23. März 2010

"Auf Tour erlebt man ja nichts!"

Interview geführt von

Unmittelbar nach dem Interview mit der 23-jährigen Schottin im Penthouse des Kölner Interconti blieb zunächst ein zufriedenes Gefühl. Das Gespräch war reibungslos verlaufen, der fotografierende Kollege durfte während des Interviews Bilder machen, die Pressedame nervte nur durchschnittlich oft und bestand nicht mal darauf – wie oft bei großen Majoracts üblich – als Aufpasswauwau mit im Zimmer sitzen zu bleiben.Und erst die Amy, Mann, war die nett! Hat immer gelächelt, immer besonnen geantwortet, hatte diesen fantastischen Akzent und tolle Augen. Und vor allem war sie so unverdorben, so frisch und hatte irgendwie die Ruhe weg angesichts fünf Millionen verkaufter Platten und Stardom quer durch Europa.

Beim Auswerten kamen dann die ersten leisen Zweifel auf. Folk-Pop-Phänomen Amy MacDonald windet sich wie ein Aal, spricht dann aber doch mit beinhartem Akzent über ihre Arbeit, Fußball und die Klatschpresse. Hatte ich da überhaupt mit einem Menschen aus Fleisch und Blut gesprochen?

Fangen wir von vorne an: Amy Macdonald ist eine 22-jährige, talentierte junge Dame aus dem Glasgower Umland, die ihre musikalische Berufung einem erhellenden Travis-Moment zu verdanken hat. Travis, tja. Hilft nicht allzuviel weiter, also fragen wir doch mal interessantere musikalische Einflüsse ab.

Bei deinen früheren Auftritten warst du nur mit deiner Gitarre und deiner Stimme auf der Bühne. Da denkt man eigentlich sofort an eine moderne Adaption von einer klassischen Folksängerin wie Joan Baez, denn du erzählst ja auch kleine Geschichten aus einem sehr persönlichen Mikrokosmos. Bist du eigentlich in der Folk Music verwurzelt oder genauer gesagt; in der schottischen Folk Music?

Oh, nein, überhaupt nicht, so was höre ich mir niemals an. Aber ich mag diese Art von Musik trotzdem.

Und gab's denn außer Travis noch andere Einflüsse auf deinen musikalischen Stil? Du hast bestimmt schon mal gehört, dass deine Stimme der von Dolores O'Riordan von den Cranberries ziemlich ähnelt, oder?

Ja, das hab ich schon mal gehört, aber meine Einflüsse lagen eigentlich eher im Britpop-Bereich – Oasis, Ocean Colour Scene, Pulp, das waren meine Baustellen. Obwohl, ich mag auch Bruce Springsteen, oder die Kings Of Leon, oder die Killers... aber auch die Babyshambles hab ich mir sehr gerne angeschaut. Ach, ich mag so vieles!

Verstehe, also ein bisschen von allem, so kommen wir nicht weiter. Amy selbst fährt mit dieser Mischung – viel Pop, gute Melodien, Gitarre mehr akustisch als elektrisch, Radiotauglichkeit – seit mehreren Jahren hervorragend in ganz Europa. Leicht bizarr für jemanden, der im Gespräch mehrere Male versichert, er möchte "nie berühmt werden". Das Futur ist an dieser Stelle beabsichtigt, denn tatsächlich leidet Amy an einer tragisch verzerrten Wahrnehmung: Sie glaubt, sie sei nicht berühmt und alles sei wie bisher. Diese Diagnose fällt nach eingehender Sichtung des vorgegebenen Materials und lässt sich an folgenden erschütternden Beispielen verdeutlichen:

Du müsstest eigentlich ziemlich erschöpft sein. Wenn ich richtig gerechnet habe, hattest du eigentlich keine Freizeit mehr, seitdem du dein erstes Album geschrieben hast. Kannst du mal versuchen, die letzten drei Jahre zu resümieren?

Das mit der Rechnung kommt hin. Aber da ich das jeden Tag mache, gewöhne ich mich gut daran. Es gibt diesen Punkt, an dem man akzeptiert, dass man nie rausgehen und irgendwas entdecken kann, weil die Zeitpläne so eng sind. Enttäuscht mich aber nicht, ich weiß ja, was ich zu erwarten habe.

Was hat sich denn in deinem direkten Umfeld alles verändert?

Gar nichts, bis auf die Tatsache, dass ich drei Jahre älter geworden bin.

Vor ein paar Jahren warst du ja noch Schülerin. Was denken denn deine Freunde zuhause über deine Touren - kennen die dich überhaupt noch?

Natürlich. Ich stelle einfach sicher, dass ich zwischendurch nach Hause komme. Das Gute an einer Promotour ist, dass ihr Journalisten an Samstagen keine Interviews führen wollt, also nehme ich mir die Wochenenden frei und flieg nach Hause. Das funktioniert perfekt, deswegen nutze ich das aus.

Das machst du jede Woche?

Naja, fast - ist auf Tour natürlich etwas schwieriger, aber ich möchte das unbedingt. Ich brauche diesen Ausgleich, ich muss manchmal im eigenen Bett aufwachen und sehen, dass alles noch normal ist.

Alles normal also, schön, schön. Zumindest ihr Beruf ist ja nicht ganz so normal, also wäre es doch toll, wenn sie uns einen kleinen Einblick in ihre Gedankenwelt werfen ließe. Diesen Gefallen tut sie uns jedoch nicht.

"Alles völlig normal!"

Amy, wie unterscheidet sich dein erstes Album vom zweiten?

Es ist kein radikaler Bruch, es ist eher eine ganz natürliche Fortführung dessen, was ich angefangen habe. Der Unterschied ist einfach nur, dass ich etwas älter geworden bin, da ist ja selbstverständlich, dass auch meine Musik vielleicht etwas erwachsener klingt. Auf dem ersten Album hatte ich einige Songs, die ich schon mit 15 geschrieben hatte, aber auf "A Curious Thing" sind selbstverständlich komplett nagelneue Songs.

Wenn du immer unterwegs warst wie in der Zeit nach deinem ersten Album, wie findest du deine Themen? Schreibst du auf dem neuen Album über Erlebnisse auf der Tour?

Oh nein, ich finde nur sehr schwer zu einer Art Inspiration, wenn ich unterwegs bin. Man hat da immer so viel zu tun, und meistens muss ich morgens gleich wieder früh raus, da versuche ich natürlich, so viel Schlaf wie möglich zu bekommen. Auf Tour erlebt man ja nichts, da gibt es immer nur Busfahrten, Auftritte und Fernsehshows. Ich kann kaum meinen Kopf freimachen, es gibt selten mal Zeit zum Nachdenken. Ich kann nur Songs schreiben, wenn ich zu Hause bin und ein normales Leben führe. Da sitze ich dann mit meinen Freunden zusammen, höre mir an, was sie für lustige Geschichten erlebt haben, und die verarbeite ich dann zu Songs.

Wenn du über persönliche Episoden aus dem Leben deiner Freunde schreibst, dann stehen diese mitsamt ihren Erlebnissen ja automatisch mit dir im Rampenlicht. Wie sind da so die Reaktionen deines Umfelds, hast du schon mal mit dir gehadert, ob du eine bestimmte Geschichte verarbeitest oder nicht?

Nein, nein, ich habe tolle Freunde, die einfach nur stolz auf mich sind. Sie freuen sich für mich und haben sich seit meinen Alben überhaupt nicht verändert. Nichts hat sich verändert. Ich bin die selbe Person wie zuvor und es ist sehr wichtig, solche Leute um sich zu haben, die glücklich darüber sind, dass die Dinge so gut für mich laufen.

Es scheint, als würde meine Gesprächspartnerin ihr eigenes Leben gar nicht bewusst wahrnehmen. Vielleicht muss man sie ja auf ihre eigene Reflektion in den Medien hinweisen? Der Versuch läuft über ihren Freund, den Fußballer Stevie:

Aber wenn du doch über Leute aus deinem näherem Umfeld schreibst, trifft das ja zwangsläufig nicht nur dich, sondern auch sie persönlich, oder? Ich habe gelesen, dass du auch einen Song über deinen Freund Stevie geschrieben hast, der ja selbst als Fußballer in der Öffentlichkeit steht ...

Ach, das geht eigentlich gar nicht um ihn, es geht eher um mich. Es gab da bloß mal dieses Weihnachten, als wir uns nicht sehen konnten und ich mich deswegen etwas runtergezogen hab - da fiel mir eben dieses Lied ein. Aber es ist keinesfalls so, dass darin eine tiefere Metapher liegt, der Song kam einfach so zustande. Die Leute wollen immer eine riesige Hintergrundgeschichte hören, die gar nicht existiert.

Insbesondere die Klatschpresse, oder? Bei meiner Vorbereitung bin ich über den Ausdruck WAG gestolpert, Wives And Girlfriends – kannst du mir darüber etwas erzählen?

Oh, so was gibt es bei euch nicht? Naja, der Begriff wird häufiger in Geschichten der Klatschpresse erwähnt und ist vor allem der Premier League geschuldet. Er bezeichnet abfällig die Frauen und Freundinnen von der Topspieler, die nur mit den Kerlen verheiratet sind, weil sie in England 200.000 Pfund pro Woche verdienen. Die Frauen sind dann eben berühmt für's Verheiratet-Sein und die Männer haben ein so riesiges Ego, dass sie natürlich ihre Freundinnen betrügen. Die wiederum könnten es nie ertragen, einen normalen Job auszuüben, also bleiben sie einfach. Es ist lächerlich.

Jetzt, denke ich, jetzt regt sie sich endlich mal ein bisschen über irgendwas auf. Bevor ich aber nach ihrem Bild in der sensationshungrigen Yellow Press fragen kann, schleift sie jegliche Kante umgehend wieder ab, indem sie fortfährt:

Wobei ich das eigentlich auch ganz anders kenne. Über meinen Freund, der ja auch Fußballer ist – allerdings nur in einem kleinen Verein in Schottland – kenne ich auch andere Spielerfrauen. Das sind alles intelligente Mädchen mit eigener Karriere, die sind Umweltwissenschaftlerinnen und Ähnliches; haben also keinerlei Interesse, sich über ihren Partner zu definieren. Vielleicht ist das ein Phänomen, das es eher in England gibt, nicht in ganz Großbritannien.

Die Yellow Press in Großbritannien ist doch ziemlich brutal, oder?

Ja, sie ist brutal zu bestimmten berühmten Leuten, und vor allem ist ein nicht unerheblicher Anteil des Geschriebenen einfach nicht wahr. Das Problem daran sind natürlich die Leute, die alles glauben, was in der Zeitung steht. Die Presse kann es sich tatsächlich leisten, eine unwahre Story als Titelheadline in riesigen Buchstaben zu bringen, das frisst sich natürlich bei den Lesern ein. Am nächsten Tag müssen sie dann zwar eine Richtigstellung drucken, aber verstecken sie popelig klein irgendwo im Heft. Da steht dann irgendwo in der Ecke: Tut uns leid, was wir gestern gebracht haben, ist nicht ganz so passiert – aber im Vergleich zu den gigantischen Verriss-Geschichten merkt das natürlich niemand. Das ist einfach nicht fair!

Wie ist das eigentlich in Schottland, behandelt dich die schottische Presse anders?

Naja, das Ding in Schottland ist, dass alle stolz auf alles Schottische sind. Wenn also zufällig mal was Gutes aus Schottland kommt, dann wird das eher vereinnahmt und hochgelobt. Da ist Schottland als ganze Instanz, einfach weil es so klein ist, unterstützend tätig. Bei uns gibt es zwar auch Klatschpresse, aber eine nicht so dreckige wie in England – und außerdem bin ich einfach nicht der Typ für schmutzige Geschichten. Über mich wird es sowas einfach nicht geben, weil ich kein Interesse an dieser Art von Ruhm habe, ich lasse mich nicht darin verwickeln.

Aber ist es nicht ziemlich schwierig, sich aus diesem Zirkus rauszuhalten?

Kann man nicht. Du brauchst die Blätter natürlich, um dein Album zu promoten, du musst mit ihnen reden und dir auch mal eine vermeintliche Insiderstory gefallen lassen. Schon verrückt, über sich im Zitat zu lesen und festzustellen, dass man nichts davon je gesagt hat, schrecklich. Aber zum Glück war bis jetzt nichts Schlimmes dabei. Ich denke, das ist alles ganz normal.

Hast du eigentlich auch um deine Wohnung herum den Pressezirkus? Typen, die vor deinem Haus campieren, um morgens deine Augenringe mit Sportteleskopen abzuschießen?

Nein nein, überhaupt nicht. Das bin einfach nicht ich – ich bin einfach nicht die Person, die so ein Leben führt. Ich werde außerhalb von Glasgow nicht mal auf der Straße erkannt, ich werde nicht angehalten und bin ein unglaublich normaler Typ mit einem völlig normalen Leben. In Schottland gibt es auch gar keine Paparazzi, das ist ein Phänomen, das es nur in London gibt, wo alle Reichen und Schönen leben.

Und denkst du denn, dass du damit klarkämst, wenn du in diesem Tempo weiter Alben verkaufst? Ich habe unseren Musiksender Viva geguckt - alle fünf Minuten gibt es einen kurzen Promoclip von dir, den ganzen Nachmittag und Abend hindurch. Es ist völlig unmöglich, dich nicht zu kennen!

Ach, ich denke nicht, dass so was jemals passiert. Und wenn doch Leute vor meiner Haustür rumlungern würden, würde ich rausgehen und jeden einzelnen von ihnen hauen, hihi. Aber auch die machen nur ihre Arbeit. Ist doch alles ganz normal.

"Paparazzi vor meiner Tür? - Niemals!"

Wie oft Amy wohl bisher "normal" gesagt hat? Je öfter das passiert, desto mehr erscheinen die abgesonderten Allgemeinplätze als Strategie, um sich nicht nur als bodenständiger Zufallsstar von nebenan zu inszenieren, sondern auch, um sich jeglicher Einschätzung zu entziehen – vielleicht sogar der als Musikerin. Da steckt die Pressefrau den Kopf zur Tür rein und bellt: "Bisschen Beeilung, ja? Wir müssen zu Mario Barth!"

Okay, dann reden wir mal über eine Single aus deinem neuen Album: "Don't Tell Me That It's Over" ist - so war's öfter mal zu lesen - gar kein Lied über eine Beziehung, ist das richtig?

Definitiv nicht, nein. Ein gutes Beispiel mal wieder – die Leute wollen einfach immer diese tiefen Bedeutungen hören, dabei schreibe ich oft einfach Songs aus einem Gefühl heraus. Wenn ich das Stück dann erklären muss, ist es fast unmöglich, diese Art von Gefühl zu rekonstruieren, geschweige denn aufzudröseln und zu erläutern. So, wie ich den Song jetzt sehe, geht er darum, Dinge für sich allein herauszufinden und sich nicht von anderen unter Druck setzen zu lassen.

Ich habe das Gefühl, dass das ein wiederkehrendes Thema bei dir ist, oder? Ich meine den Umgang mit Druck und die Bestimmtheit, sich zu behaupten und sich nicht zu etwas bringen zu lassen, das man selbst nicht ist, stimmt das?

Jaja, wahrscheinlich schon, ja. So bin ich einfach auch ganz persönlich. Ich möchte Sachen tun, weil ich daran glaube und nicht, weil jemand anderes es tut. So hab ich das immer gehalten und so möchte ich auch weiter arbeiten. Im Fall von "Don't Tell Me That It's Over" war der Anlass tatsächlich ein ganz konkreter – jemand in der Schule hat ungefragt einen anklagenden Vortrag über das nahe Ende der Welt und den Klimawandel gehalten, und ich möchte mich für so was einfach nicht einspannen lassen. Ich glaube, dass man die Welt ändern kann, aber ich will mich nicht von irgendeinem Aktionismus davontragen lassen, sondern selbst entscheiden, was ich will.

Hast du denn in deiner musiklischen Laufbahn Erfahrung mit Druck von außen gemacht, insbesondere bei der Aufnahme deiner Songs oder bei dem, was du gerade tust? Schließlich bist du ja bei einem Major und wirst heute alle 20 Minuten einem anderen Interviewer vorgesetzt... und das ist nur ein Beispiel.

Ich hab mir das alles viel dramatischer vorgestellt. Ich dachte, es wird bestimmt total schwierig und voller Auseinandersetzungen ablaufen, sich dieses Album auszudenken und in einem Tross Leute zu arbeiten, die es in die eine oder andere Richtung lenken wollen. Aber meine Erfahrungen waren ganz andere, ich hab glücklicherweise keinerlei Druck erlebt. Die Leute waren alle sehr verständnisvoll und alles ist sehr... normal geblieben. Naja, und ein Faktor war auch, dass ich die Songs ziemlich schnell geschrieben habe, da gab es nicht viel Gemäkel und kein Drama.

Also entscheidest du in jedem Aspekt deiner Musik für dich allein?

Hunderprozentig.

Ist ein Privileg, oder?

Definitiv.

Und wie war es für dich, mit deinem Produzenten zusammenzuarbeiten?

Pete Wilkinson ist gleichzeitig mein Manager, wir kennen uns schon lange. Vor fünf Jahren hat er eine Anzeige in einem Musikmagazin geschaltet. Ich hab dann ein Demo hingeschickt. Seine Frau und er selbst sind seitdem meine Manager, du hast sie draußen gerade kennengelernt. Keiner von ihnen hat so was zuvor gemacht, aber ich war ja genauso grünschnäbelig. Das alles hat aber dazu beigetragen, dass ich ihnen vertraue wie sonst niemanden, denn ich weiß, dass sie sich wirklich für mich als Person interessieren und wollen, dass ich glücklich bin. Die meisten Manager wollen doch nur Kohle, aber bei Pete und seiner Frau weiß ich, dass ich zu allererst ihre Freundin bin. Wenn ich also freie Tage haben will oder irgendwas nicht machen möchte, dann kümmern sie sich um mich.

Haben sie sich auch um Paul Weller gekümmert?

Ja, er spielt auf zwei Songs Gitarre, was mich natürlich unendlich ehrt. Ich war auch bei ihm im Studio, aber ich habe ihn leider nicht gesehen. Er hat die Aufnahmen an einem anderen Tag eingespielt.

Denkst du eigentlich, deine Gelassenheit liegt an deinen Freunden und deiner Familie, die dich so auf dem Teppich halten?

Ich glaube ehrlich gesagt, das bin ich selber. Ich habe zwar große Angst davor, mich zu verändern, habe das aber bisher auch nicht gemacht. Außerdem bin ich glücklich, das ist vielleicht auch ein Faktor, der es mir leicht macht. Ich hab Leute um mich, die ich brauche, vor denen ich nicht um Aufmerksamkeit betteln muss und die das auch nicht wollen. Der Grund, warum ich mit dieser Arbeit angefangen habe, ist, weil ich Musik so liebe und nicht, weil ich jemals berühmt sein möchte. Ich hasse Videodrehs. Ich hasse Fotos. Ich gehe nicht mal gerne feiern. Ich hatte niemals das Verlangen, eine Berühmtheit zu sein, und ich hab auch kein Ego, das ständig gefüttert und gestreichelt werden muss - ist einfach etwas, das mich nicht juckt. Ich könnte nie eine Lily Allen sein, weil ich mich einfach nicht gern verstelle. Da hab ich einfach genug zu tun - abgesehen davon führe ich ein sehr stilles Leben.

Irgendwie spiegelt sich das ja auch in der Art wieder, wie du berühmt geworden bist, schließlich war da ja keine riesige Myspace-Community, die deine Karriere befördert hat - du warst kein Internethype, sondern dein Erfolg kam langsam und stetig.

Genau, es war langsam und stetig und ich glaube, die meisten haben überhaupt von mir mitbekommen, indem sie ganz altmodisch meine Songs im Radio gehört haben. Du weißt schon, wie früher! Und so sollte es doch auch sein, oder? Das sollte doch die Basis von allem sein, dass man Musik hört, die man mag und sich dann fragt, ob es noch mehr davon gibt. Manchmal sind die Bosse einfach zu sehr darauf bedacht, wie jemand aussieht, wieviel sie wiegt, was für eine Geschichte hinter der Person steckt – ich plädiere dafür, dass die Musikindustrie sich einfach wieder mehr um die Musik dreht.

Den Song „Ordinary Life“ hast du geschrieben, nachdem zu einer Premiere mit Gerard Butler eingeladen wurdest, kannst du kurz darüber erzählen?

Ja, das war einfach beängstigend. Gerard Butler hat auf dieser Premiere in Glasgow kurz und sehr nett mit mir geredet und wollte dann eigentlich mit seiner Mutter und seinen Geschwistern ein bisschen feiern. Aber er konnte den ganzen Abend kaum einen einzigen Satz mit ihnen wechseln, weil ständig jemand an ihm gezupft hat und ihn dies und das gefragt hat oder ihm die Hand schütteln oder ein Foto wollte. Man hat ihn einfach nicht in Ruhe gelassen. Und da hab ich mir gedacht – das könnte ich nie, dieses A-List-Leben als Superpromi. Und ich war froh, dass ich mein Leben noch so normal hinbiegen kann.

Hast du manchmal Angst, dass dir das entgleitet? Hast du Angst vor Kontrollverlust?

Nein nein, so was kann mir nicht geschehen. Als Schauspieler kann man dem ganzen Kram vielleicht nicht entkommen, weil jeder dein Gesicht kennt und jeder ins Kino geht, aber als Musikerin ...

... stehst du auch auf der Bühne, singst im Radio, gibst Interviews und machst Videos mit deinem Gesicht darin, die im Fernsehen und im Internet laufen.

Na gut, okay, aber ich bin der festen Überzeugung, dass man all das ausblenden kann, so lange man kein Interesse daran hat, im Mittelpunkt zu stehen. Mir passiert sowas bestimmt nicht!

Ob sich Amy Macdonald tatsächlich so sicher über ihr Selbstbild und ihre Wirkung ist? Und wenn nicht, wäre das überhaupt ein Problem? Unsere Interviewzeit ist jedenfalls jetzt schon um, ihre Zeit vermutlich noch lange nicht.

Gibt es eigentlich irgendwas, das du deinem Publikum mitgeben möchtest mit deinen Liedern?

Ach, ich möchte einfach nur, dass die Leute glücklich sind, wenn sie meine Lieder hören. Das ist ja das Brillante an Musik: Sie ist so subjektiv, dass jeder etwas für sich herausziehen kann, das sich von anderen Eindrücken völlig unterscheidet.

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