laut.de-Kritik

Musik als psychedelische Droge.

Review von

Archive sind zurück. War ihr letztes Album "Noise" von ruhiger, akustischer Art, so erinnert "Lights" wieder an die Wurzeln der Briten und sorgt mit epochalen Elektrotracks für großes Kopfkino.

Tauchte die Band mit Songs wie "Fuck U" beim letzten Album in die Tiefen menschlichen Hasses und Düsterkeit, so sollte sich dies laut Griffiths ändern: "Nach der Düsterkeit von 'Noise' war es gut, etwas anderes zu tun, etwas positiveres, daher der Titel 'Lights'. Pollard hat es sofort verstanden und brachte etwas sehr Reines und fast Klaustrophobisches dazu, das aber gleichzeitig sehr offen und leuchtend wirkt." Mit dem neuen amerikanischen Sänger Pollard Berrier, der seit einigen Jahren in Österreich lebt und Mitglied der innovativen Formation Bauchklang ist, arbeitete laut Darius Keeler die Band gerade mal vier Monate am neuen Album.

Bereits der Opener "Sane" ist eines der Schmuckstücke der Platte. Zum groovigen Drum-Beat im Hintergrund passt die Stimme des neuen Sängers Berrier bestens. Der Track schlängelt sich angenehm durch Pop- und Drum 'n' Bass-Genres, ohne dabei die experimentell elektronischen Zwischenparts zu vernachlässigen. Ein wahrer Schuss in den Ofen ist jedoch "Veins". Was sich Archive bei diesem Song gedacht haben, ist mir ein Rätsel. So sind Background-Stimmen zu hören, die an die 70er erinnern bzw. an ABBA ... Argh!

Doch bereits "System" lässt den gequälten Gesichtsausdruck verschwinden. Ganz nach The Young Gods-Manier stampfen und peitschen die Beats fordernd durch den Kopfhörer, unterstützt durch die Worte von Berrier: "This system is too much. It breaks me down and makes you suck. Fuck, now I am twisted. This system makes me hurt you". Dieses Lied wird das Publikum auf Konzerten definitiv zum Tanzen bringen.

Der Übergang von "System" zu "Fold" fühlt sich in etwa an, wie wenn man auf der Autobahn bei 150 Sachen die Handbremse zieht: Vom Drum 'n' Bass-Rave zu einer wunderschön verträumten Ballade. Nur begleitet von einem Klavier und vereinzelten verspielten Elektro-Klängen, zeigt der neue Sänger viel Gefühl.

Die Ballade ist quasi das Vorspiel für den epischen Track "Lights". Satte achtzehn Minuten zieht das Lied den Zuhörer in den Bann. Es vereint in sich so großartige Bands wie Sigur Ros und Massive Attack. Denn der Anfang erinnert mit dem monotonen Klavierthema und säuselnden Wind sehr stark an die Isländer. Nach und nach baut sich der Song zu einem großen Ungetüm auf, das ebenfalls von Massive Attack hätte konstruiert werden können. Der Sog der Klänge wird immer stärker, bis man sich gedankenversunken völlig in ihnen verliert.

Auch "I Will Fade" oder "Taste Of Blood" unterstützen die lichte Atmosphäre und lassen das Album angenehm ausklingen. Wer Archive wirklich genießen will, der sollte sich für "Lights" viel Zeit nehmen. Nur so taucht man in die Klangwelt großer Elektromonstertracks und beginnt bei den wunderschön arrangierten Balladen zu träumen.

Trackliste

  1. 1. Sane
  2. 2. Sit Back Down
  3. 3. Veins
  4. 4. System (album Version)
  5. 5. Fold
  6. 6. Lights
  7. 7. I Will Fade
  8. 8. Headlights
  9. 9. Programmed
  10. 10. Black
  11. 11. Taste Of Blood

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