laut.de-Kritik

Aggressiv ist hier rein gar nichts!

Review von

Schon die ersten Takte von "Aggressor" machen klar, hier gibt es nicht viel Überraschendes. Weder neue Sounds, Samples oder Beats sind hier zu finden, und ich hoffe mal, dass And One diesen Albumtitel ironisch meinen ... Aggressiv ist hier rein gar nichts! Obwohl, stimmt nicht ganz: Nach der Schlümpfestimmeneinlage im Song "Sternenradio" stürme ich aggressiv zum CD-Player und zappe schreiend weiter. Die ersten Songs, "Kein Anfang", "Schwarz" und "Krieger" sind ja wenigstens nur harmlos. Typische Midtempo-Dancebeats mit ausschließlich deutschem, sinnentfremdetem Gesang.

Ist ja ganz nett, aber die Lieder könnten auch problemlos mit älteren ausgetauscht werden - und das, obwohl Mastermind Steve Naghavi erstmals wieder mit Chris Ruiz kollaborierte, mit dem er 1990 das Debüt "Anguish" einspielte. Viele Songs sind sehr tanzbar und groovend, entwickeln sich aber fast immer zu dahin siechenden, teilweise richtig schnulzigen Popnummern. Die meisten Lieder laden deshalb eher zum Schunkeln als zum Abgehen ein. Wo sind denn die "Panzermenschen" hin, die unsere "Deutschmaschine" bewegen?

Bei "Fehlschlag" geben sich And One poltisch: "Firstlady weint im Spiegel, sieht was er nicht ehrt, seine tot gebombte Liebe macht vor Gaza niemals kehrt". Aber wer braucht schon eine schwülstige Kritik an der Weltpolitik, verpackt in einer netten Dance-Nummer? Eigentlich hätte "Fehlschlag" echt die Chance zum Kracher gehabt, wäre da nicht der Refrain. "Für immer" beginnt ebenfalls mit guten EBM-Beats, auch der Gesang wirkt angenehm und ernstzunehmend. Beinahe scheint es, als könnte man endlich ein Lied auf "Aggressor" anhören ohne an die Schlagerhitparade im ZDF denken zu müssen.

Mit "Einstieg" folgt die instrumentale Überleitung zu "Strafbomber", dessen Titel sich ja schon mal vielversprechend anhört. Eine fette Beatwand mit heftigen EBM-Sounds prallt auf, tatsächlich, aggressiven Sprechgesang. Doch wieder enttäuscht der Refrain zutiefst, und der Text geht ebenso unter die Gürtellinie: "Mein Strafbomber fickt euch alle ... puh, war das ein freches Land, riecht ein bisschen angebrannt". Hier scheint eher das Motto vorzuherrschen 'Hauptsache es reimt sich, und was sich reimt ist gut'. Trotzdem avanciert der Song sicherlich zum Tanzflächenhit.

"Fernsehapparat" erinnert stark an "Verschwende deine Jugend" von DAF, und weiß am Anfang noch zu gefallen. Doch stört hier der gedrungene Sprechgesang von Ruiz, der dem Song jede Energie raubt. Leider liefern And One mit "Aggressor" nur eine Kopie von sich selbst ab, die unspannender nicht klingen könnte. Auch die vermeintlich philosophisch-anspruchsvolle Gesellschaftskritik verschwindet auf "Aggressor" leider im Lächerlichen.

Trackliste

  1. 1. Kein Anfang
  2. 2. Schwarz
  3. 3. Krieger
  4. 4. Sternradio
  5. 5. Speicherbar
  6. 6. Fehlschlag
  7. 7. Für immer
  8. 8. Einstieg
  9. 9. Strafbomber
  10. 10. Fernsehapparat
  11. 11. Tote Tulpen
  12. 12. Kein Ende

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