laut.de-Kritik

Diese Songs atmen den Sommer, die Liebe, das Leben.

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Die Älteren werden sich erinnern: Früher gab es von allem weniger. Weniger Auswahl an Musik, weniger Bands, weniger Kategorien. Wir hatten ja nix, damals nach'm Kriech. Heute liest man für Bands stilistische Bezeichnungen wie 'Raw Choral Pop' und 'Brisk Indie Folk'. So gesehen bei Ages And Ages, einer siebenköpfigen Formation aus Portland. Dort wohnen bekanntermaßen schrägere Leute als im Rest der USA, aber trotzdem fragt man sich, was das für merkwürdige Genres sein sollen.

Zur Verteidigung Ages And Ages sei gesagt: Diese Bezeichnungen haben sie sich vermutlich nicht selbst gegeben. Und ganz falsch liegen die Kategorisierer auch nicht, denn die Elemente Folk, Pop und Choral sind auf dem jetzt erschienenen zweiten Album der Band im Überfluss vorhanden. Man könnte sogar noch weiter gehen, denn ein Stück wie der Titelsong "Divisionary (Do The Right Thing)" ließe sich auch als Kanon bezeichnen.

Bevor hässliche Erinnerungen an erlittene Stunden in der Sonntagsschule hochkommen, sei gesagt: Ages And Ages haben zum Glück in ihren Texten nichts mit Religion am Hut. Der musikalische Strauß, den die Portlander auf "Divisonary" zusammengestellt haben, hat es jedenfalls in sich. Schöne, melodische Folksongs mit großem Popappeal und den hervorstechenden Gesangsleistungen aller Beteiligten finden sich zuhauf. Und Beteiligte gibt es genug: Ages And Ages haben derzeit sieben Bandmitglieder - und alle singen. Instrumentell regieren Klavier und Gitarren, hin und wieder auch mal eine Geige. Hinzu kommt allerhand perkussives Gedöns, irgendwo klatscht immer gerade jemand oder schlägt rhythmisch auf etwas ein.

Doch zurück zum Gesang. Lange hat man kein Album mehr gehört, das so sehr davon lebt. In Zeiten, in denen manchen Bands Gesang nur noch als lästige Pflicht empfinden, ist das eine reine Wohltat. Da Musiker beiderlei Geschlechts bei Ages And Ages aktiv sind, entstehen schillernde Chorpassagen und sogar versetzte Teile, die an The Mamas & The Papas gemahnen. "I See More" beispielsweise besitzt einen Refrain, den Mama Cass und Kollegen auch nicht in den Müllkorb geworfen hätten.

Diese Songs atmen den Sommer, die Liebe, das Leben. Welchen herausgreifen? Die traumhafte Ballade "Our Demons"? Oder das sich behutsam steigernde Stück "Ante Up" mit Gänsehaut-Mitsing-Schlussteil? Letzters wäre zumindest der dringende Anspieltipp, falls jemand einen haben möchte. Es gibt keine Ausfälle auf "Divisionary", das Album ist von der ersten bis zur letzten Sekunde herausragend. Und wenn es noch Gerechtigkeit da draußen geben sollte, wird diese Band mindestens so groß wie Mumford & Sons.

Trackliste

  1. 1. Light Goes Out
  2. 2. I See More
  3. 3. No Pressure
  4. 4. Big Idea
  5. 5. The Weight Below
  6. 6. Over It
  7. 7. Our Demons
  8. 8. Ante Up
  9. 9. Calamity Is Overrated
  10. 10. These Ravines
  11. 11. Divisionary (Do The Right Thing)

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