laut.de-Kritik

Erschaffen, um wieder zu zerstören.

Review von

Filmmusik war gestern. Dort tummeln sich größtenteils bräsiger Orchesterwahn oder zusammengestückelte Single-Hits. Wenn man sich heute mit ausgefallenen Konzepten ins kollektive Gedächtnis fräsen möchte, gelingt dies über Videospiele.

Das Independent-Entwicklerstudio Hello Games schätzt die Zeit, um das Spielziel von "No Man's Land" zu erreichen, auf zirka 40 Stunden. Während der ganzen Dauer sorgt der 65daysofstatic-Soundtrack für die Atmosphäre in den bereits auf den ersten Blick atemberaubenden, kunterbunten Welten des Games.

Inwieweit sich nun "No Man's Sky: Music For An Infinite Universe" und Spiel ergänzen, lässt sich von mir noch nicht abschließend sagen. Das Action-Adventure erscheint erst in den nächsten Tagen, zudem fehlt mir als Nintendo-Fanboy die passende Konsole. Vielleicht wäre nun aber der Zeitpunkt, eine Playstation 4 zuzüglich des Open-World-Abenteuers zu erwerben und zu versuchen, diese als Recherchematerial von der Steuer abzusetzen. Trailer, Bilder und Musik machen mich zumindest vorab ganz wuschig.

Aber auch ohne den direkten Bezug gelingt 65daysofstatic ein von der ersten Minute des sich zögerlich aufbauenden "Monolith" an ein fesselndes Post-Rock-Album mit Elementen aus Math Rock und Electronica. Auf zwei CDs wechseln sich atmosphärische Klänge, Gitarrenwände und mitleidloser Lärm ab. "Wir hatten wirklich einen großen Spaß daran, die von uns geschaffenen Dinge zu zerstören und zu ruinieren", erklärte Joe Shrewsbury in einem Interview mit The Verge.

Die erste Hälfte besteht aus zehn Instrumental-Tracks, deren Ästhetik noch zaghaft an "Wild Light" erinnert. In der zweiten brechen mit sechs Soundscapes endgültig die Dämme. Dabei war es der Band auf ihrem zweiten Soundtrack nach "Silent Running" wichtig, dass das Spiel in ihren Gedanken nicht im Mittelpunkt stand, sondern sie die Aufnahmen einfach als Arbeit an einem weiteren 65daysofstatic-Album ansahen.

Das gewaltige "Departure/Shortwave/Noisetest" durchlebt innerhalb seiner zwölf Minuten mehrere Metamorphosen, vom abweisenden Brummen düsterer Drone-Töne über einsame Klavierakkorde hin zu lauthals schreiender Elektronik. Am Ende bleibt nur noch wummernder Krawall. "Escape Velocity" entwickelt sich rund um eine in sich versunkene Piano-Melodie. Langsam und zärtlich baut sich mehr Dynamik auf, bis ein Dröhnen beginnt, die ganze Weite des Raums für sich einzufordern. Nur, um am Ende das Grundthema wieder sich selbst zu überlassen. Ein zweites Mal auf sich alleine gestellt, klingt es nun noch einsamer als zuvor.

Diese Kontraste ziehen sich durch den kompletten Longplayer. Die Stimmung kippt mehrfach abrupt. Das euphorische "Supermoon" lässt den Zuhörer dank seiner grazilen Gitarrenlinien, dem voran preschenden Schlagzeug, den ausschweifenden Synthesizern und dem entrückten Chor mit offenen Mund an Planeten vorbeirasen. Man freut sich bereits auf das Erkunden ferner Himmelskörper, das Kennenlernen fremder Wesen. Das elektronische "Blueprint For A Slow Machine" schichtet eine mächtige Ebene über die nächste, um gleich mehrfach in sich zusammenzubrechen. Es schreckt ab, um im nächsten Moment zu umgarnen.

65daysofstatic brauchen gar nicht die von Programmierern kreierte Umgebung, um eine eigene Welt heraufzubeschwören. Dieses Kunststück schaffen die Engländer mit "No Man's Sky: Music For An Infinite Universe" ganz alleine.

Trackliste

CD 1

  1. 1. Monolith
  2. 2. Supermoon
  3. 3. Asimov
  4. 4. Heliosphere
  5. 5. Blueprint For A Slow Machine
  6. 6. Pillars Of Frost
  7. 7. Escape Velocity
  8. 8. Red Parallax
  9. 9. Hypersleep
  10. 10. End Of The World Sun

CD 2

  1. 1. NMS_exteriorAtmos1/False Suns
  2. 2. Tomorrow/Lull/Celestial Feedback
  3. 3. Departure/Shortwave/Noisetest
  4. 4. TemporalDissent/Ascension_test1/Koaecax
  5. 5. Borealis/Contrastellar
  6. 6. Outlier/Eotws_Variation1

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LAUT.DE-PORTRÄT 65daysofstatic

"Wir wollen aus einer eher unzugänglichen Alternative-Position heraus zugängliche Musik erschaffen", erklärt 65dos-Gründungsmitglied Paul Wolinski.

8 Kommentare mit 18 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    Ist in diesem Fall ne äußerst interessante Verbindung von Spiel und Musik. Titel ist seit Ewigkeiten vorbestellt und kommt übermorgen, ob ich mir das Album hole (auch mich hatten sie seit der Zuwendung zum "Electro" bissl abgehängt), seh ich dann wenn ich die NMS-Mainquest durch habe.

    Erfahrungsgemäß geht sowas eher bei kurzen und knackigen Action-Titeln gut... Bei RPGs oder Spielen mit außergewöhnlich hohem Explorer-Anteil reichen oft nicht mal 20 Stunden reiner Score aus, um mich gegen Ende hin aufgrund der Wiederholungsrate nicht vollends durchdrehen zu lassen. Wenn ich in No Man's Sky nur die Hälfte der Zeit verbringe, die ich sonst durchschnittlich in einen Bethesda/Bioware (o.ä.)-Titel stecke, dann werde ich mir die Discversion nicht zulegen müssen...

    • Vor 7 Jahren

      Hast du Mass Effect gezockt?

    • Vor 7 Jahren

      Pure Liebe. Ein vierter Teil ist für erstes Quartal 2017 angepeilt. Allein der Gedanke macht mich ganz wuschig.

    • Vor 7 Jahren

      @tooli
      Ursprünglich sollte No Man's Sky mir persönlich als Überbrückung bis zum Release von Andromeda dienen (bevor mich die Trailer voll angefixt hatten).
      Einige Stücke aus der Reihe funktionieren auch heute noch mit und ohne Spiel. Das "Main-Theme" sowie das "Citadel Theme" von Teil 1 oder große Teile des Soundtracks von ME3, der i.ü. von Clint Mansell (Pop will it itself; u.a. Requiem for a dream OST!!!) stammt, gehen mir noch immer gut rein.

      Gemessen an "Atomic" hätte ich es in dieser Zeit, in der die Verbindung aus Spielproduktion mit etablierten Musikern immer häufiger wird, auch toll gefunden, wenn EA/Bioware für die Musik von Andromeda bei Mogwei who XD angefragt hätten. Auch wenn das z.T. echt übel in die Hose gehen kann - ein frühes Negativbeispiel aus dem Bereich ist für mich Billy Howerdel (A Perfect Circle) mit seinem Beitrag für den 3. Teil von Naughty Dogs "Jak & Daxter" auf der Playstation 2...

    • Vor 7 Jahren

      Habt ihr Super Paper Mario gespielt. Das war voll schick.

    • Vor 7 Jahren

      . wegnehm und ? nachreich.

    • Vor 7 Jahren

      @souli

      berichte auf jdf mal (oder auch gern andere), wenn du es ein paar tage gespielt hast.bin bisher noch unschlüssig, ob ich mir das teil zulegen soll.

    • Vor 7 Jahren

      Ich bin ja ehrlich immer wieder erstaunt darüber, wie intensiv du dich mit einigen Themen auseinandersetzt ;)
      Über die Story und das Gameplay und einzelne Classbuilds in ME könnte ich mich stundenlang unterhalten, über den Soundtrack eigentlich kaum, weil ich auch meistens eigene Musik zum Zocken höre, bei ME spätestens nach dem ersten Durchlauf. Das letzte Mal als ich den 3er gespielt hab' ging es mir auch extrem auf den Sack, dass die Musik immer so plötzlich an- und wieder abklingt, sobald der erste Gegner spawned und der letzte fällt, besonders atmosphärisch fande ich das dann nicht.

    • Vor 7 Jahren

      Hat jetzt eigentlich einer von euch No Man's Sky gezockt? Ich muss gestehen, dass ich - wie die meisten anderen Meinungen, die ich zum Spiel gelesen hab - eher enttäuscht bin. Nach ner gewissem Zeit wird es einfach enorm reizlos, da abwechslungsarm. Mich hälts dadurch nicht wirklich bei der Stange, sodass ich nach etwa 40-50h aufgegeben hab.

    • Vor 7 Jahren

      Ganz ehrlich? Dito.

      MMn besser, als der gesammelte Hass aus dem Internet suggeriert - aber nach gut 50 Stunden ist der Ofen aus, da alles so oder so ähnlich bereits gesehen/getan wurde. Hab gerade nicht mal Bock, einen der beiden "Hauptmissionsstränge" zu Ende zu spielen, einfach weil das Pacing so unverschämt lahm und in die Länge gezogen ist, dass ich noch seeehr viele Ressourcen abbauen müsste, um die Mitte des Universums zu erreichen. Waffen-/Suit-/Schiffupgrades hab ich so ziemlich alles gesehen oder zumindest aktuell alles verbaut, was mir was nützt.
      Oh, und diese "klar kannst du ein großes Schiff haben - Zahl 20.000.000 Credits oder such alternativ 100-200 Planeten nach Funksignalen ab, um mit einer Quote von unter 50% bei jedem 2. der Planeten ein abgestürztes Schiff zu finden, was einen Platz mehr hat als dein altes - den gesamten Weg von 15 - 48 Plätze"-Nummerr finde ich, positiv ausgedrückt, ebenfalls sehr ermüdend und soll wohl fehlende Spielinhalte kaschieren...

      Langfristig 2,5 - 3/5. Viel Potential - aber nur wenig davon ausgespielt.

    • Vor 7 Jahren

      Ach, und der 65DOS-Soundtrack ist den Kauf ebenfalls nicht Wert, imho. Hatte mir bereits vor der 20. Spielstunde was eigenes mit Nicholas Jaar, Camera und ähnlichen Verdächtigen zusammengebastelt.

    • Vor 7 Jahren

      Das grade finde ich so unglaublich ärgerlich. Man merkt halt echt, das viel Potenzial aus der Hand gegeben wurde, einfach weil das sammeln und erkunden so extrem eintönig/ermüdend ist. Liegt halt daran, dass man eine riesige Spielwelt hat, in der einfach wenig bis nichts passiert. Aber mit Blood and Wine, Dishonoured 2, Watch Dogs 2, Mafia III, dem ganzen Telltale-Zeug und Far Habour hab ich noch genug zu tun, bzw. kommt noch genug nach.

    • Vor 7 Jahren

      Oder halt nochmal Ip Man Eins bis Drei schauen.

    • Vor 7 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.

  • Vor 7 Jahren

    Das Game ist vorbestellt...nur noch 3,5 Tage (PC Version), kaum abwarten können. Übrigens Sven das werden 100 Stunden Spielzeit sein, nur ein Trick mit einer Ressource verkürzt die Spielzeit stark und Hello Games hat schon einen Day One Patch fertig.

    Und es ist schon eine Menge Videomaterial raus, finde schon das man da Rückschlüsse auf Spiel und Musik raus ziehen kann.

    Übrigens plane ich in den nächsten Tage Monsterhunter Teil 2 raus zu bringen auf meinem Blog, dann hast auch wieder Futter für deinen Gameboy. :P

  • Vor 7 Jahren

    Ich verbitte mir diese schamlose PS4-Werbung

    Xbox rulez :lol: ;)