laut.de-Kritik

Virtuos-psychopathische Krüppelkunst.

Review von

Klingt komisch, ist aber so: Anaal Nathrakh gelingt mit "The Whole Of The Law" ein Stück ganz große Kunst, und das obwohl die Briten mit dem Namen, der Pubertierenden ein Grinsen ins Gesicht zaubert, Songs auf ihr Album packen, die zum Beispiel "We Will Fucking Kill You" heißen.

Wer allein aufgrund des platten Titels nicht in den Track reinhört, verpasst die Extreme Metal-Hymne des Jahres. "We Will Fucking Kill You" ist ein Gewalt-Manifest, das man in all seiner Erhabenheit fast schon virtuos nennen kann. So viel Prügel wie hier muss man erst einmal in einem einzigen Song unterbringen. Anaal Nathrakh servieren obendrein noch epische Bläserstrukturen und eine Melo-Death-Lead-Gitarre. Wie sie beides mitten zwischen zappelnde Gliedmaßen und Hackebeil-Epilepsie einweben, ist mir ein Rätsel. Sie tun es jedenfalls. Durcheinander mögen es manche nennen, ich nenne es grandios.

Am besten beschreiben lässt sich "The Whole Of The Law" wohl folgendermaßen: Man stecke Behemoth, Strapping Young Lad und Napalm Death gleichzeitig in den Häcksler. Der aus der resultierenden Blut- und Knochenpampe erstehende Krüppel-Phoenix hört auf den Namen Anaal Nathrakh. "Hold Your Children Close And Pray For Oblivion", ja, das solltet ihr vielleicht wirklich tun. Wäre die Scheibe ein Film, der FSK 18-Sticker wäre garantiert.

Während in einigen Momenten einfach bis zur Schmerzgrenze rumgedroschen wird, regieren in anderen erstaunlich groovige Riffs. "Extravaganza" ist so ein Beispiel. Im Tech-Death-Gewand wiegt sich die Gitarre, bevor dann natürlich doch noch das unkontrollierte Doublebass-Massaker los- und Dave Hunt in schauderhaftes Geheul ausbricht. In punkto Sicko-Vocals macht dem Kerl höchstens Dir En Greys Kyo was vor. Niklas Kvarforth wirkt wie ein lieber Junge im Vergleich zu V.I.T.R.I.O.L.s Serienkiller-Lachen in "On Being A Slave".

An Gehirnmatsch führt zwar kein Weg vorbei, will man "The Whole Of The Law" von vorn bis hinten durchkriegen, zumindest ab und zu gibts aber tatsächlich sowas wie Eingängigkeit. Wirklich melodisch ist das zwar noch lange nicht, was der Sänger da in "In Flagrante Delicto" rauspresst, aber immerhin Clean-Gesang und eingängig noch dazu. Trotz des darum herum passierenden Noise-Overkills.

Dass das hier keine Spaßfahrt wird, machte schon der Lovecraft-Synthie ganz zu Beginn des Albums im Intro "The Nameles Dread" klar. Dafür belohnt das Schlussbrett "Of Horror, And The Black Shawls" mit einer für Nathrakh-Verhältnisse geradezu liebreizenden Melodie. Jedenfalls in der zweiten Hälfte. Davor herrscht schwarzes Grauen. Black Metal, Grindcore, Symphonic suppen ineinander, bei anderen Stücken kommt gerne noch ein wenig Industrial hinzu. Das Ergebnis ist widerwärtig, ohne Frage. Doch wie das immer so ist: Schrecken haftet bisweilen eine besondere Faszination an.

Wer immer noch nicht genug Marter ertragen hat, kann sich im Anschluss an die reguläre Nummernliste noch zwei Bonustracks einschnupfen. Iron Maidens "Powerslave" (George Kollias wäre stolz) und The Specials' "Man At C&A" sind im Angebot. Unnötig zu erwähnen, dass Anaal Nathrakh beides nicht auf gewöhnliche Weise vergewaltigen, sondern so ziemlich die abartigsten Praktiken anwenden, die euch spontan gerade einfallen. Wobei: Spontane Einfälle erschienen dagegen wohl harmlos. Psychopathen planen ihre Taten bekanntlich minutiös.

Trackliste

  1. 1. The Nameless Dread
  2. 2. Depravity Favours The Bold
  3. 3. Hold Your Children Close And Pray For Oblivion
  4. 4. We Will Fucking Kill You
  5. 5. So We Can Die Happy
  6. 6. In Flagrante Delicto
  7. 7. And You Will Beg For Our Secrets
  8. 8. Extravaganza
  9. 9. On Being A Slave
  10. 10. The Great Spectator
  11. 11. Of Horror, And The Black Shawls
  12. 12. Powerslave
  13. 13. Man At C&A

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3 Kommentare

  • Vor 7 Jahren

    Sehr gutes Album!
    Allerdings kommt im Review die Erwähnung von den vielen äußerst catchy clean gesungenen Refrains nicht so richtig raus. Gerade das macht es ja irgendwie aus. Da herrscht das Chaos und es wird gnadenlos geknüppelt und doch kommen da Melodien durch, die schon fast Chartsverdächtig sind.
    Eine kranke Kombination, aber es funktioniert hervorragend.
    Insgesamt einerseits die extremste Anaal Nathrakh Scheibe bisher, aber auch die eingängigste. Noch nie gab es soviele clean vocals und auch noch nie so viele Industrial-Elemente.

  • Vor 7 Jahren

    Die waren schon immer sehr gut :)

  • Vor 7 Jahren

    Ich habe diese Band bisher wegen dem bescheuerten Namen umschifft..dieses Review hat aber meine Neugier geweckt.
    So richtig überzeugt hat mich die Platte aber bisher nicht. Hat seine Momente, aber insgesamt klingt das für mich wie Chtonic-Songs die aus der "Takaso"-Aufnahmesession übrig geblieben sind weil sie zu schwach waren um es aufs Album zu schaffen. Nicht schlecht, aber auch nicht so richtig toll.