laut.de-Kritik

Deutschrap in Beton gegossen.

Review von

Die Frage 2004: Wer ist hier der Bozz? Die Antwort kam prompt beim handgreiflichen "Mein Block"-Battle mit dem Resultat einer verbeulten Maske. Dann 2005 mal kurz mit Savas die Charts im Sturm genommen und das beste Kollabo-Album Hip Hop-Deutschlands gezaubert. Und 2006?

"Game Over"! Keine Kompromisse und, laut Eigenaussage, "das größte Werk, das er je geschaffen hat". Auf "Monstershit", dem ersten Track des "One"-Albums, hat es Azad bereits angesagt. Jetzt macht er es wahr: "Armageddon im Beton"!

Denn dort findet Azads Rap statt. Im Beton. Deswegen nennt er sich Betonpoet und "Sohn des Betons" und repräsentiert damit nicht den ultraharten Gangster aus einer imaginären Ghettorealität, sondern den "kaputten Kopf" eines in sich gekehrten, aber scheiß-harten Typen, der sich auf den Straßen behaupten muss. Die Straße gilt im Genre seit jeher sowohl als Sprungbrett, als auch als tonnenschwere Fußkette für die eigene Entwicklung. Für Azad ist die Straße vor allem eines: rau und kalt.

Aggro Berlin findet im Leben im Block noch die Inspirationen für Jux und Dollerein, schafft den Week End-Soundtrack für feierwütige Schüler des Gymnasiums: super, "endlich Wochenende, endlich wieder Drogen nehmen." Zu Azad jedoch ballen sich die Fäuste in der Neuköllner Rütli-Schule. Allerdings weckt Azad auch Hoffnung für diesen Teil der Generation, der seine Zukunftsängste nicht in Alkopops ertränkt, sondern sie sich gegenseitig aus den Köpfen prügelt.

Schmerz und Hoffnung - Azads Ying und Yang über allem. Musikalisch wie inhaltlich. Eine Faust schlägt in die Fresse des Gegners, eine Träne fließt beim Kampf um das Sorgerecht für die eigene Tochter, und eine "weiße Taube" fliegt über Krisengebiete in Azads Heimatland Kurdistan. Ein Klavier untermalt beklemmend Azads Seelenstrip ("Eines Tages"), Synthiebässe krachen unvermittelt auf den Hörer nieder und der kurdische Sänger Sivan Perwer treibt Klagelieder über die Skyline Frankfurts. Alles in sich geschlossen, alles wahr. Ying und Yang.

Ohne nur einmal das kontroverse Attribut "real" in den Mund zu nehmen, schmettert Azad seine knallharten Reime wie Köpfe auf den Asphalt. Dabei ist seine Stimme so überzeugend, sind seine Erzählstränge so stringent, dass man nach wahr oder echt nicht mehr fragen braucht. Auf "Game Over" öffnet Azad sein Herz. Ein Herz, das "vor Schmerz stirbt". Ein Herz, das nach Hoffnung schreit. Und ein Herz, das hasst. Alles noch intensiver als auf dem Erstlingswerk "Leben", an dem sich der Rapper seit jeher zu messen hatte.

Selten zuvor hat sich Emotionalität auf so hohem Rap-Niveau auf einem deutschen Hip Hop-Album verdichtet. Musik erzeugt Gefühle! Azad liefert mit "Game Over" endgültig den nicht leicht verdaubaren Beweis dafür, dass auch Rap es kann.

Trackliste

  1. 1. Game Over Symphonie
  2. 2. Alarm
  3. 3. Streetlife Feat. Akon
  4. 4. Krankfurt
  5. 5. Headbanger Feat. Jonesmann
  6. 6. Think Positive (Skit)
  7. 7. Eines Tages Feat. Cassandra Steen
  8. 8. Wenn Es Dunkel Wird Feat. Warheit
  9. 9. K.O.
  10. 10. Alles Wird Gut
  11. 11. Meine Zeit Feat. Jonesmann
  12. 12. Frieden (Skit)
  13. 13. Weiße Taube Feat. Xavier Naidoo
  14. 14. Sohn Des Betons
  15. 15. W.A.R. Feat. Warheit
  16. 16. Mein Song Feat. J-Juv
  17. 17. Stadtfalke Feat. Sivan Perwer
  18. 18. My Lifetime
  19. 19. Auge Des Sturms Feat. Saad
  20. 20. Game Over Feat. Sti & Jonesmann

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LAUT.DE-PORTRÄT Azad

Azads Hip Hop-Roots lassen sich bis ins Jahr 1988 verfolgen. Als kurdisches Flüchtlingskind findet er schwer Anschluss in den kalten deutschen Landen.

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