laut.de-Kritik

Die Überväter des Nordland-Pop legen nach.

Review von

Vor zwei Jahren sorgten die Überväter des Nordland Pop mit ihrem Comeback für Erstaunen. Nun legen sie mit "Lifelines" nach und beweisen, dass sie auch 18 Jahre nach "Take On Me" zu den absoluten Top-Acts in Europa gehören.

Stand bei Minor Earth Major Sky die überladene Produktion im Mittelpunkt der Kritik, die auch von der Band selbst geteilt wurde, durfte sich nun eine ganze Armada von Produzenten über das neue Material hermachen. In sechs Studios probierten sich sieben Produzenten an den insgesamt 15 Stücken, die zusammen ein A-ha Album ergeben, das vor allem von Kontrasten im Songwriting bestimmt wird. Paul Waaktaar-Savoy, musikalischer Kopf der Band und bisher verantwortlich für 90% aller A-ha Songs, steuert nur sechs Kompositionen bei. Mehr denn je sind dabei die Einflüsse seiner zweiten Band Savoy zu erkennen.

Es herrscht also offensichtlich eine neue Rollenverteilung innerhalb der Band, die auf dem Album auch deutlich zu hören ist. Waaktaar-Savoys Lieder (bspw. "There's A Reason For It", "Afternoon High", "A Little Bit") weisen eine spürbare Tendenz zum Britpop auf, während Furuholmen und Harket für klassische Balladen ("White Canvas", "Turn The Lights Down") und energiegeladene Beats zuständig sind. Gerade bei schnellen Songs wie "You Wanted More" oder "Oranges On Appletrees" (eine wunderbare Orchester-Adaption von John Miles Klassiker "Music") muss man zu einem Urteil kommen, das für A-ha Songs bisher nicht in Betracht kam: tanzbar.

Der Opener und Titeltrack "Lifelines" steht in der langen A-ha Tradition, Alben nach Balladen zu benennen (etwa "Hunting High And Low", "Stay On These Roads"). Man hätte den Longplayer aber ebensogut "Turn The Lights Down" nennen können. Dieses Duett mit Anneli Drecker, die schon auf der letzten Europatour das Mikrofon in die Hand nahm, schwummert nämlich im Dunkeln wie ein Schmachtfetzen von Ricky Martin. Ebenfalls entspannt, wenn auch auf andere Weise, ist das quirlige "Afternoon High". Ein fröhlicher, treibender Countrysong mit hohem Ohrwurmpotenzial für den nächsten Sommerhit.

Durch schöne Lyrics fallen Furuholmens Stücke am Ende des Albums auf. Ob "White Canvas", "Dragonfly" oder das melancholisch-vergängliche "Solace": Viel Liebe spricht aus diesen Zeilen. Deshalb fragt man sich: Gilt die Liebeserklärung dieser Musiker um die 40 inzwischen vielleicht nicht mehr der Angebeteten, sondern eher dem Nachwuchs?

"Lifelines" ist das vielschichtigste Album der drei sympathischen Norweger und wird von sich reden machen. Das Teenie-Band Image ist endgültig abgelegt und die neuen künstlerischen Ambitionen von Furuholmen und Harket geben dem Album eine angenehme Tiefe.

Trackliste

  1. 1. Lifelines
  2. 2. You Wanted More
  3. 3. Forever Not Yours
  4. 4. There's A Reason For It
  5. 5. Time & Again
  6. 6. Did Anyone Approach You?
  7. 7. Afternoon High
  8. 8. Oranges On Appletrees
  9. 9. A Little Bit
  10. 10. Less Than Pure
  11. 11. Turn The Lights Down
  12. 12. Cannot Hide
  13. 13. White Canvas
  14. 14. Dragonfly
  15. 15. Solace

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