8. Mai 2009

"Im Herzen bin ich eben ein Kiffer!"

Interview geführt von

Erst galt er als Eminems Adept, seit seiner Hymne "I Love College" auch als feierwütiger Langzeitstudent. Mit seinem Album "Asleep In The Bread Aisle" will Asher Roth endlich alle Vorurteile hinter sich lassen.Er liegt auf der Couch, als wäre er im Hotel zu Hause. Sein freudestrahlendes, aber auch etwas müdes Lächeln erfüllt den Raum. Nach einer entspannten und lockeren Begrüßung erfahre ich den Grund, die Müdigkeit hat Asher Roth sich redlich verdient. Gestern noch in New York anzutreffen, steht er heute in Köln Rede und Antwort zu seinem rasanten Aufstieg in der Hip Hop-Szene und seinem neuen Album "Asleep In The Bread Aisle". Dabei findet man einen jungen Musiker vor, der etwas zu sagen hat, der sich nicht beirren lässt und charmant statt genervt seine Interviews führt.

Wer sich in letzter Zeit auf dem Laufenden gehalten hat, der ist wohl des Öfteren über seinen Namen gestolpert. Ein junger Mittelschichtler aus Amerika, der den Sprung von MySpace zum Major-Label Universal Motown geschafft hat, der von Größen des Hip Hop-Biz gelobt wird, und das sicher nicht zu Unrecht. Längst hat er sich des lästigen Eminem-Stempels entledigt. Auf seiner neuen Platte "Asleep In The Bread Aisle" rechnet er sogar damit ab. Der Song "As I Em" lässt hinter die Fassade blicken und räumt auch die letzten Vorurteile aus dem Weg. Das ist nicht der neue Eminem, nein! Das ist Asher Roth!

Jedes Album oder Mixtape hinterlässt einen Eindruck beim Hörer ... Welchen Effekt willst du mit "Asleep In The Bread Aisle" erzielen?

Ich will den Leuten etwas Neues bieten, etwas komplett Neues! Ich möchte dass sie etwas fühlen! Ob das jetzt Hass oder Liebe ist oder irgendeine Emotion dazwischen, ist mir egal. Ich will Gedanken in ihnen hervorrufen. Ich will ihnen sagen, dass sich nicht alles in den eigenen vier Wänden abspielt und sich nicht alles um das Fernsehen dreht. Es ist wichtig, Ideen zu entwickeln. Du brauchst Ideen, nach denen du leben kannst. Weak minds discuss people, average minds discuss events and great minds discuss ideas! Ich will die Leute einfach dazu bringen, sich Gedanken über das zu machen, was sie sagen, dass sie über Dinge reden und sich als Menschen weiterentwickeln.

Dein Album wurde größtenteils von Oren Yoel produziert, der auch ganz neu im Geschäft ist. Wie kam die Zusammenarbeit zustande? Wie pickst du deine Beats?

Weißt du, der Beatprozess ist etwas, das sich einfach gut anfühlen muss. Der Beat muss durch und durch gehen und eine Idee entfachen. Das mit Oren und mir kam auf Umwegen zustande. Tatsächlich war ich gerade bei einem Freund, um Beats aus seiner Sammlung abzuchecken. Er sammelt alle Beats, die er irgendwann mal von Leuten zugeschickt bekommen hat ...

Und dort bist du dann über einen Yoel-Beat gestolpert?

Nicht ganz. Ich mochte diesen einen Beat auf Anhieb und wollte wissen von wem er ist. Dann bekam ich den Namen von der Person, die den Track geschickt hatte. Aber im Nachhinein stellte sich heraus, dass dieser Typ ein Betrüger war und Orens Arbeit als seine vermarkten wollte. Eine verrückte Geschichte, und wir enthüllten dann tatsächlich den Betrug, der während des ganzen Prozesses vor sich ging.

Und dann?

Oren und ich trafen uns. Bei unserem ersten Treffen stand ich da in Basketballshorts und laberte irgendwas von Früchten und Yoga. Er sah mich an und meinte nur: "Man your on a whole different trip than I thought!" So kamen wir dann ins Gespräch und unterhielten uns über unsere Denkweisen. Von diesem Gespräch an wusstest du, dass wir auf dem gleichen Level sind und den gleichen Weg gehen. Wir sind jetzt beste Freunde, und Musik mit deinem besten Freund zu machen, ist etwas Tolles!

"In Atlanta darf ich Sonntags nicht einmal Alkohol kaufen!"

Wer sind ansonsten deine favorisierten Produzenten, mit denen du gerne arbeiten würdest? Was hältst du von Exile?

Ich liebe Exile! Das Projekt von Blu und Exile war unglaublich. "Below The Heavens" ist momentan auch meine absolute Lieblingsplatte, die ich hoch unter runter spiele. Ich bin ein großer Fan seiner Arbeit und würde gerne mal mit ihm zusammenarbeiten. Tsja, wen gibts da noch? DJ Premier natürlich! Ohne Worte!

Guter Geschmack! "Asleep In The Bread Aisle"? Woher hast du den Titel zum Album?

"Asleep In The Bread Aisle" kommt von einer kleinen Geschichte. Die Geschichte von einem Freund, dessen Freund nach einer durchsoffenen Nacht aufwacht. Er ist also verkatert und macht sich auf den Weg zum Supermarkt, um sich Katerfrühstück zu besorgen. Er lässt sich Zeit, und frag' mich nicht, warum er sich unbedingt im Brotregal ablegen musste, aber er tat es! Später kam raus, dass er Tynamol PM gegen seine Kopfschmerzen genommen hatte und dann im Brotregal eingeschlafen ist!

Wie hast du das mit deinem Album verbunden?

Es dreht sich eigentlich darum, dass jeder in der Welt eine Idee davon hat, wie er sich zu verhalten hat und eine Vorstellung davon, was er zu tun hat und was er zu lassen hat. Es handelt davon, genau diese Erwartungen nicht zu erfüllen. Dass du einfach tust, was du tust, und bist, wer du bist. Das ist die unterstrichene Thematik meines Albums ... DAS BIN ICH!

Dein erstes Mixtape kam am Freitag, den 13. raus, dein erstes Album am 20. April, was könnte das nächste Release-Date sein?

(Lacht) Stimmt ... ich weiß es noch nicht ... aber mir wird sicher etwas einfallen.

Also war es deine Idee, das Album am Stoner Day rauszubringen?

Auf jeden Fall! Als wir überlegten, wie wir die Platte pushen könnten, war das mein erster Gedankengang. Ich hielt Rücksprache, und tatsächlich kam es dann dazu.

Warst du eigentlich schon mal in Colorado zu der Zeit? Ich bin zuletzt über ein Video gestolpert. Tausende von Studenten, die rauchen, und die Polizei steht seelenruhig daneben, während eine riesige Nebelschwade über der Menge hängt.

Colorado? Ja, dort auf dem Campus geht es richtig ab. Wir haben das Event auch auf dailykush.de gepostet. Leider konnte ich dieses Jahr nicht dort sein, weil ich nur am Rennen war. Die Veröffentlichung des Albums und die damit verbundene Promotion hat mich ganz schön auf Trab gehalten. Ich wusste gar nicht, dass das Datum auch außerhalb der Staaten so bekannt ist ... ist es denn so bekannt?

Ich denke, zumindest die rauchende Bevölkerung kann etwas damit anfangen ...

(Lacht) YEAH! Ich glaube, es ist überall das Gleiche. Überall suchen wir eine Entschuldigung dafür, einen zu rauchen. Am 20. April wurde zum ersten Mal das Züchten von Pflanzen und das Rauchen in den Staaten legalisiert. Aber nur in einigen Staaten, wie zum Beispiel in Kalifornien oder Colorado!

Stimmt. Ich muss zugeben, als ich das erste Mal in San Fransisco war, war ich fast schon schockiert. Die Leute standen einfach so auf der Straße und pafften, und ich dachte mir: "What the fuck ... haben die keine Angst vor den Bullen?!" Bis ich aufgeklärt wurde!

(Lacht) Ja ... mir ging es ähnlich. In LA kannst du dir dein Zeug sogar am Automaten holen, wie Kaugummis. Schon ein krasser Gegensatz, wenn du mal überlegst, wie viel Geld wir für die Bekämpfung von Marihuana aus dem Fenster schmeißen! Marihuana ist lediglich eine Pflanze, eine Pflanze, die wächst, also wie willst du eine Pflanze mit dem Gesetz bekämpfen oder verbieten?

Stimmt. Wie sieht die Gesetzeslage eigentlich in Atlanta aus? Du wohnst doch zur Zeit in Atlanta, oder?

Richtig! Aber frag nicht! Dort darf ich Sonntags nicht einmal Alkohol kaufen!

Verdammt! Das ist echt fies! Du bist also bekennender Raucher, trinkst aber auch gern mal einen. Wann hast du das letzte Mal gekotzt und warum?

Das war während der Maryland-Show. Vor fünf oder sechs Tagen war ich in Maryland und fing an zu kotzen. Und das on stage, während meines Auftritts! Leider war ich nicht besoffen, sondern verdammt krank und performte mit 'ner üblen Grippe. But the Show must go on! Right?! Ich war am Zittern und hatte Schüttelfrost. Nur zwei Lieder vor Ende der Show hielt ich meinen Kopf kurz hinter das DJ-Pult, sprang wieder nach vorne und fing im selben Atemzug an, "I Love College" zu performen!

Sehr geil! Wahrscheinlich dachte man, es gehört zur Bühnenperformance des Songs. Auf einem deiner MySpace-Bilder sieht man dich neben diesem einen Typen, der gar nichts mehr kann. Wie oft ist dir das schon passiert? Bist du schon oft zum Eddingopfer geworden?

In der Hinsicht bin ich ziemlich verantwortungsbewusst. Bevor ich zurück ins Hotel gehe, trinke ich erst mal zwei Gläser Wasser. Das hilft übrigens unglaublich gut gegen Kater! Einer meiner Freunde verliert öfters mal die Kontrolle und wurde schon unzählige Male angepinselt. Ich bin dann meist der, der ihn nach Hause karrt. Ich kenne meine Grenzen. Trotzdem bin ich aber derjenige, der auf die Party kommt und sich als allererstes mal einen Shot und ein Bier ordert. Im Herzen bin ich eben ein Kiffer, gib mir drei bis vier Drinks, einen "J" und ich bin glücklich! (grinst)

"Ich habe das Leben gehasst und verflucht!"

Wie stehst du eigentlich zum Internet. Siehst du es mehr als Geschenk oder eher als Fluch?

In der heutigen Zeit ist es eine wunderbare Sache. Ich meine, es gibt den Leuten da draußen eine Plattform und ein Fundament. So können sie ihrer Musik Gehör verschaffen, ohne gleich bei einem Major-Label gesignt zu sein. MySpace, Facebook und jetzt natürlich auch noch Twitter helfen dir, Publikum zu bekommen, ohne dass du im Radio zu hören bist. Natürlich muss man zur gleichen Zeit die Videokameras, die I-Flipes und das ganze Zeug sehen. Dein Leben wird durch das Internet komplett öffentlich zur Schau gestellt. Dabei musst du absolut vorsichtig sein, weil das natürlich auch gefährlich sein kann. Aber ich denke, alles hat seine Pros und Contras.

Was sind die Pros und Contras, bei einem Major-Label unter Vertrag zu sein? Denkst du, du wirst in deiner Arbeit und in dem was du tust eingeschränkt?

Ich denke, die meisten Leute haben mittlerweile verstanden, dass du Asher Roth nicht haben kannst, wenn du versuchst, ihn zu unterdrücken. Zu den Pros gehören auf jeden Fall der Vertrieb und die Promotion, die du in diesem Maße selbst nicht verwirklichen könntest. Dafür steht das Major Label! Und zu den Contras kannst du auf jeden Fall zählen, dass es eben eine Menge Menschen da draußen gibt, die klare Konzepte und Ideen von der Musikwelt haben und diese auch genau so umsetzen möchten. Da musst du einfach stark sein, damit du dein Ding trotzdem durchziehen kannst.

Hast du auf deinem Album einen absoluten Fave? Oder ein Lied, das dir viel bedeutet?

Das ist schwer zu sagen, weil es einfach täglich von meiner Stimmung abhängt und wechselt. Es ist so, dass ich die Songs aus verschiedenen Gründen mag, wie zum Beispiel das Entstehen eines Songs. Aber das erste Lied auf der Platte "Lark On My Gokart" ist einer meiner Lieblingssongs.

"Lark On My Gokart" ist auch einer meiner Faves ...

Dann ist da noch die Nummer 5, "Be By Myself"! Genau wie "His Dream", das Lied mag ich aber aus einem anderen Grund. Es ist einfach ein besonderer Song für mich, weil es ein Zugeständnis ist. Es ist etwas ganz anderes, und es fiel mir nicht gerade leicht, den Song zu veröffentlichen. Zur gleichen Zeit hat mir der Track aber eine Tür geöffnet, für viele neue Dinge.

Hattest du das Gefühl, dass du deinem Vater etwas zurückgeben konntest mit dem "His Dream"?

Ja, auf jeden Fall. Wobei mein Vater am Anfang etwas besorgt war, wenn er daran dachte, dass der Song nun an die Öffentlichkeit gelangt. Er sagte zu mir: "Ich habe doch nichts Besonderes gemacht. Ich bin nur den Weg gegangen, den jeder für sein Kind gegangen wäre!" Und ich meinte zu ihm: "Genau das! Viele Leute hätten das nicht gemacht!" Insgesamt gesehen sollte man "Fallin" auch erwähnen, weil sich der Vibe einfach gut anfühlt. Aber meine absoluten Lieblinge sind Nr. 1 und Nr. 5!

Wie war das bei "Bad Days", ich habe gehört, die Hook sei eher zufällig entstanden ...

Stimmt! Wir hatten zwischenzeitlich auch schwere Zeiten im Studio, bei denen nicht viel raus kam. Und dann war da diese eine echte Story. Ich kam gerade aus New York zurück und habe das Leben absolut gehasst und verflucht! Alles nervte mich. Ich war zu dieser Zeit so viel am Reisen, kam an diesem Tag im Studio an und beschloss einen Tagebucheintrag zu schreiben. Ich wollte mir darüber klar werden, was ich erlebt hatte und wie beschissen der Tag war. Jazze Pha war zu der Zeit unter mir im Studio und kam hoch, als ich die Hook schrieb. Er brachte seine persönliche Note mit ein, und das nächste, was ich weiß ist, dass wir einen Song hatten. Für mich ist es jetzt ein komisches Gefühl, wenn ich an den Song denke, weil die Leute anfangen in ihre Hände zu klatschen und sich einfach identifizieren können, wenn sie ihn hören. Jeder hatte schon mal so einen verkackten Tag.

Von was wirst du ansonsten inspiriert? Es gibt wohl nicht nur verkackte Tage ...

(Lacht) Klar! Ich habe eine wundervolle Vorgabe von meinem Vater bekommen. Als ich 18 Jahre alt war und das Gefühl hatte, dass nahezu nichts mich inspirieren könnte, hatten wir ein langes Gespräch. Während diesem Gespräch fiel ein entscheidender Satz, der so simpel - wie hilfreich war: "Just look out the window!" Das öffnete mir wirklich eine komplett neue Welt. Inspiration dreht sich einfach um unser tägliches Leben. Gefühle inspirieren, oder warum sollten sonst so viele Leute über z. B. die Liebe schreiben? Mich inspirieren Menschen, Gefühle und das Leben! Ich komme nicht mit den wilden und trashigen Storys an - es braucht nicht viel, um wirkliche Inspiration ihrer reinsten Form zu finden.

Jetzt mal was anderes, hast du eigentlich Familie hier? Ich meine, Roth ist ein deutscher Nachname ...

Richtig! Von der Seite meiner Mutter und meinem Vater fließt deutsches Blut. Ich weiß aber nicht, ob wir hier noch Familie haben ... ich denke nicht, aber ich bin mir auch nicht sicher.

Also ist das dein erstes Mal in Deutschland?

Japp ... meine Deutschland-Premiere!

Sind schon irgendwelche Shows in Deutschland geplant?

Nicht während dieses Trips. Aber ich komme definitiv zurück. Ich werde sicher nicht nur für Interviews kommen, dann abhauen und mich nicht mehr blicken lassen! In nächster Zeit werden wir für ein paar Shows in London sein. Wir waren zuvor auch schon in London, für die Promo. Ich denke, mit Deutschland und auch mit Frankreich wird das ähnlich laufen. Und dann werde ich die deutschen Bühnen rocken!

Wie denkst du über deine bisherige Karriere?

Ich denke einfach nur: "Was geht hier eigentlich ab?!" Es fühlt sich an wie ein Drehbuch, das ich geschrieben habe und jetzt durchlebe, wie ein kleiner Fetisch. Es ist wichtig für mich, manchmal das Ganze von außen zu betrachten und mir vorzuhalten: "Ok, du hast das geschafft und das noch nicht", um einfach weiter zu machen, nach vorne zu schauen und meine Visionen weiter zu verwirklichen. Ich habe jetzt ein Album rausgebracht, ich habe ein Mixtape veröffentlicht, das sind Errungenschaften für mich. Aber gleichzeitig geht es weiter. Ich gehe auf Tour, und wenn ich das geschafft habe, werde ich mir neue Ziele und Standards setzen. Bis hierhin habe ich noch nicht das Gefühl, viel gemacht zu haben ... so viel zum Gefühl, aber wenn ich es mir auf einem Blatt Papier anschaue, denke ich: "Wow ... das ist ja doch schon ein bisschen was!" Aber wie ich fühle? Ich fühle einfach, dass meine Reise erst begonnen hat!

Mit Asher Roth sprach Carmen Lukas

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