laut.de-Kritik
Weg mit dem Keyboard, her mit der Gitarre.
Review von Florian SchadeDie wirklich kreative Schaffensphase im Leben eines Künstlers währt meist nur eine überschaubare Zeitspanne. Was zuvor und danach folgt, ist oft nur ein Abklatsch dieser Höchstleistungen. Bezogen auf A-ha hatte Cheftonschöpfer Paule Waaktaar seine beste Zeit in den Jahren 1983 bis 1993. Danach folgte der angestrengte Versuch, mit seiner Band Savoy die Songperlen einzuspielen, die bei A-ha nicht funktionierten. Er scheiterte.
Ihm gegenüber steht Magne Furuholmen, der sich in A-has sechsjähriger Kunstpause einen Namen als bildender Künstler machte. War er zuvor scheinbar nur Mitläufer gewesen, blühte er plötzlich auf, agitierte, produzierte, kreierte. Die neu erwachte Kreativität konnte er mühelos auf seine Musik übertragen, schrieb mehr und mehr Songs für A-ha und veröffentlichte vor einem Jahr ein von der europäischen Presse wenig beachtetes, aber um so spannenderes Soloalbum - "Past Perfect Future Tense". So stehen sich nun zwei Songwriter auf Augenhöhe gegenüber. Der bereits auf "Lifelines" entbrannte Komponistenkampf geht in die zweite Runde und birgt hervorragende Resultate für beide Seiten.
Exemplarisch für Waaktaar steht mit "Over The Tree Tops" ein Akkustik-Pop-Song mit Beatles-Anleihen, der seine Schönheit erst nach mehrmaligem Hören entfaltet. Furuholmens Meisterwerk hört auf den Namen "A Fine Blue Line" und lebt neben der herrlich melancholischen Melodieführung vom gekonnten Zusammenspiel elektronischer Frickeleien mit echten Streichern.
"Analogue" kommt organischer, akustischer und kompakter daher als die letzten Studioproduktionen. Zwar gibt es auch hier überproduzierte Stücke, bei denen etwas weniger mehr gewesen wäre ("Holy Ground"), insgesamt ergibt sich aber ein reifes, stimmiges Bild, das durchaus Überraschungen birgt.
Die Krach-Orgie am Ende von "Make It Soon" etwa wirkt wie eine Erlösung, die man von keinem A-ha Song erwarten würde. Und der zweite Teil von "Halfway Through The Tour", der vermutlich vorbeiziehende Landschaften im Tourbus vertonen soll, gibt dem gleichfalls beatleesquen Song mit seiner Twin Peaks-Stimmung eine unvermutete Richtung. Schön auch der Schluss: Bei "Summers Of Our Youth" darf der nicht gerade als Vokalakrobat bekannte Furuholmen ans Mikro, und siehe da - auch das funktioniert als erholsamer Kontrapunkt zu Harket sehr gut.
Der Titelsong "Analogue" - eine Waaktaar-Schöpfung - wird mit seinem Pathos-Refrain wohl der lang ersehnte neue Livehit werden, und man fragt sich, warum nicht dieser catchy Track als erste Single gewählt wurde. Denn das aus dem Radio bekannte und von Furuholmen geschriebene "Celice" - so viel ist sicher - ist einer der schwächsten Songs auf einem sehr guten Album. Das Tauziehen der Tondichter kann also weitergehen.
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