band im letzten Track. Ein gutes Ende. Lässt einen versöhnlich zurück und von der aufwühlenden ersten Hälfte des Albums runterkommen. Richtig entspannt ist man freilich nicht, zu eindringlich wirken Efrims letzte Zeilen nach: "There's kids that are dead / that ought to be living / and rains thru the roof / at the grande ballroom / hold on / hold on / don't ever be done / hold on / hold on".

Trackliste

  1. 1. Fuck Off Get Free
  2. 2. Austerity Blues
  3. 3. Take Away These Early Grave Blues
  4. 4. Little Ones Run
  5. 5. What We Loved Was Not Enough
  6. 6. Rains Thru The Roof At Thee Grande Ballroom

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