laut.de-Kritik

Ein schöner Re-Release längst vergriffener Referenzwerke.

Review von

Nature And Organisation ist ein Projekt Michael Cashmores, jenem einflussreichen Soundguru, der seit langem die Musik von Current 93 entscheidend prägt und sich gerne mal edle Kollabo-Gäste wie Antony Hegarty oder Marc Almond ins Haus holt. "Snow Leopard Messiah" ist die liebevolle Wiederveröffentlichung seiner längst vergriffenen Referenzwerke "Beauty Reaps The blood Of Solitude" und "Death In A Snow Leopard Winter".

Das wurde auch Zeit. Denn fernab von Mainstream-Darkwave und trendy Bügelbrett-Goth sind beide Platten musikhistorische Eckpfeiler avantgardistisch gehobenen Dunkelheimertums. Klischees gibt es hier nicht. Dafür macht Cashmore jedem Versuch etwaiger Schubladisierung einen verdienten Strich durch die Rechnung. Viele nennen es Post-Industrial, andere halten es für Apocalyptic Folk. Dritte stempeln es zu Neo-Klassik. Sie alle haben in Teilen recht und irren sich dabei gewaltig.

Denn Cashmores künstlerischer Ausdruck ist komplex. Er schnappt sich gegensätzliche Klangfarben von einer breiten Palette und setzt sie bewusst in ein ästhetisches Verhältnis zueinander. So entstehen Kontrast und Ergänzung, Widerstreit und Harmonie. Alle Nuancen stehen ganz selbstverständlich nebeneinander und verschmelzen sodann. Das Ergebnis ist ein vielschichtiges Gesamtkunstwerk voll intimer Sanftmut und etwas extrovertiertem Getöse.

Beide Platten sind recht unterschiedlich und reflektieren den musikalischen Schwerpunkt Cashmores aus ihrer Zeit heraus recht deutlich. Die "Beauty"-Scheibe ist ein gefundenes Fressen für jeden Current 93-Freund in deren Neofolk-Phase. Sie ist eine ideale Ergänzung der zu jener Zeit entstandenen wundervollen Trilogie "Thunder Perfect Mind"/"Of Ruine Or Some Blazing Stare"/"All The Pretty Little Horses".

Passenderweise sind all jene Cashmore-Gefährten mit an Bord. David Tibet schreibt und rezitiert die meisten Lyrics, Chanteuse Rose MacDowell gibt ihren stimmlichen Waldfee-Charme hinzu. Auch Death In Junes Douglas P schaut kurz vorbei und steuert mit "My Black Diary" ein finster gedimmtes Schwarzlicht bei. Echter Höhepunkt markiert das hier erstmals gebrachte "To You", eine wundervolle Jacques Brel-Interpretation, die Steven Harry Mason anrührend singt.

Die "Snow Leopard"-CD zeigt einen ganz und gar anderen Cashmore. Der englische Wahlberliner entdeckte zusammen mit Tibet bereits zeitgleich Klassik und Piano für den Current 93-Meilenstein "Soft Black Stars". Diesen Faden nimmt er hier auf und serviert zwölf meist introvertierte Perlen fließender Melancholie. Obwohl manch ein Track mitunter recht skizzenhaft wirkt, entspinnt sich Cashmores Magie unaufhaltsam. Die ideale Zerstreuung für winterliche Stunden nach Sonnenuntergang.

So erweist sich der "Snow Leopard Messiah" als zeitloser Volltreffer für Romantiker und Avantgardisten gleichermaßen.

Trackliste

  1. 1. Introduction
  2. 2. Wicker Man Song
  3. 3. Blood Of Solitude I
  4. 4. Bloodstreamruns
  5. 5. My Black Diary
  6. 6. Tears For An Eastern Girlei
  7. 7. Beauty Destroyed
  8. 8. Skeletontonguedworld
  9. 9. Obsession Flowers As Torture
  10. 10. Blood Of Solitude II
  11. 11. Bonewhiteglory
  12. 12. A Dozen Winters Of Loneliness
  13. 13. To You
  14. 14. Death In A Snow Leopard Winter [Part 1]
  15. 15. Death In A Snow Leopard Winter [Part 2]
  16. 16. Death In A Snow Leopard Winter [Part 3]
  17. 17. Death In A Snow Leopard Winter [Part 4]
  18. 18. Death In A Snow Leopard Winter [Part 5]
  19. 19. Death In A Snow Leopard Winter [Part 6]
  20. 20. Death In A Snow Leopard Winter [Part 7]
  21. 21. Death In A Snow Leopard Winter [Part 8]
  22. 22. Death In A Snow Leopard Winter [Part 9]
  23. 23. Death In A Snow Leopard Winter [Part 10]
  24. 24. Death In A Snow Leopard Winter [Part 11]
  25. 25. Death In A Snow Leopard Winter [Part 12]

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