laut.de-Kritik

Gute Musik, komisches Kostüm.

Review von

In der letzten Woche habe ich wahrscheinlich mehr über 2lade nachgedacht als die meisten anderen Menschen. Nach einem viralen Hit in "Superman" und einem Xatar-Cosign hat sich der Mann mit der Sonnenbrille als solider B-Lister der hippen, jungen Rapper etabliert – aber gleichzeitig wirkt es auch nicht so, als gebe es da draußen so richtige 2lade-Ultras. Und mir ging es ähnlich: Irgendwie ist der schon cool, aber so richtig fesselten mich bisher weder seine ... bizarr opulenten Musikvideos noch sein erstes noch dieses Album so richtig. Deswegen diese verzögerte Review mit der Diagnose: Eigentlich rappt der geil. Nur das Image von diesem Atzen ergibt hinten und vorne überhaupt keinen Sinn.

Also, erstmal: Er gibt sich wirklich alle Mühe sich visuell und stilistisch wiedererkennbar zu machen. Er hat sich danach benannt, dass er konstant diesen Blade-Look rockt, deswegen heißt sein erstes Album auch "Mann Mit Der Brille" und seine Videos fahren öfter diesen abgefahrenen Sci-Fi-Look. Auch auf dieser Platte gibt es halbherzige Anknüpfungspunkten, in denen er sich als Vampir stilisiert. Aber hinter der Sonnenbrille und der Präsentation als Cyberpunk-Vampir steckt dann halt musikalisch wie inhaltlich nur ein ziemlich normaler Typ, der gerne Amirap hört:

"Go Time", dieses neue Album, macht das indes ziemlich gut. Vielleicht hätte ich damit schneller eine Verbindung aufbauen können, wenn sein Image nicht in alle möglichen Richtungen deutend so täte, als würde hier etwas Interessantes passieren, das es gar nicht gibt. Zum Beispiel moniert er auf "Wir Machen Das" eine Freundin, die ihn kennt, aber nicht Wesley Snipes; wie würde sie ohne den vielseitigen Schauspieler auch Lines wie "Klassenfahrt immer mit Jibbit, das mein natural habitat" oder "Shawty ist süß wie Sirup" nachvollziehen? Der doppelte Boden hinter seiner Kunstfigur ist bestenfalls ein eineinviertelfacher Boden.

Das aus dem Weg finden sich auf diesem Tape eine Menge richtig gute Beats. Besagter Song "Wir Machen Das" hat diesen geilen Roadman-Groove gegen ein blechiges Saxophon-Sample, das klingt, als würde spätnachts jemand in der Gosse super-atmosphärisches Zeug auf einem spottbilligen Instrument spielen. "Aha" rockt arabische Percussions und macht einen smoothen Song daraus, der Intro "Krach" holt Jersey Club, auf "125er – Yang" kanalisiert er die unwiderstehlichen Beach Party-Vibes eines Pharrell Williams.

Dieses Album ist also musikalisch extrem vielseitig, und trotzdem bleibt 2lade in Sachen Flow gleichzeitig unverkennbar er selbst, weil er eine fantastische Rapperstimme und extrem viel Funk mitbringt, sich aber trotzdem genau richtig anpasst. Die Variation lässt die halbe Stunde entsprechend kurzweilig vergehen, auch ohne dass 2lade textlich Bäume ausreißen müsste. Das wäre die andere Seite der Kritik am Anfang: Es wäre ja das eine, wenn er hinter der ausgefallenen Fassade eine andere Persona hätte, die einfach schlecht repräsentiert wäre. Leider findet sich neben der geilen stimmlichen Präsenz ein textlich sehr generischer MC.

Natürlich muss der Junge kein Lupe Fiasco sein, aber was doch auffällt, ist dass er schon sehr genau die selben Phrasen drischt wie seine Zeitgenoss*innen. Shawty macht dies, Shawty macht das, seine Texte sagen halt Sachen, die man auf dieser Art Beat erwarten würde. In Kombination damit, dass er so oft darauf verweist, dass er dieser Vampir-Atze sei und hier und da Beats wie "Sie Will Tanzen" oder "Krach" wirklich auf diesen Angle einsteigen, wirkt es doppelt so affig, dass er dann auf cineastischen Action-Suspense-Sounds nicht anderes zu sagen weiß als: "when the beat drop, she drop low / murder she wrote / fuck the popo" oder "verteil Tritte / spuck auf Deutschrap, weil ich mies spitte".

Dieser Kerl verwirrt mich. Es ist so, als wolle er einfach nur generischen, aber richtig gut umgesetzten internationalen Rap auf deutsch bringen und am liebsten einfach nur davon leben, dass sein Flow übel geil ist. Aber gleichzeitig scheint er irgendwie doch unsicher damit zu sein, dass seine Texte blass und nicht der Rede wert rüberkommen, weswegen er sich diesen ganzen Unfug mit dem pompösen Blade-Image und all den Gimmicks ausgedacht hat. Diese beiden Elemente passen nur leider nicht zusammen, da entsteht weder Mystik noch Mehrwert daraus, dass er einen RapCaviar-Gedenk-Sound in ein Blade-Kostüm gesteckt hat. Es macht es nur schwerer, sich auf sein eigentlich massives Talent zu konzentrieren.

Trackliste

  1. 1. Krach
  2. 2. 125er - Yin
  3. 3. 125er - Yang
  4. 4. Wir Machen Das
  5. 5. Mary Jane (feat. Coops)
  6. 6. Mehr
  7. 7. Schwarz / Weiß
  8. 8. MoMoneyMoProblems
  9. 9. Me Against The World (feat. Robin Rozay & OG Keemo)
  10. 10. Sie Will Tanzen (feat. Oosha)
  11. 11. Blady Baby (feat. OGT)
  12. 12. Aha
  13. 13. Yenko
  14. 14. Yeah

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