laut.de-Kritik
Teenie-Musik um Triebe, Trauer und Träume.
Review von Dominik LippeAm Anfang stand eine Befürchtung: Universal Music könnte sie womöglich frühzeitig "verheizen" und damit ihrer "Freshness" berauben. Das liegt mittlerweile knapp zwei Jahre zurück. Statt Stärken einzubüßen hat Badmómzjay in dieser Zeit eine beachtliche Entwicklung vollzogen. Im Gegensatz zu einer intuitiven Künstlerin wie Haiyti arbeitet sie wie eine Hip-Hop-Handwerkerin an ihren Fähigkeiten. Auf ihrem Debüt "Badmómz." überzeugt sie sowohl mit einer breiten Flow-Palette als auch mit Auftritten im Flüsterton ("...") oder mit Gesangsausflügen ("Weißt Du Wer Ich Bin?").
Ihre stilistische Vielseitigkeit findet sich auch in den Produktionen wieder. Vor allem Jumpa steuert kompetente Instrumentals bei, die sich fast nie in den Vordergrund drängen. Stattdessen trägt er Badmómzjay wie in "Sterne Unterm Dach" sanft durch den Song. Das gilt auch für aggressivere Stücke wie "Badmómz.", deren übersichtliche Trap-Beats den Boden bereiten, auf dem sich die Rapperin verausgabt. "Don't Play Me" widerspricht in seiner fernöstlichen Ausgeglichenheit gar ihrer genussvollen Angriffslust.
Ebenfalls ohne musikalische Großspurigkeit treibt Jumpa in Kooperation mit dem Luxemburger Duo Magestick den Puls in "Checkst Du?!" in die Höhe. Dazu gesellen sich explizite Zeilen der Rapperin. "Glaub' mir, wenn ich könnt', hätt' ich mich lang' schon selber geleckt", übt sie sich im gerappten Dirty Talk, auch wenn sie es anschließend leugnet, "Das' kein Sex Talk, Baby, das ist Poetry." "Freak" reguliert den Thermostat weiter nach oben. Und wenn sich Badmómzjays "Golden Dolls" Bounty und Cocoa dazugesellen, widmen sie sich ausgiebig einander: "Forever queer von Head to Heels."
Ihre medial stets betonte Bisexualität findet sich nur punktuell wieder, um sich solidarisch zu zeigen. "Mag, wenn du dich selbst liebst, ohne dass du Angst hast. Und mag paar Schellen für jeden homophoben Bastard", erklärt sie frei von Sentimentalität in "Ich Mag". Wer die Radiointerviews kennt, in denen überdrehte Moderatoren ihr privaten Verhältnisse auszuleuchten versuchen, kann problemlos nachvollziehen, dass sie sich vom Blick unter die Bettdecke dezent genervt zeigt: "Liebt die Olle jetzt Typen oder liebt sie lieber Frauen?", äfft sie in "Mal Mehr Mal Weniger" nach.
Ohnehin reicht jede Liebe und selbst der weibliche Gemeinschaftsgeist nur bis zur Soloschlacht um den Rap-Thron. "Diese Hoes machen erst auf einen auf classy. Hören Nicki und auf einmal sind sie nasty. Mehr Imagewechsel als Miley Cyrus und wundern sich, wo der Respekt ist", teilt sie in der robusten Single "Hahaha" gegen Kolleginnen aus, die ihre Standards verfehlen. Und dennoch betont sie in "Struggle Is Where We From" die strukturelle Ungleichheit, die Solidarität erzwingt: "Was weißt du von Depressionen? Was weißt du von hier, wo du als Frau immer dreimal mehr geben musst?"
Dass sie neben ihrer selbstsicheren Rapper-Attitüde auch ihre schlingernde psychische Gesundheit reflektiert, markiert ihre Zugehörigkeit zur Generation Z. "Auch wenn draußen alles brennt, stell' mein Telefon auf mute", thematisiert Badmómzjay zur einfühlsam gespielten Gitarre in "Zimmer Allein" wie sie aus Überforderung in die Isolation flüchtet, "Mein Dopamin-Konto ist im Minus. In meinem Zimmer fühl' ich mich wie in 'nem Iglu." Sie weiß auch in "Sterne Unterm Dach", dass an allem ein Preisschild hängt: "In jeder Platinumplatte stecken fast 100 Panikattacken."
So wirkt Badmómzjay stets aufrichtig. Sie nimmt sich und ihr Publikum ernst. "Top 3 von allen Rappern hier, Top 2 in Sachen Sex-Appeal. Nach diesem Jahr bin ich die Beste hier", kündigt die Rapperin im Titelsong vollmundig an. Das mag ein wenig verfrüht erscheinen und doch steht bereits nach ihrem Debütalbum fest, dass sie dank Leidenschaft en masse und einem Ohr für Details zu einer der dominierenden Stimmen des Genres aufsteigen könnte. Für den Moment erweist sich "Badmómz." mit Songs rund um Triebe, Trauer und Träume als Teenie-Musik im besten Sinne.
9 Kommentare mit 13 Antworten
wieder 4 punkte? das schrottwichteln suckt, was?
Reißbrett-Mucke von irgendwelchen Ghostwritern und Marketing-Fuzzis.
This. Aber bis auf Dani sindse halt mittlerweile damit aufgewachsen
4 (!)
Shirin David war ja schon ein Stern zu viel bei dem hier müsste man aber direkt ein Stern mehr abziehen. Kein Gewicht, keine Story, keine Delivery nichts. Einfach nur uninteressant. Und selbst soundtechnisch Shirin adaptiert. Menschlich dermaßen unsympathisch. Dass Jam fm Interview hat diese Sicht dann noch einmal bestätigt. So viel Cringe und dummes Geschwätz hab ich selten in einem Interview gesehen.
Ungehört 1/5
Dank dir bin ich jetzt traumatisiert von dem Jam FM Interview.
Aber immerhin sieht sie da mal aus wie'n echter Mensch.
Ich habe es selbst mal nachgesehen und kann nur sagen, dass sie halt genauso wirkt, wie ihre Musik es vermuten lässt. Insoweit ein Pluspunkt für "Authentität".
"Das heißt, du datest wen genau?"
"Männer UND Frauen!"
"Spicy, ey!"
Die Singles waren immer so sterbenslangweilig
gut! leider zu alt, um das wirklich feiern zu können. aber es gibt ja kopfhörer.