laut.de-Kritik
Jetzt mit R'n'B-Rennlizenz: der Vettel seines Genres.
Review von Sven KabelitzVor ziemlich genau drei Jahren brachte Aloe Blacc mit "Good Things" eine der erlesensten Soul-Platten der letzten Jahre heraus. Zwar hing einem "I Need A Dollar" dank Dauerrotation schnell mächtig zum Hals heraus, das änderte aber nichts an der Klasse des Albums, des Songs und vor allem an der zeitlosen Eleganz des Sängers.
Die zu überbrückende Zeit bis zur Veröffentlichung von "Lift Your Spirit" füllte der noch vor "Good Things" entstandene Roseaux-Longplayer und der Avicii-Nummer-eins-Hit "Wake Me Up", für den Blacc Gesang und Teile des Songwritings übernahm.
Der dreckige Funk und Soul der 1960er und 1970er tritt in den Hintergrund. Aus diesem Keim erblüht die nun zeitgemäße und anmutige Produktion, ein in jeder Note auf Blacc maßgeschneiderter Sound, der mit einer gehörigen Ladung R'n'B, Pop und Elektro-Spielereien auf die Gegenwart zugeht. Ein Wiederkäuen bereits bekannter Formeln liegt dem US-Amerikaner nicht.
Mit den Produzenten und Mitautoren Theron Feemster, DJ Khalil, Harold Lilly und nicht zuletzt dem 2013 allgegenwärtigen Pharrell Williams entwickelt sich der ehemalige Rapper ein weiteres Mal weiter. Bei den Gästen kann einem kurzzeitig angst und bange werden, dass Album Nummer drei im Morast der Massenproduktionen versumpft. Doch auch wenn manch ein Refrain ("Here Today") etwas zu dick aufträgt, wehrt sich Blaccs geerdete Stimme, halb Otis Redding, halb Curtis Mayfield, massiv gegen den jede Mittelmäßigkeit.
Zwar werfen die Plastikbläser in dem mit Williams entstandenen "Love Is The Answer" kunterbunte Lichtreflektionen auf jede Tanzfläche, trotzdem gibt der Hauptakteur niemals seine Zügel aus der Hand. So bewahrt sich Blacc, anders als der am Überproduzenten gescheiterten Mayer Hawthorne, John Legend oder der singenden Pimmelpumpe Robin Thicke, jederzeit seine eigene Identität.
Liebe scheint kurzzeitig die Antwort zu sein, bis im düsteren Gegenentwurf "Ticking Bomb" die Welt spannungsgeladen auf einer herunter zählenden Zeitbombe sitzt. Das nur von Percussions, Gitarre und Klavier begleitete Glanzstück auf "Lift Your Spirit".
Befreit vom Zappelhannes Avicii zeigt die akustische "Wake Me Up"-Version, was für ein elysischer Song sich unter den Party-Beats versteckt. Aufgrund des kurzen "You can tell everybody"-Refrains im astreinen R'n'B-Stück "The Man", das minimale Parallelen zu Elton Johns "Your Song" aufweist, finden sich der Mops mit der Kunsthaarmütze und sein Textlieferant Bernie Taupin albernerweise in den Credits wieder. Dabei zeigt der Motown-Charme des Gospel-Titelstücks viel deutlichere Ähnlichkeiten mit den frühen Jackson 5 und "I Want You Back", ohne dass hier eine Erwähnung stattfindet. Seltsame Musikwelt.
Das nächste Highlight "Soldier In The City" prangert soziale Missstände in unserer Konsumgesellschaft an. Eisern angeschlagene Funk-Gitarre und harter Beat stehen den bitteren Worten in einer packenden Nummer entgegen. "Fight to survive / Try to stay alive." Das sechsminütige "Eyes Of A Child" wirft mit Bläsern und Streichern noch einen letzten berückenden Blick auf "Good Things", das langsam im Rückspiegel verschwindet.
Zugleich sieht Aloe Blacc die weit entfernten Umrisse von Justin Timberlake und anderen Mitkonkurrenten entschwinden. Gerade erst die R'n'B-Rennlizenz erhalten, deklassiert er seine Rivalen wie sonst nur Sebastian Vettel. Mit "Lift Your Spirit" beweist der Amerikaner seinen Stellenwert als einer der momentan besten Songwriter und Sänger des Genres und liefert im Endspurt eines der überzeugendsten R'n'B- und Soul-Alben des auslaufenden Jahres.
11 Kommentare
Aight, wird gecheckt, sicher ein brauchbares Ding!
Eigentlich wollt ich die nach der dauerhaften Avici-Feature-Beschallung ja ignorieren, aber die Review hat mich doch nu nen bisschen neugierig gemacht.
Na also! Als ich das erste mal Wake me Up gehört habe fand ich es so beschissen, dass man das Lied mit so nem Kindertechnobeat verhunzt hat. Gut zu wissen, dass es tatsächlich eine reine Akkustikversion gibt.
Das Album ist der Hammer! Aloe Blacc hats definitv raus große Nummern zu schreiben und dabei auch noch extrem authentisch rüberzukommen. Status "Klassiker" verdient. 5/5
Absolute Enttäuschung. Eines der schlechtesten Alben des Jahres.
Dieser Kommentar wurde vor 10 Jahren durch den Autor entfernt.