laut.de-Kritik
Überraschung, hier kommt die beste Soul-Platte des neuen Jahrtausends.
Review von Stefan JohannesbergWow, das hätte ich wirklich nicht erwartet. Mir war Babyface immer nur als einer der obersten Schnulzbarden in Erinnerung. Eine völlig falsche Vorstellung, wie ich jetzt zugeben muss. Sein neuester Streich "Face2Face" gehört nämlich mit zum Besten, was in den letzten Jahren aus dem Soul/R'n'B-Genre an die Ohren der Öffentlichkeit gedrungen ist. Fünf Jahre ließ er sich für die Platte Zeit. Er ist damit eine der wenigen löblichen Ausnahmen in der amerikanischen Fast Food-Musikindustrie, wo manche Künstler zwei Alben binnen sechs Monaten unter die Leute bringen müssen. Natürlich kann sich ein Babyface auch längere Pausen leisten, schrieb er doch zwischendurch unzählige Hits für Stars wie Madonna, Whitney Houston, Mariah Carey oder Mary J. Blige, um nur einige zu nennen. Genug Potential besitzt er also, und zum ersten Mal kann er seine Fähigkeiten auch adäquat umsetzen.
Das wichtigste Pfund, mit dem er wuchern kann, ist seine Stimme. Ob sexy zur intimen Zweisamkeit bei "What If" und "U Should Know", fresh und funky über die modernen Neptunes-Clubbeats "There She Goes" und "Stressed Out", im zünftigen Rapsong "Baby's Mama" an der Seite von Snoop oder als Stevie Wonder-Verschnitt mit feinem 70er Soul in "How Can U Be Down" und "I Keep Callin": Babyface trifft immer den richtigen Ton.
Sein Gesang verleiht allen Stücken den entscheidenden Touch Magie, der ihn von den vielen anderen abhebt. Auch aufgesetztes Gepose à la Usher oder Ginuwine sucht man hier vergeblich. Babyface kommt äußerlich und muskalisch eher wie eine Mischung aus Lenny Kravitz und Soulgott D'Angelo daher. "Face2Face" ist bis jetzt die einzige von unzähligen R'n'B-Scheiben, die sich seit Beginn meiner journalistischen Tätigkeit mehr als nur einmal in meinem CD-Player wiederfindet.
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