laut.de-Kritik

Energische Shouts, eingängige Refrains und große Gitarrenwände.

Review von

Tiere passen sich dem Besitzer an, oder wie war das? Nun, Frau Fromms Katze kuschelt ja gerne zu Regner. Mein kleiner Gast scheint ebenfalls einen eigenwilligen Musikgeschmack zu haben. Bereits zum zweiten Mal haust bei mir der Papagei eines dem Vaterland dienenden Kumpels. Vogel Coco zeigte sich bereits beim letzten Besuch sehr musikalisch: Von morgens bis abends pfiff er den WM-Song und bewirkte so beinahe einen Amoklauf eines genervten Goleo-Hassers. Damals beschloss ich, ihn zu manipulieren.

Doch auch nach dem zehnten Abspielen des White Stripes-Klassikers "Seven Nation Army" wollte Coco nichts von Jack und Meg White wissen. Nachdem mich der Vogel mehrmals als "Volldepp" (Ja, das kann der wirklich sagen) bezeichnet hatte, gab ich genervt auf. Doch dann kam die Wende: Bei den Yeah Yeah Yeahs flippte der gefiederte Freund plötzlich aus, begann zu headbangen und pfiff seine ganz eigene Version von "Honeybear". Seither begeisterte ihn keine Platte so wie "Show Your Bones". Bis jetzt. Bis zu Alexisonfire. Coco scheint ein Liebhaber härterer Musik zu sein.

Denn auf "Crisis" schreit sich Alexisonfire-Frontmann George Logan stellenweise die Seele aus dem Leib und die Gitarren werden hart angeschlagen. Doch neben dem heftigen Emo-Core-Gebolze zeigen sich Alexisonfire erstaunlich soft-rock-melodisch. Eingängige Melodien im Refrain mit Ohrwurm-Potenzial unterstreichen den gefühlvollen Gesang.

"All right, this is from our heart …" hämmert Logan schreiend gleich zu Beginn von "Drunks, Lovers, Sinners And Saints" dem Hörer in den Kopf. Na gut, keine Kompromisse. Im Turbo-Tempo spulen die Jungs den Song runter. Melodiös dröhnen die Klampfen, die Stimme kratzt und faucht bei den Strophen. Im Refrain brechen hymnenhafte Schön-Gesang-Parts aus, zelebriert von Dallas. Billy Talent meets AFI? Ja, irgendwie schon. Ein rauschender Schlagzeugpart leitet "This Could Be Anywhere In The World" ein. Mehrstimmige Gesangspuren fusionieren mit energischen Shouts. Der Fuß stampft bei "Mailbox Arson" kräftig mit. Die Drums treiben voran, Riffs werden heruntergespult, Papagei Coco flippt aus.

Düster leiten ruhige Gitarrenklänge "You Burn First" ein. In der Stimme des Gastsängers Gared O'Donnell (Planes Mistaken For Stars) manifestiert sich unterdrückter Hass. Beängstigend ruhig wiederholt er den Tracktitel immer und immer wieder. Dann endlich, die aufgestaute Energie setzt sich frei in einem epischen und melodiösen Gitarren-Gesangs-Gewitter. Ein ruhiger kurzer Klavierpart eröffnet das letzte Stück "Rough Hands". Vorsichtig baut sich der Song auf. Langsamer und melodiöser als die Tracks zuvor shoutet Gared die Textzeilen runter, zeigt sich nachdenklich, sensibel.

"Crisis" ist schnell, verdammt energisch und aggressiv. Wer heftige Shouts mit eingängigen Refrains und großen Gitarrenwänden hören möchte, dem sei diese Scheibe ans Herz gelegt. Zumindest Vögel bringt sie an den Rand des Wahnsinns.

Trackliste

  1. 1. Drunks, Lovers, Sinners And Saints
  2. 2. This Could Be Anywhere In The World
  3. 3. Mailbox Arson
  4. 4. Boiled Frogs
  5. 5. We Are The Sound
  6. 6. You Burn First
  7. 7. We Are The End
  8. 8. Crisis
  9. 9. Keep It On Wax
  10. 10. To A Friend
  11. 11. Rough Hands

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