laut.de-Kritik

Viel Politik, wenig Innovation.

Review von

Hatten Anti-Flag mit Fat Wreck 2003 ein Zuhause gefunden, in dem sie sich scheinbar wirklich heimisch fühlten, mochte man denken, das Punklabel und die Politpunks verbinde eine Liaison für längere Zeit. Zumal sie mit "The Terror State" eine wirklich starke sechste Platte veröffentlicht hatten, die, der Zeit angemessen, einen scharfen regierungskritischen Ton gegenüber Bush und Konsorten anschlug. Ganz so, wie es auch Labelchef Fat Mike immer gegenüber dem kriegführenden Präsidenten propagiert hatte.

Doch dann kam alles anders. Anti-Flag wechselten - wieder mal - das Haus und landeten bei Red Ink Music, einem Sublabel von Sony BMG. Anti-Flag goes Major? Ja, aber nach eigener Aussage in der Hauptsache, weil es ihnen darum ging, mehr Leute mit ihrer Message erreichen zu können. Bei Fat Wreck hätten sie nur die üblichen Verdächtigen angesprochen. Das ist sicher bedingt richtig, allerdings darf bezweifelt werden, dass es Leute gibt, die Platten kaufen, nur weil sie von Sony BMG bzw. Red Ink sind. Wie dem auch sei, Anti-Flags Message hat sich nicht verändert.

Und ihre Musik auch nicht. Die charakteristisch kurz vor Lichtgeschwindigkeit gniedelnde Gitarre ertönt mit dem ersten Takt, Anti-Flag stehen nach wie vor voll im Saft. Und sie haben nach wie vor einen Feind, der heißt George W. Bush. Was er seit seinem Amtsantritt vor etwas mehr als fünf Jahren aus den USA gemacht hat, kritisieren Justin Sane, Pat Thetic, Chris Head und Chris #2 ausführlich in knapp 40 Minuten und dreizehn Stücken. Musikalisch über jeden Zweifel erhaben, greifen sie neben der Regierung die "feige" Presse an, die ihrer Meinung nach nicht kritisch genug über die Regierungspolitik berichtet: "They don't want to talk about it, they want to tip-toe, walk around it."

Zwischendurch fragen sie den Hörer: "Will you stand up for democracy?" Hier wirds auch unter soziokulturellen Gesichtspunkten interessant. Der amerikanische Punk ist nach Anti-Flag-Lesart - anders als der deutsche Punk - nicht unpatriotisch, sondern lediglich gegen die Regierung. Wahrscheinlich würde keiner von ihnen behaupten, dass ihr Skateboard wichtiger sei als das Heimatland. Leider bieten Anti-Flag in ihren Lyrics keine Lösung für das Dilemma an, in dem die USA ihrer Meinung nach steckt. Hätte John Kerry alles besser gemacht? Sie werden es nie wissen.

Musikalisch gibt es übrigens doch eine Neuerung: ganz unauffällig schleicht sich bei "Hymn For The Dead" eine schöne, warme Trompete in das Stück. Aber das wars auch schon mit Innovation. Bei Anti-Flag gilt: Form follows Function. Die Musik soll hier keineswegs abgewertet werden, sie ist absolut hochwertig, aber halt nicht sonderlich innovativ.

Im Booklet gibts wie gewohnt weiter gehende Informationen zu den Songthemen und Lesehinweise für den wissensdurstigen Rebellen der Zukunft. Anti-Flag haben ein weiteres hochwertiges, unterhaltsames Punkrockalbum geschaffen, das mit dreizehn Kugeln geladen ist, die direkt auf das Herz Washingtons, das Weiße Haus, zielt.

Trackliste

  1. 1. I’d Tell You But ...
  2. 2. The Press Corpse
  3. 3. Exodus
  4. 4. The Project For A New American Century
  5. 5. Hymn For The Dead
  6. 6. This Is The End (For You My Friend)
  7. 7. One Trillion Dollars
  8. 8. State Funeral
  9. 9. Confessions Of An Economic Hit Man
  10. 10. War Sucks, Let’s Party!
  11. 11. The W.T.O. Kills Farmers
  12. 12. Cities Burn
  13. 13. Depleted Uranium Is A War Crime

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13 Kommentare

  • Vor 18 Jahren

    Es gibt wenig Neues im Hause Anti-Flag. Wie seit vielen Jahren gibt es wieder wütende Polit-Punk-Hymnen mit abwechslungsreichem Gesang und brisanten Inhalten zu hören.
    Kleine Innovationen wie die Trompete in "Hymn of the Dead" sorgen dafür, dass die Scheibe nicht langweilig wird. So bleibt eine kurzweilige Scheibe OHNE Ausfall, dafür mit Knallern wie "The Project for a New American Century" oder "The W.T.O Kills Farmers". Anti-Flag schießen mit 13 Giftpfeilen direkt in das Herz der USA und kritisieren und rütteln auf, wo sie nur können. Hoffentlich bleiben ihre Rufe nicht unerhört - es wäre den Jungs zu wünschen.

  • Vor 18 Jahren

    live sind die echt spitze, einige songs sind auch toll. (alte CDs sowieso), aber leider ist die neue CD trotzdem eher langweilig. Freu mich trotzdem aufs Konzert

  • Vor 18 Jahren

    joa hört sich mal wieder nach Anti-Flag an, nech .... aber trozdem dieses Hymn für the Dead is super klasse !!! =)